Phantastische Welten vom "Kleinen dicken Ritter" oder dem "Urmel aus dem Eis" hat die Theatergruppe RatzFatz für kleine Kinder auf der Bühne entworfen. Nach 27 Jahren hört die unterfrankenweit bekannte Truppe aus Gochsheim nun auf, mangels Schauspiel-Nachwuchs.
Wenn Kindergarten- und Grundschulkinder eine geschlagene Stunde lang gebannt auf eine Theaterbühne blicken und mit Ritter und Drachen, Hexe und Wolkenfee mitfiebern, dann sind begeisterte und begeisternde Schauspieler am Werk. Die RatzFatz-Mitglieder sind es auf jeden Fall. Umso schwerer fällt es den Laienspielern daher, ihr Kindertheater aufzuhören.
Schwierige Entscheidung
"Es war eine schwierige Entscheidung für uns, nach diesen Jahrzehnten", beschreibt Babs Günther den Beschluss des gleichnamigen Vereins. Die Theaterpädagogin ist nicht nur Leiterin des Gruppe, sondern auch Vereinsvorsitzende. "Wir alle spielen nämlich sehr, sehr gerne Theater vor Kindern", unterstreicht sie. "Wir genießen es absolut, weil ihre Reaktionen anders sind". Kinder seien spontan, man merke, dass sie verzaubert würden von den live gespielten Theaterstücken.
Dennoch entschlossen sich die etwa 30 RatzFatz-Mitglieder zu diesem Schritt. "Das Alter der Gruppe, verbunden mit gesundheitlichen Einschränkungen macht es schwierig. Vor allem, wenn kein Pool an Schauspielern und Helfern da ist, auf den man zurückgreifen kann", erklärt Babs Günther. Denn es sei nicht gelungen, Nachwuchs zu finden.
Wenn sich mal Interessierte gemeldet und dann gehört hätten, welches zeitliche Engagement dahinter stehe, dann hätten sie wieder abgesagt, erzählt die Theaterleiterin. Heutzutage wollten sich viele Menschen nicht mehr langfristig binden, sondern eher projektbezogen dabei sein. Womit auch viele andere Vereine zu kämpfen hätten.
Aus einer Elterntheatergruppe entstanden
Entstanden war RatzFatz 1997 aus einer Elterntheatergruppe des Gochsheimer Kindergartens. Diverse Stücke und Märchen für die Bühne erarbeitete sich die Truppe, nähte die Kostüme selbst, schreinerte und malte aufwändig das Bühnenbild in Eigenregie. Mit Schauspielleidenschaft und der Liebe zum Detail kreierten sie ihre Stücke.
Ihr Repertoire umfasst Theaterstücke wie "Urmel aus dem Eis", "Die kleine Hexe", "Der kleine dicke Ritter", "Der kleine Muck", "Die Reise nach Panama" und "Mondragur oder die Geschichte vom goldenen Ei". Sogar ein von Babs Günther selbst geschriebenes Stück über die Beutelratte "Kim…ein Superstar?" zählte zu den unzähligen Aufführungen in ganz Unterfranken.
Anfangs hatte RatzFatz 13 bis 14 Auftritte pro Jahr, erinnert die Leiterin. Sogar in Frankreich, in Gochsheims Partnergemeinde Irigny, präsentierte sie das Stück "Die kleine Hexe" vor den Kindern – auf Französisch. "Das war sehr herausfordernd und bedeutete einen ziemlichen Kraftakt für alle Mitwirkenden", blickt Babs Günther zurück. "Doch wir waren uns einig, dass sich dieser Beitrag zur Gemeindepartnerschaft absolut gelohnt hat." Etliche Auftritte beim Kiwi-Cup in Würzburg und Bergrheinfeld absolvierte die Truppe unentgeltlich, um die Kinderintensivstation der Uni-Klinik zu unterstützen.
Gemerkt hat RatzFatz aber auch, dass die Nachfrage bei Kindergärten zurückging, aus Kostengründen. "Dabei war es für unsere Gruppe nicht einmal eine Aufwandsentschädigung", ist Babs Günther enttäuscht. Demnächst wird sich der Verein, einst als kulturelles Aushängschild Gochsheims tituliert, auflösen. Noch zwei Vorstellungen, dann ist RatzFatz Geschichte.