Schön hast du es hier! Wunderschön! Und bei Bedarf bekommst du sofort Hilfe? Toll! So möchte ich später auch mal wohnen!“ Wer so etwas zu hören bekommt, kann sich glücklich schätzen. Denn dann hat alles funktioniert mit den Wünschen für ein schönes Zuhause im Alter. Dann ist es unerheblich, wo dieses Wohlfühlen stattfindet. In einer Wohngemeinschaft, in der betreuten Wohngruppe im Pflegeheim, oder eben auch alleine in der angestammten Wohnung.
Wie möchte ich im Alter wohnen? Und vor allem, wann fängt das berühmte „Alter“ eigentlich an? Mit 70? Oder doch erst mit 80, wenn man gebrechlicher wird? Wer hilft mir dann? Kann ich zu Hause bleiben? Oder vereinsame ich dort, weil meine Kinder alle so weit weg wohnen? Fragen über Fragen, die es irgendwann zu klären gilt. Doch wer weiß schon mit 40 oder 50, wie und wo genau er mal seinen Lebensabend verbringen möchte? Allerdings, so sagen Experten, sei es genau diese Altersgruppe, die sich durchaus schon mal Gedanken über ein „Später“ machen sollte. Zum Beispiel beim Bau oder Umbau eines Hauses oder beim Kauf einer Wohnung. Dann kommt es darauf an, genau die Punkte abzuklopfen, die das Leben später erleichtern oder ein weiteres Wohnen in vertrauter Umgebung möglich machen.
„Viele Menschen erschreckt die Vorstellung von Gebrechlichkeit, sie verdrängen das Thema zu lange“, sagt etwa Corina Büttner, Projektleiterin bei der Stadt Schweinfurt für den Ausbau und die Vernetzung des dortigen Sozialzentrums. Um diese Hürde abzubauen, vermeide man es im Zentrum am Schrotturm, den Begriff Pflege und Alter in den Vordergrund zu rücken.
„Viele Bürger, die zu uns kommen, können ganz nebenbei schon mal etwas über das Wohnen und Leben im Alter erfahren“, sagt Büttner. Wie kann ich mich einbringen? Was heißt bürgerschaftliches Engagement eigentlich genau? Was kann ich tun, wo werde ich gebraucht, wo kann ich umgekehrt Hilfe finden? Auch im Zentrum am Schrotturm gibt es, wie in den meisten anderen Städten, eine spezielle Wohnberatung.
„Architekten können genau erklären, wie eine barrierearme Wohnung aussehen könnte, welche Umbaumaßnahmen erforderlich sind, wo und wie man die Baumaßnahmen finanzieren kann“, erklärt die Expertin. Unter altersgerechtem Wohnen versteht man nämlich längst keine altmodische Zimmereinrichtung mit kargem Bett, Stuhl, einem Rollator in der Ecke und einem WC-Einbausitz mehr. Im Gegenteil. Der Markt für barrierearmes Bauen und Wohnen boomt, modernes Design und Zweckmäßigkeit schließen sich schon lange nicht mehr aus.
„Man muss bedenken, dass es eine andere Generation ist, die heute beginnt, sich Gedanken über Wohnen im Alter zu machen“, sagt Büttner. Eine Generation, die modisch ist, die mitredet in der Gesellschaft, die informiert ist, die mit dem Laptop umgehen kann. „Der erste Schritt ist erst einmal, sich klar darüber zu werden, was man wirklich will“, sagt Büttner. Ob man in seinem Stadtviertel bleiben möchte, ob man selbstständig und mit Hilfe von außen leben möchte, oder ob vielleicht auch eine Wohngemeinschaft in Frage kommt.
Eine Checkliste mit Wünschen und örtlichen Gegebenheiten zu erstellen, etwa ob es eine Buhaltestelle oder einen Einkaufsmarkt in unmittelbarer Nähe gibt, ob die Wohnung und das Haus barrierearm ist, wie viel man investieren müsste, um sie altersgerecht zu machen – all das sollte man schriftlich fixieren. Aus vagen Vorstellungen werden dann nämlich konkrete Fakten. Dann kann man sich auch um eine Finanzierung Gedanken machen. Das Programm der KfW-Bank „Altersgerecht umbauen“ etwa, liefert finanzielle Anreize für die Anpassung der Wohnungen. Wichtig sei es, so Büttner, sich umfassend zu informieren.
