zurück
Schleerieth
Gesunde Böden speichern mehr Kohlendioxid als Wälder: Wie Humus als Klimaretter funktioniert
Am Modellvorhaben 'HumusKlimaNetz' der Bundesanstalt für Landwirtschaft, das den Humusvorrat im Ackerboden erhöhen will, beteiligt sich der Schleeriether Bio-Landwirt Herbert Krückel als einer von deutschlandweit 150 Bauern.
Foto: Silvia Eidel | Am Modellvorhaben "HumusKlimaNetz" der Bundesanstalt für Landwirtschaft, das den Humusvorrat im Ackerboden erhöhen will, beteiligt sich der Schleeriether Bio-Landwirt Herbert Krückel als einer von deutschlandweit 150 ...
Silvia Eidel
 |  aktualisiert: 27.03.2023 02:33 Uhr

Die Klima-Zeitbombe tickt, warnt der Weltklimarat eindrücklich. Menschengemachte, klimaschädliche Treibhausgase wie Kohlendioxid müssen sehr schnell drastisch gesenkt werden. Auch die Landwirtschaft steht in der Verantwortung: Sie müsste vor allem die Humusvorräte im Boden erhöhen, weil Humus sehr große Mengen an Kohlenstoff bindet. Aktuell läuft dazu ein wissenschaftlich begleitetes Modellprojekt der Bundesanstalt für Landwirtschaft, das "HumusKlimaNetz", mit 150 Landwirten in Deutschland. Herbert Krückel aus Schleerieth darf teilnehmen.

Humus ist einer der wichtigsten natürlichen CO2-Speicher. Laut des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, das das Modellvorhaben fördert, binden landwirtschaftliche Böden in Deutschland insgesamt 2,5 Milliarden Tonnen Kohlenstoff in Form von Humus, davon 1,3 Milliarden Tonnen in Äckern. Gesunde, humusreiche Böden speichern mehr Kohlendioxid als alle Wälder auf der Welt. Sie sorgen außerdem für reiches Bodenleben, für Bodenfruchtbarkeit, den Wasserhaushalt und die Nährstoffverfügbarkeit.

Humus entsteht, wenn sich Biomasse zersetzt

Humus entsteht, wenn sich Biomasse zersetzt. Dabei wird der in der Biomasse enthaltene Kohlenstoff, den die Pflanze zu Lebzeiten der Atmosphäre in Form von CO2 entzogen hat, im Boden mittel- bis langfristig gebunden. Je mehr Humus also aufgebaut werden kann, desto besser für den Klimaschutz. Doch tatsächlich verlieren Ackerböden jährlich durchschnittlich 0,19 Tonnen Organischen Kohlenstoff pro Hektar.

"Wir müssen aber noch viel mehr machen, sodass möglichst alle Flächen immer grün sind und dass viel organische Substanzen vorhanden sind."
Herbert Krückel, Bio-Landwirt

"Das Ziel des HumusKlimaNetz ist, die Humusvorräte in Ackerböden mit verschiedenen Maßnahmen zu erhalten und zu erhöhen", erklärt Sander Hoogendam. Dazu zählt etwa die Anpassung der Fruchtfolge. Humuszehrer wie Rüben, Kartoffeln oder Silomais verringern, Humusmehrer wie Kleegras, Miscanthus (Chinaschilf) oder die Durchwachsene Silphie – für Biogasanlagen – erhöhen den Gehalt. Auch Zwischenfrüchte nach der Ernte zu säen, Untersaaten unter Mais oder Getreide zu verwenden, Blühstreifen anzubauen, Hecken oder Baumreihen zu setzen sowie Obstbäume oder Plantagen zur Energiegewinnung zu pflanzen, können Beiträge sein. Auf verschiedenen Standorten in zehn deutschen Regionen sollen die wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Praxis getestet und angepasst werden.

Viele Landwirte machen bereits viel für die Humusbildung

Hoogendam koordiniert für die Auftragnehmer des Bundesprojekts, den Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) und den Deutschen Bauernverband (DBV), das Demonstrationsvorhaben. In der Region Süd-West-Mitte fand nun das erste Treffen des "Humus-Clubs" mit 16 Landwirten – konventionell und ökologisch wirtschaftenden Betrieben – auf dem Biohof Krückel in Schleerieth statt. "Es geht um die Zukunft unserer Böden", begründet Herbert Krückel sein Interesse. Der Bio-Landwirt ist der einzige Teilnehmer aus dem Landkreis Schweinfurt.

Um mehr Humus im Ackerboden zu erhalten, müssen mehr organische Substanzen, sprich: abgestorbene Pflanzen, wie hier in die Erde gelangen.
Foto: Silvia Eidel | Um mehr Humus im Ackerboden zu erhalten, müssen mehr organische Substanzen, sprich: abgestorbene Pflanzen, wie hier in die Erde gelangen.

Auf seinem Naturland-Betrieb mit 50 Hektar Fläche und einer Legehennenhaltung mit 3300 Tieren nutzt er wie viele seiner Berufskollegen bereits diverse Möglichkeiten zur Humusbildung: Zwischenfrüchte nach der Ernte oder Untersaaten unter Getreide, Mais oder Ackerbohnen. "Wir müssen aber noch viel mehr machen, sodass möglichst alle Flächen immer grün sind und dass viel organische Substanzen vorhanden sind", meint er.

Allerdings ist die hiesige Trockenheit, gerade bei der Aussaat von Zwischenfrüchten nach der Ernte, ein Problem. "Manche sagen, mit der richtigen Technik geht es trotzdem", hat er erfahren. Von den anderen Teilnehmern des HumusKlimaNetz ist er beeindruckt: "Da passiert schon ganz viel, selbst Baumreihen im Acker für Agroforst hat einer gepflanzt". Dass sich die Betriebe vernetzen und voneinander lernen, zählt zu den Zielen der zehn "Humus-Clubs".

"Es geht um die Fruchtbarkeit unserer Böden"

Wissenschaftlich begleitet wird das Modellvorhaben vom Thünen-Institut für Forschung und Politikberatung. "Es analysiert den Klimanutzen der humusaufbauenden Maßnahmen auf der Grundlage von Klimamodellen und Bodenproben", erklärt Hoogendam.

Um auch die pflanzenbaulichen und wirtschaftlichen Effekte beurteilen zu können, müssen die Landwirte ihre Daten für jeden Ackerschlag in eine Datenbank eingeben. Auf dieser Basis werden dann Klimabilanzen erstellt, schlag- und produktspezifisch sowie gesamtbetrieblich. Für ihren Aufwand an Dateneingaben und Saatgut erhalten die Landwirte eine Förderung, erklärt der Koordinator. Bis Ende 2027 läuft das Modellvorhaben zunächst. "Für den Humusaufbau ist das sehr kurz", weiß auch Hoogendam. Deshalb sollen wohl nach zehn Jahren die Flächen noch einmal beprobt werden.

Biobauer Krückel will für seinen Part den Humusaufbau auf einem frisch gepachteten, bislang konventionell bearbeiteten Acker durch spezielle Bodenbearbeitung sowie mit Zwischenfrüchten und Untersaaten unterstützen. "Es geht um die Fruchtbarkeit unserer Böden".

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schleerieth
Silvia Eidel
Bio-Bauern
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft
Deutscher Bauernverband
Ernte
Intergovernmental Panel on Climate Change
Kohlendioxid
Kohlenstoff
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top