zurück
SCHWEINFURT
Grüner Faden der Geschichte
Das Museum zur Stadtgeschichte ist reichlich angestaubt, die Gebäude sanierungsbedürftig. Im Kulturausschuss wurde nun erstmals das Konzept für eine komplette Neugestaltung vorgestellt.
Schweinfurter Grüner Faden: Blick in die chronologischen Teile der Dauerausstellung im Alten Gymnasium.
Foto: Skizzen: Kulturplan & Space4 | Schweinfurter Grüner Faden: Blick in die chronologischen Teile der Dauerausstellung im Alten Gymnasium.
Mathias Wiedemann
 |  aktualisiert: 09.10.2014 19:19 Uhr

Die Gebäude selbst sind wichtige stadtgeschichtliche Exponate: das Alte Gymnasium, errichtet im Jahr 1583, und das direkt angrenzende Stadtschreiberhaus, in Teilen möglicherweise noch älter. Allerdings: Sie sind sanierungsbedürftig, es gibt statische Schäden, möglicherweise Schadstoffe im Holz. Die Haustechnik ist veraltet, es fehlen Fluchtwege, ganz zu schweigen von mangelnder Barrierefreiheit und unzureichendem Brandschutz.

Das Areal am Martin-Luther-Platz hat eine lange Tradition als Museum: 1892 wurde der Rückert-Gedenkraum eingerichtet, 1934 dann das Museum zur Stadtgeschichte. Am Museumskonzept hat sich allerdings seither nicht viel verändert, es endet Anfang des 20. Jahrhunderts, die Industriegeschichte ist nur bruchstückhaft dargestellt. Die Einrichtung stammt aus den 1980er-Jahren, die Beschriftungen sind nur auf Deutsch, audiovisuelle Medien gibt es gar keine. Die Folge: Gerade einmal fünf Besucher pro Tag besichtigen derzeit im Schnitt das Museum, das nur noch drei Tage die Woche geöffnet hat.

Im März 2013 hat der Schul- und Kulturausschuss deshalb beschlossen, dass die Museen und Galerien der Stadt ein Rahmenkonzept für eine Sanierung und Neugestaltung vorlegen sollen. Am Mittwoch nun hat der Ausschuss eine erste Weiche gestellt: Er brachte das „Vorprojekt Sanierung“ auf den Weg, das ein genaues Aufmaß, statische und bauhistorische Untersuchungen und Klimamessungen vorsieht. Beschließen muss das Projekt – nach einer weiteren Begutachtung durch den Haupt- und Finanzausschuss – aber das Plenum.

Die bautechnischen Untersuchungen sollen Aufschluss geben über den zu erwartenden Sanierungsaufwand der Gebäude. Nächster Schritt ist dann die Neugestaltung des Museums selbst und der Präsentation seiner Sammlung mit etwa 900 Exponaten vom 9. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Ein Konzept für diese Neugestaltung haben Bettina Kess von der Firma Kulturplan und Oliver Mack vom Architekturbüro SPACE 4 im Auftrag der Museen und Galerien erarbeitet und im Ausschuss präsentiert.

Kess und Mack schlagen vor, das neue „Stadtmuseum“ in ein Ausstellungshaus (Gymnasium) und ein Aktionshaus (Stadtschreiberhaus) aufzuteilen. Das Ausstellungshaus würde die Dauerausstellung präsentieren – chronologisch unter dem Motto „Schweinfurter Grüner Faden“ und thematisch unter dem Titel „StadtGesichter“. Thematische Ansätze könnten „DenkerInnen und AkteurInnen“, „Bildung und Innovation“ oder „Arbeit und Produktion“ sein – „da hat Schweinfurt möglicherweise Vorteile gegenüber der bräsigen Beamtenstadt Würzburg“, so Bettina Kess. Auch Blicke auf die Gegenwart und in die Zukunft soll es geben: Neben Stichworten wie „Reichsstadt“, „Bürgerstadt“ oder „Industriestadt“ gibt es einen Bereich „Schweinfurt 21“

Der Clou dabei wären die völlig neuen Flächen: Eine breite Erschließungsachse an der Schnittstelle Gymnasium/Stadtschreiberhaus führt laut Planskizze in den nunmehr überdachten Innenhof, der zum Foyer wird. Hier könnten sich zum Beispiel die Schulklassen aufstellen. Erstmals auch wäre Platz für Wechselausstellungen, die Angebote des Museumsservice MuSe und Sonderveranstaltungen.