Im Zentrum am Schrotturm in Schweinfurt etwa findet man neben dem Pflegestützpunkt unter anderem auch den Seniorenbeirat, die Koordinierungsstelle für bürgerschaftliches Engagement, die Arbeitsgruppen für die lokale Agenda oder eben auch das Versicherungsamt, quasi als Schnittstelle für Bürger, die dort ihre Rentenanträge stellen. „Unser Ziel ist es, möglichst früh Kontakt zu Menschen bekommen und sie für das Thema Wohnen und Leben im Alter zu interessieren.“
Mit einer ausreichenden Anzahl an altersgerechten Wohnungen alleine sei es nämlich nicht getan. Genauso wichtig sind ein barrierearmes Umfeld, Nahversorgungsmöglichkeiten, die Nähe zu Ärzten, kleinteilig organisierte mobile Pflege- und Betreuungsangebote, einfache Haushaltsdienste, Gemeinschaftseinrichtungen wie Mehrgenerationenhäuser und Nachbarschaftstreffs.
Um das selbstständige und selbstbestimmte Leben im Alter zu fördern, hat das Bundesfamilienministerium mit dem Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung das Programm „Anlaufstelle für ältere Menschen“ entwickelt, das zunächst in bundesweit 300 Projekten bis 2016 getestet wird. Ziel: die bestehenden Informations- und Beratungsangebote vor Ort – wie etwa in Schweinfurt, Würzburg, Marktheidenfeld oder Wertheim – weiter auszubauen und zu unterstützen. „Der Schwerpunkt liegt auf niederschwelligen Angeboten, so dass man sich leicht und ohne viel Aufhebens erst einmal informieren kann.“
Ein schönes und gutes Leben in einer geborgenen Umgebung ist Gold wert. Dass es aber keine Frage des Geldes sein muss, stellt Nadja Ritter, Projektleiterin des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen im Gespräch mit dieser Redaktion klar. „Kontakte knüpfen, Freizeitangebote wahrnehmen, sich in einer bestehenden Gemeinschaft im Stadtviertel einbringen, das sind entscheidende Schritte“, so Ritter.
Eines steht zumindest fest: ohne ehrenamtliche Helfer, ohne Nachbarschaftshilfe, ohne eine gezielte Vernetzung zwischen Jung und Alt, zwischen Helfern und Betreuten, zwischen den einzelnen Quartieren in den Städten und ohne optimierte Dienstleistungen wird in Zukunft gar nichts mehr gehen. Und wer wartet, bis bei ihm selbst nichts mehr geht, verspielt wichtige Chancen für ein selbstbestimmtes Leben im Alter.
Selbst entscheiden dürfen, wie und wo man wohnen will, das ist Senioren heute wichtiger denn je. Denn angesichts des demografischen Wandels und des anhaltenden und zunehmenden Pflegekräftemangels sind es keine erstrebenswerten Szenen, die sich vor den Augen der Generation 60 plus gerade vielerorts in Pflegeheimen abspielen. Mit dem deutlichen Zuwachs über 80-Jähriger steigt der Pflegebedarf erheblich: Die derzeit etwas mehr als zwei Millionen Pflegebedürftigen werden bis 2030 auf über drei Millionen ansteigen und bis 2050 auf voraussichtlich über vier Millionen. Allein zwischen 2005 und 2009 wuchs die Zahl der Heimplätze um 100 000 auf jetzt 850 000.
Damit das System nicht kollabiert, sollen künftig auch Pflegebedürftige so lange wie möglich in der eigenen Wohnung bleiben können. Für Haushalte mit mobilitätseingeschränkten Menschen werden laut Ministerium derzeit mindestens 2,5 Millionen mehr altersgerechte und vor allem barrierearme Wohnungen benötigt.