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Schweinfurt
Gewalt an Impfzentren: "Es steht auf Messers Schneide"
Impfteams werden beschimpft und bedroht. Der Chefarzt des Schweinfurter Impfzentrums, Dr. Markus Hüttl, sagt: "Meine Leute sind maximal psychisch belastet."
Auch vor dem Impfladen in der Stadtgalerie ist es zu Beinahe-Übergriffen auf das Impfteam gekommen. Dort kann man sich nur nach vorheriger Terminvereinbarung impfen lassen.
Foto: Marcel Dinkel | Auch vor dem Impfladen in der Stadtgalerie ist es zu Beinahe-Übergriffen auf das Impfteam gekommen. Dort kann man sich nur nach vorheriger Terminvereinbarung impfen lassen.
Irene Spiegel
 |  aktualisiert: 09.02.2024 08:26 Uhr

"Es steht auf Messers Schneide." So beschreibt der Chefarzt des Schweinfurter Impfzentrums, Dr. Markus Hüttl, die aktuelle Lage an den Impfstellen in Stadt und Landkreis Schweinfurt. Seine Corona-Impfteams haben in den vergangenen Tagen mehrfach die Aggressivität und Wut von vergeblich wartenden Impfwilligen zu spüren bekommen. Traurige Spitze der Eskalation war ein Termin des Impfbusses Mitte November in Werneck. Dort hatten aufgebrachte Menschen versucht, den Bus zu stürmen.

Aufgrund der Booster-Impfungen herrscht im Moment großer Andrang an den Impfstellen. Laut  Hüttl hatte sich an dem besagten Impftermin in Werneck vor dem Bus eine lange Menschenschlange gebildet. Unter den Wartenden habe es schon vorab Streitigkeiten wegen Drängelei gegeben. Die Situation eskalierte, als am Ende des Impftermins feststand, dass nicht alle in der Schlange geimpft werden können. Zum einen, weil kein Impfstoff mehr da gewesen sei, zum anderen, weil für das Impfteam nach gut 190 Impfungen und ganztägigem Einsatz der Dienst an diesem Tag beendet war. Das hätten einige der Wartenden nicht einsehen wollen. Sie weigerten sich zu gehen und versuchten, in den Bus zu drängen. "Einige Mitarbeiter wurden beschimpft und bedroht", berichtet Hüttl.

Auch vor der Impfstube in der Stadtgalerie war es in zu Beinahe-Übergriffen gekommen. Seit dem 22. November gilt dort wie im Impfzentrum auf dem Volksfestplatz nur noch Impfen nach Terminvereinbarung, um den aktuellen Ansturm auf die Impfangebote und die langen Wartezeiten in den Griff zu bekommen. Diese Änderung war manchen Wartenden wohl nicht bekannt, weshalb es auch hier zu einer bedrohlichen Situation gekommen sei. Menschen seien auf das Personal mit wütenden Blicken und verbal Attacken losgegangen. Eine Mitarbeiterin habe dies so beschrieben: "Das ist, wie wenn eine Wand auf dich zukommt."

Polizei bewacht die Impftermine

Stadt und Landratsamt haben inzwischen reagiert und die Polizei gebeten, die Impftermine stärker zu bewachen. Besonders gegen Ende der Impfzeiten sollen Polizeistreifen nun verstärkt vor Ort Präsenz zeigen. Hüttl unterdessen versucht täglich, seinen Impfteams "Mut und Hoffnung" zu geben, mit Gesprächsrunden oder gemeinsamen Essen. Das sei sehr wichtig für die Motivation. "Meine Leute sind wirklich maximal psychisch belastet."

Auch physisch sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Impfzentrums an ihrer Belastungsgrenze. "Ein Team impft 190 Leute und mehr am Tag, obwohl wir nur 100 Impfungen machen müssten", so Hüttl. Danach seien alle wirklich geschafft. Inzwischen hat die Staatsregierung die Aufstockung der Kapazität der im Sommer mangels Nachfrage zurückgefahrenen Impfzentren bis zum Maximum wieder erlaubt. In Schweinfurt sind mittlerweile sieben der zehn Teams wieder im Einsatz. Auf vollen Touren kann laut Hüttl noch nicht gefahren werden, weil das Personal fehlt. "Wir suchen händeringend Leute." Es mangelt nicht nur an administrativen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sondern auch an medizinischem Support-Personal und an Ärztinnen und Ärzten. 

