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SCHWEINFURT
Gespräch mit dem Schweinfurter „Wetterfrosch“
Im Garten stehen die Messgeräte: Hans-Jürgen Dörnhöfer zeichnet die Daten auch für die Tageszeitungen auf.
Foto: Gerd Landgraf | Im Garten stehen die Messgeräte: Hans-Jürgen Dörnhöfer zeichnet die Daten auch für die Tageszeitungen auf.
Von unserem Redaktionsmitglied Gerd Landgraf
 |  aktualisiert: 04.09.2012 17:23 Uhr

Hans-Jürgen Dörnhöfer notiert seit dem Jahr 1952 mit wissensschaftlicher Akribie das Schweinfurter Wetter. Wetterprognosen sind nicht seine Sache. Was er über das Wetter sagt, kann er belegen – auch den Klimawandel in Beispiel Schweinfurt.

Donnerstag, 16. August, Mittagszeit. Dörnhöfer ist neugierig und schaut nach dem Schauer bei den Messgeräten im Garten nach. In Sachen Regen hat der Schweinfurter Sommer 2012 gerade sein Soll von 199 mm (199 Liter pro Quadratmeter) überschritten.

Dass Schweinfurt die trockenste Ecke in den deutschen Landen ist, stimme nicht, sagt der pensionierte Lehrer. Vor der Wende sei Schweinfurt einer der trockensten Flecken in der Bundesrepublik gewesen, – jetzt einer der trockenen. Die Regenmengen haben sogar zugenommen, weiß Dörnhöfer. Das Jahresmittel von 651 mm wurde in der jüngeren Vergangenheit ständig überboten.

Das Wetter spinnt. Dörnhöfer formuliert es zwar nicht so, doch die immer öfters auftretenden Trockenperioden und die trotzdem nässer werdenden Jahre sprechen Klartext. 2012 liefert ein Beispiel. Das Jahr begann mit einem nassen Januar, dem vier trockene Monate folgten. Der Juni und der halbe Juli waren dann extrem nass, ehe es in vier Wochen nur einmal und dann auch gleich richtig viel regnete: 26,9 mm am 28. Juli. Im langjährigen Schnitt bringt es der gesamte Juli in Schweinfurt auf 60 mm. Der nächste Regen kam am 7. August (5 mm) – und dann über 10 mm am 16. August. Trotzdem: Sein Soll hat der Sommer (bis 31. 8.) an diesem Tag bereits erreicht.

Die Statistik zeigt ein Auf und Ab. „Schlecht für die Pflanzen“, kommentiert Dörnhöfer. Das gilt heuer auch für die Temperaturen. Wie seit Jahren üblich brachten die Eisheiligen keine Kälte. Doch dann gab es Frost am 17. Mai und die Kirschblüte erfror. Frostschäden hatte es auch schon im April gegeben.

Dem Klimawandel ist Dörnhöfer seit 2004 mit einer eigenen Informationsreihe auf der Spur. Die relevanten Daten stammen alle aus seinen Aufzeichnungen. 2004 wurde mit Bedacht gewählt. Es war das Jahr nach dem extrem heißen Sommer 2003. Das Prachtwetter vor neun Jahren macht Dörnhöfer dafür verantwortlich, dass kaum einer glaubt, dass die folgenden Sommer allesamt zu warm ausfielen. Mit 2003 konnte allerdings keiner dieser Sommer konkurrieren.

Hans-Jürgen begann vor 60 Jahren als Schüler mit den Wetteraufzeichnungen. Sohn und Bekannte haben dafür gesorgt, dass sie lückenlos sind, dass auch notiert wurde, wenn Hans-Jürgen Dörnhöfer Urlaub machte. Seine erste Wetterstation war in Sennfeld. Vier Jahre später stand sie auf dem Gelände, auf dem jetzt in der Stadtgalerie eingekauft wird. Kurzzeitig waren die Messgeräte in der Mainberger Straße aufgebaut. Seit 1975 stehen sie im Garten seines Wohnhauses am Deutschhof.

Größtenteils zu warm fielen auch die letzten Winter aus. Zu den ausnahmen gehört der extrem kalte Dezember 2010. Auf stolzes 36 Zentimeter brachte es die Schneedecke – Rekord seit 1952. Auch schneite es in sechs Jahrzehnten in keinem Monat mehr als in diesem Dezember. Der vergangene Winter glänzte ebenso mit einer Kälteperiode – zwei Wochen im Februar, – und trotzdem waren Dezember, Januar und Februar zusammen zu warm. Die Durchschnittstemperatur lag bei + 1,5 Grad, das langjährige Mittel ist bei + 0,5 Grad.

Zu nass waren die Jahre 2006 mit 2010. Das Jahr 2007 brachte mit 905 mm den Rekord seit der Aufzeichnungen. 2011 fiel trockener aus, brachte nur 88 Prozent des Solls.

Starkregen gab es schon immer, sagt Dörnhöfer. Von einer markanten Änderung könne nicht die Rede sein. Gleiches gelte für die Gewitter. Bei den Stürmen hat Dörnhöfer ab 1990 (Orkan Wiebke) ein Minus notiert. Zugenommen haben die Sonnenstunden. Sie und die Temperaturverschiebungen würden den Klimawandel belegen. Zwölf zu warme Sommer in Folge seien eindeutig.

Für Hans-Jürgen Dörnhöfer hat die Klimaerwärmung in erster Linie natürliche Ursachen. Unbestreitbar sei zwar die Beteiligung des Menschen, doch Schwankungen habe es in der Wettergeschichte immer gegeben.

Nach dem Schauer kontrolliert Dörnhöfer an diesem 16. August in seinem Garten verschiedener Thermometer, die über dem Erdboden bis in eine Höhe von zwei Metern angebracht und in der Erde bis in eine Tiefe von drei Metern eingebracht sind. In einem kleinen Gartenhäuschen ist die Zentrale. Hier laufen Schreiber rund um die Uhr. Ob Luftdruck oder Luftfeuchtigkeit, Verdunstung oder Windrichtung, Wolkenzug, Niederschlag oder Sonnenschein – alles wird notiert.

Im Garten stehen die Messgeräte. Hans-Jürgen Dörnhöfer zeichnet die Daten auch für die Schweinfurter Tageszeitungen auf.
Foto: Gerd Landgraf | Im Garten stehen die Messgeräte. Hans-Jürgen Dörnhöfer zeichnet die Daten auch für die Schweinfurter Tageszeitungen auf.
 
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Kommentare
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  • christopher
    Der Wetterfrosch Dörni ist saucool. Hoffentlich bildet sich irgendwann eine facebook-Fangruppe.
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  • Sehr geehrte Mainpost Redaktion,

    199mm sind 199 Liter nicht 19,9 Liter.
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