Die Schweinfurter Industriegeschichte von 1770 bis 2020 im Überblick – das geht tatsächlich. Bewiesen hat das Bruno Osebold vom AKI-Förderkreis Industrie-, Handwerks- und Gewerbekultur Schweinfurt. Nach einer Idee von Hans-Georg Leimbach hat er eine Grafik entwickelt, auf der sich alle wesentlichen Entwicklungen, Firmengründungen und -geschichten, Produkte und teilweise sogar Lebensläufe nachvollziehen lassen.
Dennoch bleiben jede Menge Aspekte, die auf einer Ebene nicht unterzubringen sind. Das Poster ist deshalb erst der Anfang: Ziel ist es, eine anklickbare Datei zu entwickeln. So könnte man bei Namen wie Wilhelm Sattler, Georg Schäfer oder Ernst Sachs Biografien hinterlegen oder Produkte wie Schweinfurter Grün oder Freilaufnabe erläutern.
Der AKI weiß um die riesige Menge kollektiven Wissens, die es zu dem Thema noch gibt, und hofft dafür auf Wortmeldungen und Informationen aus der Bevölkerung (Adresse siehe unten).
Das Ergebnis wäre nichts weniger als ein digitales Lexikon der Schweinfurter Industriegeschichte. Aber auch in nichtdigitaler Form ist der „Stammbaum der Schweinfurter Industrie“ eine höchst informative Quelle. Anhand der Zeitachsen oben und unten kann der Betrachter die Entwicklung verfolgen. Außerdem sind hier lokale wie globale Ereignisse vermerkt, die Einfluss auf diese Geschichte hatten. Napoleons Kontinentalsperre etwa oder der deutsch-französische Krieg 1870/71. Die Entdeckung des für die Farbenproduktion wichtigen Stoffs Anilin 1826 (eine Entwicklung, die in Schweinfurt verschlafen wurde), der Bau des Schweinfurter Hauptbahnhofs 1874 oder die Zeit von Wälzlager-Kartell und Kugellager-Krieg Anfang des 20. Jahrhunderts.
Farbige Balken zeigen an, wie lange welches Unternehmen bestand oder besteht. So nahm die Schweinfurter Industriegeschichte vor 1780 ihren Anfang mit der Gründung der Bleiweiß- und Schrotfabrik Johann Martin Schmidt, dicht gefolgt von der Firma Gademann & Co. (1790), die ein gewisser Wilhelm Sattler 1807 verließ, um sein eigenes Unternehmen zu gründen, das bis 1929 bestand. Mit Pfeilen sind Verkäufe, Übernahmen, Ausgründungen dargestellt – besonders um die Wende zum 20. Jahrhundert war da einiges los.
Nachvollziehen lässt sich die allmähliche Perfektionierung der Kugelherstellung ebenso wie die Entstehung der großen Kugel- und Wälzlager-Unternehmen. Und immer wieder tauchen Persönlichkeiten auf. Johann Modler etwa erfand 1903 für Fichtel & Sachs die Freilaufnabe, deren Patent allerdings nicht unter seinem Namen eingetragen wurde. 1905 wurden bereits 382 000 Einheiten davon verkauft – Modler wollte einen höheren Anteil an den Erlösen, was ihm abgeschlagen wurde.
So wechselte er zur Ersten Automatischen Gußstahlkugelfabrik (später Kugelfischer), wo er 1912 – mit Patent unter eigenem Namen – das Tonnenrollenlager erfand. Reich geworden, machte er sich 1921 in Aschaffenburg selbstständig. Die Maschinenfabrik Johann Modler dort besteht heute noch.
Wer Informationen beitragen möchte, wendet sich per Mail an den AKI. Hier können auch Exemplare der Grafik in verschiedenen Größen bestellt werden (Kopierkosten): aki-schweinfurt@gmx.de