
Die Sommerzeit 2022 ist vorüber, jetzt gilt wieder die Normalzeit. Am vergangenen Wochenende mussten deshalb alle Uhren zurückgestellt werden. Das klappt ganz gut, nur bei der Wasseruhr im Keller hatte ich gewisse Probleme.
Es dauert ja immer eine gewisse Weile, bis der neueste Trend aus den USA über den Atlantik auch zu uns herüber schwappt. Dann aber saugen wir alles auf, was nach coolem Vergnügen aussieht und äffen es nach. Wie zum Beispiel bei "Halloween" am Reformationstag, 31. Oktober. Früher kannte man diesen Begriff ja nur, wenn Eduard Zimmermann in seiner Sendung "Aktenzeichen XY" in einer Direktschalte seinen Kollegen Peter Nidetzky in der österreichischen Hauptstadt begrüßte.
Mit dem Auto auf den Friedhof
Apropos US-amerikanische Einflüsse: In den Tagen vor Allerheiligen trauten Friedhofsbesucher ihren Augen kaum, als gleich mehrere Autofahrer ihren guten Anstand vergaßen und mit ihren Pkws mitten in den Gerolzhöfer Friedhof fuhren. Mitarbeiter des Bauhofs hatten wohl vergessen, das hintere Tor an der Kaplan-Jäger-Straße zu schließen. Diese Gelegenheit darf man sich nicht entgehen lassen, dachten einige, und kurvten mit ihrem Wagen nach amerikanischer Manier auf den Hauptwegen bis vor zum Platz an der Leichenhalle. Denen möchte man am liebsten zurufen: Wohl zu viele US-Serien geguckt, oder was?
Schnee auf den Chrysanthemen
Stichwort Allerheiligen. Es gibt nur wenige andere Tage wie Allerheiligen, an denen einem so nachdrücklich auffällt, wie weit der Klimawandel in unseren Breiten bereits fortgeschritten ist. In meiner Kindheit war es praktisch Standard, dass es beim traditionellen Friedhofsgang nasskalt und ungemütlich war. Oftmals stand man mit Winterstiefeln im Schnee vor dem Familiengrab. Von den großen gelben Blüten der Chrysanthemen wurde schnell noch das weiße Schneehäubchen abgeschüttelt und am Abend holte man dann die Schnittblumen - gegen die Minusgrade gut geschützt in Zeitungspapier eingewickelt - wieder heim nach Hause, damit sie nicht dem Nachtfrost zum Opfer fallen und an Allerseelen zu arg die Köpfe hängen lassen.
- Hier gibt es weitere Rückblicke der Reihe "Vogts Woche"
Und heutzutage? Da hängen noch die meisten Blätter an den Bäumen und es weht ein laues Lüftchen. Wintermantel und Stiefel können noch im Schrank bleiben. Die Brunnen im Friedhof sind noch nicht abgestellt und man braucht deshalb das Blumenwasser für die Vase nicht extra in einer Flasche mitzubringen. Natürlich ist so ein Klima an Allerheiligen angenehmer. Aber es macht einen auch betroffen.
Probleme im Süden
Betroffenheit herrscht auch im Süden der Stadt, wo binnen weniger Tage auf zwei verschiedenen Baustellen zwei Arbeiter in Rohbauten abgestürzt sind. Zweimal musste sogar der Rettungshubschrauber landen. Irgendwie ist da der Wurm drin im "Nützelbach II". Von Anfang an ist hier alles andere als rund gelaufen. Erst gab es ein Bürgerbegehren, dann die Verzögerungen bei der Erschließung, weil erst die Stadt vergaß, für eine Schwarzbrache zu sorgen, dann nistete die Lerche, dann kam Corona, dann die akute Materialknappheit, schließlich stiegen die Preise und die Darlehenszinsen. Zuletzt sprang bei der ÜZ die Bohrfirma für die Kaltwärmeversorgung ab.
Solche Probleme kannten die Menschen am Übergang der Bronze- zur Eisenzeit sicher nicht, die vor 3000 Jahren einst hier siedelten. Ob man vielleicht deren Geister verärgert hat?