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Gerolzhofen
Gründerzentrum: Wo Jungunternehmer durchstarten sollen
Dort, wo früher die Häftlinge im Knast schmorten, sollen künftig neue Geschäftsideen entwickelt werden. Die Idee eines Gründerhauses für Jungunternehmer wird konkret.
Das ehemalige Gefängnis von Gerolzhofen im Hof der Verwaltungsgemeinschaft soll in ein Gründerhaus umgebaut werden.
Foto: Klaus Vogt | Das ehemalige Gefängnis von Gerolzhofen im Hof der Verwaltungsgemeinschaft soll in ein Gründerhaus umgebaut werden.
Klaus Vogt
 |  aktualisiert: 20.12.2019 02:10 Uhr

Die Idee eines Gründerhauses in Gerolzhofen verfolgt Bürgermeister Thorsten Wozniak nun schon seit sieben Jahren. Bereits in seinem Bürgermeisterwahlkampf im Duell unter anderem mit der damaligen Amtsinhaberin Irmgard Krammer war ein Gründerhaus für ihn ein wichtiges Thema gewesen. So richtig konkret wurde es in den Folgejahren dann aber nie. Obwohl vieles hinter verschlossenen Türen lief, kann man dies aus den Informationen schließen, die hin und wieder mal in die Öffentlichkeit gelangten. 

Das Gründerhaus soll - ähnlich wie beim erfolgreichen GRIBS in Schweinfurt - Hilfestellung leisten für Personen, die mit einer Geschäftsidee den ersten Schritt in die unternehmerische Selbstständigkeit wagen wollen. Damit allerdings die Nebenkosten für die Pioniere nicht allzu hoch werden und sie deshalb nicht gezwungen sind, erst nur eine sprichwörtliche "Garagenfirma" zu eröffnen, will die Stadt einen "Coworking Space" anbieten, wie Bürgermeister Thorsten Wozniak in einem Gespräch mit dieser Redaktion verdeutlicht.

Ein großer Arbeitsbereich

Frei übersetzt bedeutet Coworking nichts weiter als „zusammen arbeiten“. Die ursprünglich im Silicon Valley in den USA entstandene Arbeitsform bezeichnet einen großen Arbeitsbereich, den sich mehrere Menschen aus zumeist unterschiedlichen Firmen teilen. Die Idee ist, dass ein Firmengründer sich nur einen relativen kleinen, eigenen Bereich innerhalb des "Coworking Space" für relativ wenig Geld als Arbeitsplatz anmietet. Um alle notwendigen Infrastrukturen wie Besprechungsräume, Parkplätze, Sekretariat, Telefondienst, Postdienst, Sanitärräume, Teeküche oder aufwändige Büro- und Präsentationstechnik muss sich der Gründer nicht selbst kümmern. Dies alles ist zentral vorhanden und steht ihm und den anderen Nutzern des Gründerhauses gleichberechtigt zur Verfügung. 

Sozialer Anschluss für berufliche Einzelkämpfer: In Großstädten funktioniert das Konzept der 'Coworking Space' bereits bestens. Bei Michael Stingl und Felix Böhm beispielsweise, den Gründern der 'Coworking Space Nürnberg', mieten sich Freiberufler und Selbstständige in Gemeinschaftsbüros ein.
Foto: Daniel Karmann | Sozialer Anschluss für berufliche Einzelkämpfer: In Großstädten funktioniert das Konzept der "Coworking Space" bereits bestens.

Als erster Standort für ein Gründerhaus in Gerolzhofen war das ehemalige Gefängnis angedacht, das sich im Eigentum der Stadt Gerolzhofen befindet. In dem gelb gestrichenen Haus mit dem annähernd quadratischen Grundriss und den zwei Eingängen im Hof der Verwaltungsgemeinschaft waren nach dem Gefängnis-Umbau in der Vergangenheit meist Wohnungen untergebracht. Auch der Allgemeinarzt Max Madlener praktizierte hier. Später diente das Haus unter anderem als Ausweichquartier für Kindergartenkinder, solange der Hort St. Regiswind abgerissen und neu gebaut wurde. Auch die Betreuung von Flüchtlingen fand hier statt. Momentan hat der Gesangverein "Liederkranz" einen Probenraum im Gebäude. Das zweite Obergeschoss ist derzeit wieder bewohnt.

Weitere Standorte im Gespräch

Nach dem ehemaligen Knast war auch die sanierte Grabenschule als möglicher Standort für ein Gründerhaus im Gespräch. Mittelfristig wird die Grabenschule ja nicht mehr als solche benötigt, denn am Lülsfelder Weg soll durch Um- oder Neubau ein ausreichend großes Gebäude entstehen, in dem dann alle Grundschüler gemeinsam Platz finden werden.