„Derzeit findet man den Haupteingang nicht, trotz der prominenten Treppe“, sagt Oliver Mack. Die neue Verbindungsachse soll deshalb an ihren beiden Enden einladend über das Gebäude hinausragen. An der Rückseite wäre Platz für einen Außenaufzug – Barrierefreiheit mit minimalem Eingriff in die historische Bausubstanz. Das Rückgebäude aus der Nachkriegszeit soll einem Neubau weichen, der dann den Innenhof um- und das Ensemble nach Norden abschließt. Zusammen mit dem Foyer würde hier eine große multifunktionale Fläche entstehen, nutzbar für Konzerte oder Lesungen. Im Stadtschreiberhaus kämen im Erdgeschoss Bibliothek und vielleicht ein kleines Café unter, in den Geschossen darüber Werkstatt und Verwaltungsräume. Im Neubau sind zwei komplette Ebenen für Wechselausstellungen vorgesehen.

Wie viel von all dem sich realisieren – und vor allem: finanzieren – lassen wird, sollen zunächst die Bauuntersuchungen zeigen. Die Ausschussmitglieder jedenfalls zeigten sich allesamt sehr angetan vom Konzept. Kulturamtsleiter Erich Schneider setzt etwa ein Jahr für die Voruntersuchungen an und dann zwei bis drei weitere für Bauplanung und Bau – sofern der Stadtrat sich entschließt, das Projekt durchzuziehen. Seriöse Berechnungen möglicher Kosten gibt es keine, so Schneider, der gleichwohl eine – ausdrücklich höchst unverbindliche – Hausnummer nannte: „Irgendwas zwischen sechs und zehn Millionen.“ Schneider geht davon aus, dass das Projekt mit 40 bis 50 Prozent bezuschusst wird.

Oberbürgermeister Sebastian Remelé sieht nur zwei realistische Wege: Investieren oder das Haus eines Tages schließen. „Wir müssen uns jetzt mit diesem Objekt befassen – und in diesem Jahrzehnt eine Entscheidung treffen.“

Schon während der Voruntersuchungen muss das Museum geschlossen und leergeräumt, die Sammlung eingelagert werden. Was im Ausschuss die Frage aufwarf, was denn passiere, sollte der Stadtrat sich nicht entschließen können, das Projekt weiterzuführen.

„Die weiteren Schritte müssen dann schnell gemacht werden. Er hat keinen Sinn, das Haus fünf Jahre leer stehen lassen“, sagte Adi Schön (proschweinfurt). Und fand die Zustimmung des Ausschusses wie der Verwaltung: „Wir sollten handeln, solange wir noch selbst handeln können“, mahnte Erich Schneider, „bevor uns das Haus über Nacht dicht gemacht wird, weil zum Beispiel die Feuerwehr nicht mehr drei Augen zudrückt.“ Remelé ergänzte: „Ich sehe das als Verpflichtung der Stadt an. Insofern tun wir heute einen wichtigen Schritt.“

Grüner Faden der Geschichte
Schön, aber angejahrt: Das Museum außen und innen (großes Bild). Die Neukonzeption soll die historische Substanz bewahren.
Foto: Anand Anders | Schön, aber angejahrt: Das Museum außen und innen (großes Bild). Die Neukonzeption soll die historische Substanz bewahren.
Ein- und Durchgangsachse: Der rote Balken zeigt an, wie der Museumskomplex künftig erschlossen wird.
| Ein- und Durchgangsachse: Der rote Balken zeigt an, wie der Museumskomplex künftig erschlossen wird.
Innenhof mit Glasdach: Im Zentrum des Ensembles soll eine attraktive Fläche für Veranstaltungen entstehen.
| Innenhof mit Glasdach: Im Zentrum des Ensembles soll eine attraktive Fläche für Veranstaltungen entstehen.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Mathias Wiedemann
Audiovisuelle Medien
Ausstellungshäuser
Erich Schneider
Galerien und Ateliers
Gymnasien
Martin Luther
Stadtgeschichte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top