Schweinfurts Stadtverwaltung geht mit Innovationen meist eher fränkisch, skeptisch um. Das Modernste vom Modernen gibt's hier nicht – siehe Mikrofonanlage im großen Sitzungssaal –, aber es ist auch nicht so, dass in Schweinfurt Brieftauben und Rauchzeichen gebraucht werden, um miteinander zu kommunizieren.
Immerhin soll es wohl ab Juni schon möglich sein, dass die Stadträte digital ihre Sitzungen abhalten. Allenthalben wird ja seit eineinviertel Jahren davon geschwärmt, wie toll es ist mit Zoom, Teams, Circuit und WebEx und was es sonst noch für Wundertools der digitalen Konferenzen so gibt. In Schweinfurt wurde munter getagt, gleichwohl wechselte der Stadtrat bereits im April 2020 ins Konferenzzentrum oder die Stadthalle – Einzeltische, Abstand, Maskenpflicht, Selbsttests inklusive.
Nun ist die Verwaltung dabei, die digitalen Voraussetzungen zum Tagen zu schaffen. Doch nach welchen Regeln: Der ganze Stadtrat mit 44 Mitgliedern plus Oberbürgermeister und Referenten? Der Ferienausschuss mit 14 Mitgliedern plus Oberbürgermeister und Referenten? Und wenn ja, wie setzt sich der Ferienausschuss zusammen? Aus dem Hauptausschuss, dem Bauausschuss oder ganz neu? Und, wenn der ganze Stadtrat "hybrid" tagt, wie man das neudeutsch nennt, wer darf dann in den großen Sitzungssaal und wer nicht?
Dürfen die Vielredner live und in Farbe ins Plenum, während die schweigende Mehrheit sich als Couch Potato zu Hause verdingt, aber aufpassen muss, rechtzeitig die Hand zu heben, wenn nötig?
Man kann schon an diesem Fragenkatalog erkennen, dass die jüngste Stadtratssitzung ein paar Längen hatte. Wäre es ein Film gewesen, hätte man extra zahlen müssen. Bei fünf Stunden insgesamt wurden mehr als drei für die Themen Geschäftsordnung, Ferienausschuss und digitale Sitzung verwendet. Erinnerte ein wenig an "Der mit dem Wolf tanzt" mit Kevin Costner. Kann man so machen, muss man sich aber auch nicht wundern, wenn das Publikum wegschaltet.
Der Atomteller und die Sprengung der Kühtürme
Insofern sei es gestattet, dass ein anderes Thema uns mehr reizt – mehr Puff und Paff, mehr Rauch und Action. Die Kühltürme des stillgelegten Atomkraftwerkes in Grafenrheinfeld sollen nun doch gesprengt werden, wohl bereits in zwei Jahren. Die einschlägigen Videos, wie man so was machen kann, gibt es auf YouTube und man kann sagen, die Vorfreude auf das Ereignis ist deutlich ausgeprägter als auf die nächste Diskussion im Stadtrat darüber, welche Paragraphen der Geschäftsordnung warum geändert werden sollen.
Übrigens sollten die Schweinfurter, jetzt, wo noch der Corona-Lockdown gilt und man vielleicht ein wenig mehr Zeit zum Aufräumen hat, mal auf ihren Speicher gehen und die alten Kisten durchwühlen. Wir haben in den Untiefen des weltweiten Internets die herrliche Preziose "Atomteller" gefunden. Der wurde nicht mit Ton aus Tschernobyl gebrannt, sondern ist ein normaler deutscher Porzellanteller mit dem Bild eines jeden Atomkraftwerkes hierzulande darauf. Und natürlich gibt es davon auch einen aus "Rafeld". Und das würde uns jetzt wirklich brennend interessieren, wer so etwas zu Hause hat.