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Schweinfurt
Glosse: Warum ein Specht die Kämmerin nicht schlafen lässt
Schweinfurt scheint eine Specht-Plage zu haben: Hausbesitzer klagen, dass die Vögel die Fassade aufklopfen, Dämmung rausreißen. Was das mit der Finanzreferentin zu tun hat.
Spechte sind im Wald gern gesehene Gäste, an Häuserfassaden aber eher nicht.
Foto: Lucas Bäuml | Spechte sind im Wald gern gesehene Gäste, an Häuserfassaden aber eher nicht.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 21.10.2020 02:17 Uhr

Neulich spazierten ein Teil des Stadtrates und seiner Verwaltung fröhlich interessiert durch den Stadtwald in der Nähe von Weipoltshausen. Mit dabei natürlich die Presse, wissbegierig, wie es denn so um die knapp 1800 Hektar städtischen Waldes steht. Beim Spaziergang, die gesunde Waldluft genießend, war natürlich auch das charakteristische Klopfen der Spechte zu hören.

Da kam uns spontan Woody Woodpecker, der legendäre Roadrunner aus den Zeichentrickfilmen unserer Jugend und sein steter Kampf gegen Wile E. Coyote in den Sinn. Den Sieg des Coyoten über den Specht würde sich im Moment so mancher Hausbesitzer in Schweinfurt wünschen. Da hört man nämlich wüste Geschichten, wie Hausfassaden aufgeklopft werden, mit enervierendem Trrrrrr Trrrrr Trrrrr. Manch einer war ein paar Tage weg und erblickte bei seiner Rückkunft eine fein säuberlich mit Dämmstoff belegte Garageneinfahrt samt stattlichem Specht-Loch in der Fassade.

Betroffen auch die Finanzreferentin Anna Barbara Keck, und das ist jetzt echt unfair von Meister Woodpecker. Sie ist nämlich in ihr neues Domizil im idyllischen neuen Stadtteil Bellevue gezogen, kann nach Corona-, Bau- und Umzugsstress in den vergangenen Monaten endlich wieder friedlich schlummern, weil Freistaat und Bund den Gewerbesteuer-Ausfall der Stadt für 2020 kompensieren und nun zumindest die größte Katastrophe fürs Erste abgewandt ist. Und dann das: Trrrrr Trrrrr Trrrrr. 

Da sieht der Herr Specht – eine pure Mutmaßung, Frau Specht wäre sicher viel höflicher und wüsste, dass nicht Putz sondern Holz das natürliche Habitat ist – wohl den Wald vor lauter Bellevue-Bäumen nicht. 

Die Rosskastanie und das Parkhaus an der Mainberger Straße

Womit wir bei den Stadtbäumen angelangt wären. Die sind ja immer ein heikles Thema im Umweltausschuss, vor allem wenn es ihnen an den Kragen gehen soll. Der Baumfreunde gibt es, zum Glück, eine ganze Menge im Stadtrat und auch in der Verwaltung.

Stadtbaumeister Markus Sauer hatte ein hörbar schlechtes Gewissen, als er das nahe Ende einer 120 Jahre alten Rosskastanie am Rand des Baufeldes für das neue Parkhaus in der Mainberger Straße verkünden musste. Um den völlig gesunden Baum zu sichern, müsste eine Mauer her, die kostet aber laut Angebot fast 200 000 Euro. Das, fand auch die Mehrheit im Ausschuss, ist jetzt doch ein bisschen viel für einen einzelnen Baum, vor allem in Corona-Zeiten.

Wie sich der Baum wohl so fühlen würde, wenn das Parkhaus direkt vor ihm hochgezogen ist, fragte sich Sauer. Die Vermutung liegt nahe, nicht so toll. Die Baum-Kumpels von gegenüber am Parkplatz an der Mainberger Straße kann er dann gar nicht mehr sehen, obwohl er gemeinsam mit ihnen im letzten Jahrhundert stetig gewachsen ist. Immerhin gibt es vier bis fünf neue Bäume rund um das Parkhaus als Ersatz.

Die Ironie der Geschichte wäre jetzt, dass Woody Woodpecker sich doch einstmals aufmacht aus Bellevue, weil er dort alle Fassaden gepickt hat, übers Stadtgebiet fliegt und am neuen Parkhaus landet. Oh, keine Kastanie mehr? Trrrr Trrrr Trrrr.

 
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