Ein Impfteam besteht aus fünf Mitgliedern. Als im Sommer die Kapazitäten auf drei Teams heruntergefahren wurden, hätten sich natürlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter andere Aufgaben gesucht. Manche seien wieder zurückgekommen, doch die Rekrutierung von Personal sei jetzt schwieriger als während des Lockdowns 2020, wo viele Menschen einen Job gesucht haben. Ziel ist es laut Hüttl, schnellstmöglich wieder auf neun bis zehn Impfteams hochzufahren. Denn: "Wir wollen Vollgas geben."

Impfangebote

Wer sich impfen lassen will, kann sich ab sofort direkt online beim Impfzentrum für seine Erstimpfung, Zweitimpfung und auch Auffrischimpfung anmelden. Zu allen Impfungen sollte nach Möglichkeit der Impfpass mitgebracht werden (bei fehlendem Impfpass wird vor Ort eine entsprechende Bescheinigung ausgestellt). Bei vorherigen Impfungen, die nicht im Impfzentrum Schweinfurt durchgeführt wurden, sollten die Impfbescheinigungen mit QR-Code mitgebracht werden, außerdem ein gültiger Personalausweis, Reisepass oder Führerschein sowie möglichst schon der ausgefüllte Aufklärungsbogen sowie der Anamnesebogen. Beides kann man auf den Seiten des RKI abrufen.
Über die Software für die Terminvereinbarung werden Impftermine grundsätzlich immer für die folgenden 7 bis 14 Tage angeboten. Aufgrund der aktuellen Umstrukturierung der Impfkapazitäten und der geschilderten Unsicherheiten bei der Impfstoffversorgung, ändert sich das täglich, weshalb regelmäßig in das Portal geschaut werden sollte, um einsehen zu können, wann der passende Terminzeitraum freigeschaltet ist.
Wem eine Online-Terminvereinbarung oder -Registrierung nicht möglich ist, dem steht von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr die Hotline zur Verfügung: Tel. (08 00) 877 28 34 zur Verfügung.
Als niederschwelliges Angebot ist weiterhin von Montag bis Mittwoch der Impfbus in Stadt und Landkreis Schweinfurt unterwegs. Die Termine können unter www.landkreis-schweinfurt.de/sofortimpfung abgerufen werden.
Quelle:  Landratsamt Schweinfurt
 
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  • M. S.
    Interersanter Weise müsste eigentlich niemand zu lange Warten. Offenbar sind diese Leute aber nicht in der Lage das Internet zu bedienen oder Zeitung zu lesen oder haben niemanden der ihnen dabei hilft oder sind schlichtweg zu doof sich ordentlich zu informieren.
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  • U. L.
    Die einen werden agressiv, weil sie geimpft werden wollen, die anderen, weil sie geimpft werden sollen.

    Eines steht für mich fest: Ein großer Teil meiner Mitbürger hat ein Persönlichkeitsdefizit. Anstand, Verantwortungsbewusstsein... Fehlanzeige.

    Bisher empfand ich Deutschland als nicht besonders lebenswertes Land, weil wir so unterirdisch schlecht regiert werden. Jetzt kommen weitere Gründe dazu.
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  • K. F.
    zum einen: wenn man schon sich früher bostern oder auffrischen lassen kann, hätte man auch früher gehen können. aber urlaub ist ja wichtiger als impfung, für viele zumindest!
    man hätte viel früher auch mit den sperren ins ausland fahren zu können anfangen müssen, dann hätten wir weniger probleme jetzt!
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  • S. K.
    In GEO kann man sich auch übers Internet anmelden. Schlimm dass schon die Polizei die Impfwilligen unter Kontrolle halten muss. Wobei alles zZ gereizt sind, vor allem wenn mal wieder nicht alles so klappt wie es sollte...aber Aggression und Gewalt sind da völlig fehl am Platz! Die Impfkräfte können nun wirklich nichts dafür!!
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  • G. A.
    Auffrischungsimpfungen gab es im Impfzentrum Giebelstadt schon im August, da waren manche im Urlaub.
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  • M. S.
    Nach der damals gültigen 6-Monatsregel waren im August diejenigen berechtigt einen Booster zu bekommen, die im Februar bereits die zweite Impfung bekommen haben. Abgesehen vom medizinischen Personal waren das insbesondere Bewohner von Altenheimen und Hochbetagte, da am Anfang des Jahres der Impfstoff absolute Mangelware war. Ich glaube nicht, dass viele aus dieser Gruppe im August im Urlaub waren.
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  • H. H.
    Verfl### nochmal

    von August bis Oktober war so gut wie nichts los, weil anscheinend alle geglaubt haben, sie kommen so davon, und jetzt kriegen alle die Krise.