Schließlich wurde noch eine dritte Immobilie als mögliches Gründerhaus ins Auge gefasst: das ehemalige Butterwerk beziehungsweise die Büroräume der Hiestand-Niederlassung an der Kolpingstraße. Hier hätte man es sich seitens der Stadt auch vorstellen können, nur einen Teil der Räume für Gründer zur Verfügung zu stellen, während der Rest des Gebäudekomplexes anderweitig genutzt worden wäre. Mit dem Verkauf des kompletten Areals an eine Gerolzhöfer Firmen-Holding hat sich diese Idee jetzt aber erledigt. Nach den bis jetzt im Stadtrat bekannt gewordenen Plänen der neuen Eigentümer soll das Grundstück gänzlich abgeräumt werden, um Platz zu schaffen für zwei große Gebäude, in denen dann Wohnungen entstehen werden.

Verkäufe scheiterten

In der Zeit, als der Fokus für den Standort eines Gründerhauses auf Molkerei und Grabenschule lag, bot die Stadt das ehemalige Gefängnis zum Kauf an. Die Verkaufsverhandlungen mit einer Kieferorthopädin, die in dem Haus ihre Praxis- und Privaträume unterbringen wollte, waren bereits sehr weit fortgeschritten – so weit, dass die Ärztin bereits mit ersten Sanierungsarbeiten im Obergeschoss begann, noch ehe es zur notariellen Beurkundung gekommen war. Dann allerdings ergab sich für die Ärztin scheinbar eine andere Möglichkeit, sie verabschiedete sich deshalb von ihren Gerolzhöfer Plänen.

Nach der Kieferorthopädin gab es erneut ein konkretes Interesse eines Gerolzhöfers an dem Haus, der es kaufen und hier ein Büro mit mehreren Angestellten einrichten wollte. Details unterliegen der Geheimhaltung. Doch auch diese Pläne haben sich letztlich zerschlagen. Und so ist die Stadt bei ihren Überlegungen für einen Gründerhaus-Standort wieder zum Ausgangspunkt, zum alten Gefängnis zurückgekehrt. "Das Gebäude steht jetzt nicht mehr zum Verkauf. Die Stadt will es behalten", bestätigt Bürgermeister Wozniak. 

Arbeitsgruppe klärt Fragen

Aktuell befasst sich die "Strategie- und Steuerungsgruppe Stadtmarketing" der Stadt mit dem Thema. Mitglieder dieser Arbeitsgruppe sind neben Bürgermeister Wozniak die Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann, Tourismusleiterin Beate Glotzmann, Stadtteilmanager Daniel Hausmann, Petra Aumüller für Gerolzhofen-aktiv und vier Stadträte und zwei Bürger. Bis zur nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe am 18. Februar 2020 soll zum einen vom Stadtbauamt abgeklärt werden, wie hoch der Sanierungsaufwand am Haus ist. Zum anderen geht es um die Frage, ob eine Machbarkeitsstudie für ein Gründerhaus in Auftrag gegeben wird oder ob es ausreicht, dass die Stadt bereits vorhandenes Fachwissen – beispielsweise bei der IHK, Handwerkskammer, beim GRIBS oder am Landratsamt – abschöpft.

Für den Fall, dass eine Machbarkeitsstudie benötigt wird, plant die Stadt erneut eine Summe von 20 000 Euro in den Haushalt 2020 ein. Über die Städtebauförderung wäre ein Zuschuss in Höhe von 60 Prozent zu erwarten. Für die anstehende Generalsanierung des Hauses rechnet der Bürgermeister mit einem Betrag von bis zu einer halben Million Euro.

Idee eines "Pop-up-Stores"

Neben der Idee des "Coworking Space" im Gründerhaus befasst sich die "Strategie- und Steuerungsgruppe Stadtmarketing" noch mit einem anderen interessanten Nebenthema: und zwar mit einem "Pop-up Store", also mit einem kurzfristig und provisorisch betriebenen Einzelhandelsgeschäft in derzeit leerstehenden Geschäftsräumen. Gedacht ist diese Idee, so Bürgermeister Wozniak, für einen Gründer, "der etwas anbietet und zu verkaufen hat".

Dem Firmengründer soll für die Dauer von zwölf Monaten bei "extrem niedriger Miete" ein Geschäftslokal in der Innenstadt zur Verfügung gestellt werden, wo er dann ohne allzu großes finanzielles Risiko austesten kann, ob für die Produkte seiner neuen Geschäftsidee überhaupt ein Markt vorhanden ist. Nach Ablauf von einem Jahr muss er das Geschäft verlassen, kann bei Erfolg sich einen eigenen, mutmaßlich größeren Standort suchen und Platz machen für einen neuen Gründer.

Wer subventioniert die Miete?

Momentan wird geprüft, wie die Finanzierung dieses Projekts gelingen kann und wer den Mietpreis subventioniert. Die Stadt selbst wird es wohl aus rechtlichen Gründen nicht machen können. In Betracht kommt möglicherweise ein Modell, in dem der Förderkreis Gerolzhofen-aktiv eingebunden ist. Bürgermeister Wozniak jedenfalls ist ganz angetan von der Idee: "Wir würden dafür sorgen, dass ein Jungunternehmer Fuß fassen kann und gleichzeitig würde ein neues interessantes Angebot für die Bevölkerung in der Innenstadt geschaffen."

 
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