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PUSSELSHEIM
Handwerker: "Wir brauchen die Windkraft"
Nicht zu nah ans Dorf: Ministerpräsident Horst Seehofer spricht sich neuerdings für größere Abstände zwischen Windrädern und Wohnbebauung aus.
Foto: Alois Wohlfahrt | Nicht zu nah ans Dorf: Ministerpräsident Horst Seehofer spricht sich neuerdings für größere Abstände zwischen Windrädern und Wohnbebauung aus.
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 |  aktualisiert: 02.07.2013 14:10 Uhr

Während die Gegner von Windparks sich freudetrunken in den Armen liegen, raufen sich die Verfechter der Energiewende und Windkraft-Investoren die Haare und ringen um Fassung: Ministerpräsident Horst Seehofer hat mit seiner Sympathiebekundung für die so genannte 10-H-Regelung die ganze Branche kräftig in Aufruhr gebracht.

10-H-Regelung bedeutet: Der Abstand zwischen Windrad und der nächstgelegenen Wohnbebauung soll mindestens zehnmal so groß sein wie die Höhe des Windrads. Ein Standard-Windrad mit einer Höhe von 200 Meter bräuchte also ein freies Umfeld um sich herum im Radius von zwei Kilometern.

Ein Blick auf die Landkarte macht deutlich, dass bei einer 10-H-Regelung das Windkraftgebiet WK 41 am Pfaffenberg zwischen Pusselsheim und Dampfach auf jeden Fall nicht in der bislang geplanten Form durchführbar wäre. Dampfach und Obereuerheim liegen in Luftlinie nur 3,8 Kilometer auseinander, zwischen Dampfach und Pusselsheim sind es 2,5 Kilometer und zwischen Horhausen und Pusselsheim 3,5 Kilometer. Im Dreieck dieser Ortschaften liegt WK 41. Für Anlagen mit einer Höhe von rund 200 Metern wäre folglich kein Platz, weil dafür eine Entfernung von mindestens vier Kilometern zwischen den nächstgelegenen Ortschaften nötig wäre – wenn im Idealfall das Windrad genau in der Mitte stehen könnte.

Natürlich könnten hier kleinere Anlagen errichtet werden, mit der Folge, dass die Abstände zur nächsten Bebauung geringer werden. Das Problem für die Betreiber des Windparks ist dann aber, dass Anlagen, die niedriger sind als 200 Meter, kaum wirtschaftlich laufen können. Denn in unseren Breiten ist der Wind in den unteren, erdnahen Schichten zu unstet, das Windrad würde zu oft stillstehen. Erst ab einer Höhe von 200 Metern gelangt der Rotor in eine gleichmäßige Luftströmung, die bei der Stromerzeugung dann auch Gewinn abwirft.

„Irreal und äußerst lachhaft.“
Karsten Schuster von Volta Windkraft über Seehofers Vorschlag

Haßberge-Landrat Rudolf Handwerker, der Vorsitzende des bei der Platzierung von Windrädern entscheidenden Regionalen Planungsverbands Main-Rhön, kann sich „beim besten Willen nicht vorstellen, dass es tatsächlich zu einer 10-H-Regelung kommt“. Sie verstoße klar gegen Bundesrecht. Der Freistaat Bayern müsste erst eine Bundesratsinitiative zur Gesetzesänderung auf den Weg bringen – und würde damit zugleich aber seine eigenen Ziele bei der Energiewende konterkarieren, denn: „Mit 10-H wäre Windkraft in Bayern nicht mehr möglich.“

Für ihn gelte nach wie vor das Bundesrecht, wo Mindestentfernungen von 800 Metern zur nächsten Wohnbebauung vorgeschrieben seien. Daran halte man sich auch bei der Planung und Genehmigung. „Schließlich leben wir in einem Rechtsstaat.“

Darauf angesprochen, dass inzwischen auch Umweltminister Marcel Huber, Innen-Staatssekretär Gerhard Eck (Pusselsheim) und führende Mitglieder der CSU-Landtagsfraktion auf Seehofers Linie eingeschwenkt sein sollen, antwortet Rudolf Handwerker: „Ich bin ein Vertreter der Energiewende. Wir brauchen die Windkraft.“ Er könne sich nicht vorstellen, dass sich Seehofer (wie es Vertreter der Windkraft-Gegner nach einem Treffen in der Staatskanzlei behauptet hatten) tatsächlich konkret auf 10-H festgelegt habe. Es gehe dem Ministerpräsidenten vielmehr darum, bei der Planung größtmögliche Abstände zwischen Windkraft und Wohngebiete zu berücksichtigen.

Kein gutes Haar an Seehofers Vorstoß lässt auch Karsten Schuster, Geschäftsführer der Volta Windkraft GmbH aus Ochsenfurt, die den Bürgerwindpark Pfaffenberg zwischen Pusselsheim, Obereuerheim und Dampfach errichten will. Am Pfaffenberg sind maximal neun Windräder geplant, die nach jetzigem Stand eine Nabenhöhe von 140 Metern haben sollen. Da der Rotordurchmesser 117 Meter beträgt, wird jede Anlage eine Gesamthöhe von gut 200 Meter erreichen. Seehofers 10-H-Forderung sei „irreal und äußerst lachhaft“, schimpft Schuster. Es handele sich um „verantwortungslosen Populismus“ im Wahlkampf auf der Suche nach Stimmen um jeden Preis. „Vielleicht rächt es sich . . .“

Es gebe nun mal in Deutschland kein „Recht auf unveränderte Aussicht“, sagt Schuster, der auch unterfränkischer Vorsitzender des Bundesverbandes Windenergie ist. Kein Stadtbewohner käme je auf die Idee, eine unverbaute Aussicht einzufordern. Sollte sich die 10-H-Regel durchsetzen, dann wäre dies der „Super-GAU“, denn dann werde es so gut wie keinen geeigneten Standort für Windkraft in Bayern mehr geben. Dabei sei die Windenergie im Immissionsschutzrecht im Vergleich zum Straßenbau schon jetzt diskriminiert.

 
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  • Ja 10 H muss kommen, und die Schei.... Windkraft brauchen wir nicht.
    Es Leben die AKW Das ist der einzige Strom den Wir noch in 20 Jahren Bezahlen können.
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  • uwa
    Ja, und die zukünftigen AKWs stellen wir nicht innerhalb vom 10-fachen Gefährdungsbereiches auf.
    Das entspricht (niedrig gerechnet) bei 30 km mal mindestens 300km Abstand zur nächsten Bebauung!!!!
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