    Man könnte fast auf die Idee kommen, die Leute sollten mal als allererstes eine Nummer ziehen, dann warten bis sie aufgerufen werden, und jede/r Aufgerufene kriegt an der Ausgabeluke die Spritze in die Hand gedrückt zur Selbstmedikation. Auf die Weise lernt dann wahrscheinlich auch die letzte Schlafmütze, was Leuten blüht, die erst kommen, wenn es eigentlich schon zu spät ist. Also ich kapiers nicht.
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  • M. S.
    "Aufgrund der Booster-Impfungen herrscht im Moment großer Andrang an den Impfstellen."

    Ich glaube nicht, dass das Chaos wegen der Erstimpfungen so groß ist. Beispielsweise waren von den gestern verabreichten ca. 532T Impfungen in DE etwa 422T Impfungen Auffrischungsimpfungen.

    Bei all dem Unverständnis für die diejenigen, die jetzt erst auf die Idee kommen sich überhaupt impfen zu lassen: Das Problem liegt auch v.a. darin, dass die Booster-Impfungen schlecht geplant wurden und lange Zeit das Boostern für alle auch in Frage gestellt wurde.

    https://www.n-tv.de/panorama/Alle-Daten-alle-Fakten-zur-Corona-Impfung-article22249335.html
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  • G. H.
    ...genau! Weil nicht wirklich die Zeitschiene der Booster-Impfung korrekt kommuniziert wurde!
    Erst hieß es nach 6 Monaten eventuell, spätestens nach 9 Monaten, dann urplötzlich, nach 5 Monaten, am besten noch besser nach 4 Monaten....!?
    Zuerst wurden die Menschen aber, die die 6 Monate noch nicht hinter sich hatten, wieder von den Impfzentren heim geschickt...also alles wirklich etwas chaotisch!
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  • M. S.
    Es ist noch gar nicht so lange her, da wurde sogar vermutet, dass die Booster nur für die älteren Mitbürger notwendig wären. Da wurde durchgehend betont, dass die jüngeren Menschen auch so sehr gut geschützt wären und es ethisch nicht vertretbar sei, dass hier die ganze Bevölkerung eine dritte Dosis bekommt, während es Länder gibt in denen noch viele Menschen die erste Dosis nicht haben. Auch wenn der Gedanke nobel und nachvollziehbar ist, haben die Daten aus Israel schon damals stark darauf hingedeutet, dass auch bei uns ein flächendeckender Booster notwendig / sinnvoll ist. Innerhalb kürzester Zeit hat sich dann die Meinung komplett gedreht.
    Die Kommunikation ist einfach grauenhaft und Verunsicherung bei vielen leider vorprogrammiert.
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  • M. S.
    die meisten Leute die kommen warten auf ihre Auffrischimpfung (neudeutsch "Booster"). LEIDER ist das der größte Teil und nicht die Personen die zur Erstimpfung kommen.

    Und zumindest, die Leute welche auf eine Booster-Impfung warten konnten noch nicht im August bis Oktober kommen, da die fünf/sechs Monate noch nicht vorbei waren und Auffrischimpfungen nicht in dem Maß vorgesehen waren.

    Ich bin Befürworter der Impfpflicht aber das man den Ungeimpften nun unterstellt sie seien für den Ärger an den Impfstellen verantwortlich halte ich für falsch.

    Gerade in meinen Umfeld kenne ich viele denen es mit einer Auffrischimpfung nicht schnell genug gehen kann; darunter sind einige denen ich leider zutrauen würde sich "ungebührlich" zu verhalten.

    Es ist doch jetzt eine ähnliche Situation wie im Februar/März/April vergangenen Jahres. Da haben auch einige versucht mit allen Tricks vorher dran zu kommen und haben ihren Ärger Luft gemacht.
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