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SCHWEINFURT
Grazil, delikat und monumental
Elke Tober-Vogt
 |  aktualisiert: 16.02.2018 02:40 Uhr

Stecknadelstille herrschte im Schweinfurter Theater, während Andreas Brantelid Bach als Zugabe zelebrierte. Vollkommen gefangen nehmen lassen hatte man sich von ihm bereits als Solist in Edward Elgars Konzert für Violoncello und Orchester e-Moll op. 85: Gemeinsam mit den Bamberger Symphonikern unter Andrew Manze schuf der schwedisch-dänische Cellist ein interpretatorisches Kleinod an Sensibilität und Delikatesse.

Große Ruhe bei düsterer Wucht im Orchester, dazu ein Klagegesang im Solo, prägten den ersten Satz, während der zweite kapriolenhaft und ideenreich dahintanzen durfte. Wie ein Insekt sirrte Brantelids Bogen, flog verspielt und leichtfüßig wie ein Windhauch, fing sich in satter Melodik.

Andrew Manze hielt den großen Orchesterapparat zurück, ließ fast zerbrechlich, ja kammermusikalisch musizieren. Silbrig trat der Solopart im Adagio hervor, ungestüm entlud sich die zu Beginn des Finalsatzes aufgebaute Spannung. So geschmeidig wurde da musiziert, so differenziert; selbst winzigste koloraturhafte Figuren im Solo konnten sich durchsetzen.

Ideen werden zu einer großen Einheit

In engem Kontakt des überlegen und locker musizierenden Andreas Brantelid mit Orchester und Dirigent fügten sich die vielfältige musikalische Ideen wie selbstverständlich zu einer großen Einheit. Trotz weitgehend melancholischen Grundtons in der Komposition geriet die Aufführung zu einem beglückenden Vergnügen; reicher Applaus war der Lohn.

Mit Ralph Vaughan Williams Symphonie Nr. 6 e-Moll wurde das Publikum mit einem nicht allzu häufig zu hörenden Werk konfrontiert. Monumental – so der erste Eindruck nach dem grazilen Cellokonzert. Manze schöpfte die Energie, die Motorik des Allegros aus, spielte mit feinen, naturhaften und lyrischen Elemente gegenüber wogender Rauschhaftigkeit.

Organische Übergänge

Eindringlich und beharrlich entwickelte der Dirigent das Moderato, schuf vollkommen organische Übergänge. Packend und emotional aufwühlend war das, die Spannung war ungeheuer dicht und intensiv. Trotz einer ganzen Armee an Tönen verbreitete diese gegen Ende des Zweiten Weltkriegs geschaffene Musik mehr und mehr ein Gefühl von Trostlosigkeit und Leere.

Vollkommen beeindruckend war die unglaubliche Geschlossenheit und weiche Farbigkeit im Orchester auch während des durchaus herausfordernden Scherzos: Manze gestaltete aus den vielfältig brodelnden simultanen Entwicklungen ein Spektakel an Klangfülle, nur wenige Ruhepunkte bot die Komposition.

Dann der Epilog: Nicht nur die wunderbaren Orchestersolisten trugen zu einer requiemhaften Atmosphäre bei. Andrew Manze kostete weidlich aus, was ihm die auf höchstem Niveau spielenden Symphoniker anboten. Während die letzten Töne versickerten, herrschte andächtige Ergriffenheit im Saal, bevor Riesenbeifall einsetzte.

Ein Abend voller Expressivität

Geschlossen hatte sich damit ein Abend voller Expressivität, den Manze mit Edward Elgars Orchesterfassung von Johann Sebastian Bachs Fantasie und Fuge c-Moll für Orgel Solo BWV 537 begonnen hatte. Elgar wirft sich in diesem Werk in ein wahres Orchestrierungsgetümmel, wodurch zwar die Vielschichtigkeit der Komposition erlebbar wird, aber auch Grenzen überschritten werden. Die Bamberger und Andrew Manze nutzten diese interessante Fassung zur Demonstration absoluter Weltklasse.

 
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