Syrien und Afghanistan, der Irak und vielleicht noch einige südamerikanische Länder stehen heute im Fokus deutscher Hilfsbereitschaft. Doch es gibt auch in Europa Orte unerbittlicher Armut und tiefer Depression. Ostslawonien im Osten von Kroatien ist so ein Landstrich.
Im Jahr 1991 brach der Balkankrieg aus. Der Gerolzhöfer Hans-Jürgen Runge verbrachte in diesem Jahr einen Urlaub an der kroatische Küste. Doch der Krieg kam immer näher und Urlauber Runge wurde selbst zum Flüchtling. Er konnte aber zurück in eine sichere Heimat.
Seitdem liegt Hans-Jürgen Runge die offenbar gottverlassene Region Ostslawonien am Herzen. Schon 25 Jahre lang engagiert sich der 80-Jährige für die Menschen dort, die immer weniger werden.
Denn die leistungsfähigen Führungskräfte wie Ärzte und Lehrer verlassen das Land und immer weniger Kinder kommen dazu. In der Stadt Ivankovo wurden 2015 noch 120 Babys geboren, heuer sind es bis jetzt gerade mal 38 neue Erdenbürger.
Zurück bleiben die Alten und die weniger gut Ausgebildeten. Die Kriegsfolgen sind immer noch zu sehen, aber auch bisher noch intakte Bausubstanz verfällt zunehmend.
Armut und Arbeitslosigkeit werden immer beängstigender und nehmen existenzbedrohende Züge an. Die Sozialhilfe für die Ärmsten beträgt 110 Euro im Monat. Die Preise für das Notwendigste zum Leben bewegen sich auf dem Niveau Deutschlands.
Die Politik in Kroatien kümmert das alles wenig. Es gibt kein Interesse und kein Geld für die Region, die manche auch als den „Blinddarm Kroatiens“ bezeichnen, schrieb Milan Stjepanovic, Leiter der Caritas in Ivankovo, kürzlich an Hans-Jürgen Runge. Interessant ist eher die devisenbringende Küstenregion.
Mit Beginn der kalten Jahreszeit verschlechtert sich die Lage weiter. Milan Stjepanovic, teilt Hans-Jürgen Runge mit, dass viele Arme und Kranke unter anderem um Nahrung, Heizmaterial und Medikamente bitten. Ohne die Hilfe des Vereins „Werke statt Worte“, dessen zweiter Vorsitzender Runge ist, könnte vielen Menschen kaum mehr geholfen werden, sagt Stjepanovic.
Jetzt, da es schon langsam auf Weihnachten zugeht, möchte der Verein mit Lebensmitteltransporten helfen. Der Verein bittet also wieder um Spenden von Essbarem und Geld für den Transport, eine Bitte, die in den vergangenen Jahren nie ungehört verhallt ist.
Zahlen belegen das. Am Anfang, zu Weihnachten 1991, gingen gerade mal 150 Geschenktüten nach Ostslawonien. 2015 waren es schon 3500. Der Inhalt der Weihnachtspakete könnte etwa aus Christstollen, Gebäck, Schokolade, Mehl, Zucker, Babynahrung, Trockenmilch, Honig, Tütensuppen, Reis, Nudeln, Margarine, Puddingpulver, Fisch-, Obst- und Gemüsekonserven, Kaffee, Kakao und Tee bestehen. Die Hilfsbedürftigen freuen sich auch über kleinste Mengen, denn nicht jedem Spender ist es möglich, ein großes Paket zu schnüren.
Geldspenden werden neben dem Transport auch dazu verwendet, in der Region um Vukovar, Vinkovci und Ivankovo Menschen mit Holz, Kohle und Stromlieferung zu helfen.
Die Weihnachtsaktion ist aber nicht das Einzige, was die ehrenamtlichen Helfer um die beiden Vorsitzenden Rudolph Karg (Löffelsterz) und Hans-Jürgen Runge auf die Beine stellen. Im Jahr 2016 gingen schon zwölf große Transporte auf die Reise zu den hilfsbedürftigen Menschen in Ostslawonien, Bosnien, Rumänien und in der Ukraine.
Erst kürzlich konnte das ehrenamtliche Helferteam dank der vielen Sach- und Geldspenden zwei Transporte mit 40-Tonnern organisieren. Zu danken ist die regelmäßige Hilfe Menschen aus den Regionen Schweinfurt, Gerolzhofen, Kitzingen und Haßfurt. Die beiden Vorsitzenden informieren sich vor Ort regelmäßig über die korrekte Verteilung der Hilfsgüter.
Hans-Jürgen Runge ging es unter die Haut, als ihn ein kleines Mädchen bei einem solchen Anlass fragte: „Warum habt ihr uns so lieb und bringt und so schöne Sachen?“ und: „Danke, lieber Gott, dass du mir ein so schönes Bett geschickt hast.“
Neben Einzelpersonen engagieren sich auch Organisationen, Einrichtungen und Firmen wie Pfarreien, Kindergärten, Kliniken (die beiden Gerolzhöfer Kliniken stellten zum Beispiel Krankenbetten bereit), Vereine, Schulen, Speditionen, Altenheime oder Strickkreise.