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Hans Brög: Verspottetes Papier
Von Erich Schneider Leiter der Museen und Galerien
 |  aktualisiert: 29.08.2013 15:44 Uhr

Nicht wenige waren überrascht, dass der in München lebende Fotograf und Videokünstler Christoph Brech, Gewinner der im Jahr 2012 in der Kunsthalle präsentierten Triennale II, ein gebürtiger Schweinfurter ist. Aus der jüngeren Generation stammt etwa der Jazzpianist Michael Wollny aus der Stadt. Von den etwas älteren hiesigen „Gewächsen“, die sich in der Welt längst einen Namen gemacht haben, kennt man zum Beispiel den Kinderbuchautor Paul Maar oder den Maler Helmut Pfeuffer. Zum Freundeskreis um Maar und Pfeuffer in den fünfziger und sechziger Jahren in Schweinfurt gehört auch der Künstler, Kunstwissenschaftler und Philosoph Hans Brög. Geboren 1935 in Kronach, verbrachte er seine frühe Jugend in Ludwigstadt und besuchte anschließend bis zum Abitur das heutige Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Schweinfurt.

Der vielseitig begabte Hans Brög studierte von 1957 bis 1968 unter anderem Philosophie und Kunstgeschichte in Stuttgart und Tübingen sowie Bildhauerei in Paris. Dort beeinflussten ihn insbesondere Henri-Georges Adam und Johnny Friedländer. Nach der Promotion bei dem Philosophen Max Bense wurde er 1972 Professor in Köln und folgte 1978 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Kunst und Didaktik der Kunst an der Universität Duisburg. Daneben übte er eine Vielzahl von Ehrenämtern aus, war Vizepräsident der Vereinigung für Wissenschaftliche Semiotik (Lehre von den Zeichen) und Mitglied im Stiftungsrat der Buchheim-Stiftung. Ferner war er Mitherausgeber zweier einschlägiger wissenschaftlicher Zeitschriften. 2001 wurde Hans Brög emeritiert und lebt heute in Viersen.

Aber, wie es zweimalige Leiter der Kasseler documenta und Freund Manfred Schneckenburger ausgedrückt hat, „jenseits der Semiotik“ ist Brög auch ein „Sinnenmensch“, der als Bildender Künstler ein reiches OEuvre geschaffen hat. Wie ein roter Faden zieht sich die Druckgraphik durch sein Werk. 1958 nutzte Brög erstmals thermoplastische Kunststoffplatten als Druckstöcke, die er mit Lötkolben präpariert hatte. Diesem bis dato unbekannten, im weitesten Sinne der Kaltnadelradierung entlehnten Tiefdruckverfahren gab Brög den Namen Thermogravure. Später führte er das Verfahren in den Front-Side-, beziehungsweise ab 1996 Back-Side-Werkgruppen weiter. Mit dem heißen Lötkolben und mit nahezu jedem anderen irgendwie formenden Gegenstand sowie unter Einbeziehung klassischer druckgraphischer Techniken zeichnete der Künstler seine Motive in die Kunststoffplatten.

Er schuf dabei nicht alleine Linien und Strukturen in der Fläche sondern durch die vom erweichten Material geformten Grate oder Wälle auch im Raum. Die von Brög gesetzten Zeichen und Verformungen durchdrangen immer wieder die Platten bis hin zu deren teilweiser Auflösung. Der Künstler formte auf diese absichtsvolle und zugleich spontan-unkontrollierbare Weise auf der Rückseite eigene, scheinbar zufällige Strukturen, die er ebenfalls abdruckte und in sein Werk einbezog. Gerade mit solchen „Back-Sides“ aber dringt der Künstler in das Wesentliche seines Schaffens vor, denn sein ungegenständliches Werk ist „in der Absicht entstanden … innovative Grundlagen ästhetischer Repräsentationen sichtbar zu machen“ (Barbara Wichelhaus).

Brögs Werk war auf vielen wichtigen Ausstellungen zu sehen. Zahlreiche Museen und Sammlungen in Deutschland, aber auch in Japan besitzen Arbeiten von ihm. Schweinfurt und seine Jugendfreunde hat Brög über all die Jahre nie vergessen und den Kontakt zur Stadt gehalten. Die Kunsthalle Schweinfurt verdankt ihm eine ganze Reihe von wichtigen Proben seines künstlerischen Schaffens als Schenkung. Obwohl Brög vorwiegend ungegenständlich experimentell arbeitet, lässt sich sein Schaffen nicht ausschließlich mit „informell“ charakterisieren. Für sein „figuratives Potenzial“ (Schneckenburger) steht beispielsweise die Mappe „Spina Longa“ von 1997 oder die wenig später entstandene Mappe „Georg Christoph Lichtenberg“.

Die Buchhandlung Walther König hat 2012 in Köln unter dem Titel Hans Brög, „Verspottetes Papier – Thermogravure bevorzugt“ einen Überblick über dieses technische Grenzen negierende, druckgrafische Werk herausgebracht (ISBN 978-3-941559-30-1). Ein Verzeichnis der Werke mit Abbildungen und technischen Beschreibungen wird von zwei lesenswerten Texten von Manfred Schneckenburger und Barbara Wichelhaus zu Werk und Technik ergänzt.

 
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