"Wir sind die Leute, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben." Ludwig Hartmann, Fraktionschef der Grünen im Landtag, rief launig den Button-Klassiker in Erinnerung. "Geo-net" hatte zum Neujahrsempfang ins FC-Sportheim geladen. Und lang, lang ist's her, dass die Ökopartei noch ein Bürgerschreck war. Die Listengemeinschaft ist, 18 Jahre nach dem Einzug in den Stadtrat, zwar grün geprägt, sieht sich aber als unabhängig. Entsprechend waren unter den rund 130 Besuchern neben Grünen-Parlamentariern wie Kerstin Celina und Paul Knoblach auch andere politische Gruppierungen vertreten.
Der Spruch von Hartmann war eher augenzwinkernd gemeint: Der Landsberger verwies stolz darauf, dass Bienen-Volksbegehren oder die "Fridays for Future"-Bewegung längst millionenfach Unterstützung finden. Hartmann plädierte für Wald- und Flächenschonung, eine lokale Energiewende nach dem Vorbild des kleinen Haßfurt, den Nationalpark Steigerwald oder die Reaktivierung der Steigerwald-Bahn. Zur Erneuerung von Bahnstrecken stünden jetzt Bundesmittel bereit.
Klimaschutz aktiv angehen
"Freiwilligkeit reicht nicht aus", meinte der Ehrengast zum Thema Klimaschutz und erinnerte süffisant daran, dass CSU-Innenminister Zimmermann bleifreies Benzin durchgesetzt habe, als es noch kein Bundesumweltministerium gegeben hat. FCKW-Verbot contra Ozonloch, Kraftwerks-Entschwefelung gegen Sauren Regen, Verbot von Phosphaten in Waschmitteln – diese frühen Erfolge sind für Hartmann Belege, dass entschlossenes Handeln auch in der Klimapolitik möglich wäre. Sein Fazit zu den Grünen: "Wir sind die Leute, auf die sich unsere Demokratie verlassen kann."
Ab und an sind Geo-net-Mitglieder bereit, dafür an Grenzen zu gehen: Stadtratskandidat Uwe Gratzky ist jüngst von einem Einsatz auf der "Sea Eye" zurückgekehrt, zur Flüchtlingsrettung im Mittelmeer. Ein Hauch maritimer Atmosphäre herrschte auch im Sportheim unter aufgespannter grüner Plane, die das lecke Dach abdichtet. Stadtrat Thomas Vizl verwies in seiner Rede darauf, dass seine Fraktion seit Jahren die Sanierung fordere. Ablehnung des Neubaugebiets Nützelbach II, Gerolzhofen als Tor zum Nationalpark Steigerwald, die Durchsetzung der Fair Trade-Stadt: Themen wie diese schreibt sich das Geo-Netzwerk auf die Fahnen.
Kreis- und Stadträtin Birgid Röder hatte einen Flyer der Kreis-SPD dabei und freute sich, dass die gezeigte Batterie grün ist: "Mit grüner Energie wird sich der Landkreis die nächsten Jahre sicher nachhaltiger, innovativer und sozialer gestalten." Lob gab es für Landrat Florian Töpper (SPD) als Unterstützer. Bei den Wahlen gehe es nun darum, die CSU-Dominanz im Kreistag zu brechen. Röder listete Erfolge auf, darunter einen Fair-Trade- oder plastiktütenfreien Landkreis. Auf dem Wunschzettel steht nicht zuletzt eine Änderung der Geschäftsordnung des Kreistags hin zur Aufwertung der Fachausschüsse gegenüber dem "omnipotenten" Kreisausschuss. "Ans Morgen denken" forderte Röder, die vor dem Preis des "Wachstums um jeden Preis" warnte. Als Frauenpolitikerin rief sie bewusst die grünen Kandidatinnen nach vorne.
Landrat Florian Töpper hielt die Laudatio für den Geo-net-Preis 2020
Landrat Töpper übernahm die Laudatio für den Geo-net-Preis 2020 und sorgte mit einem kleinen Seitenhieb für Heiterkeit: Es gehe in der Kommunalpolitik um Kompromisse, nicht darum, jemanden im "Eck-Zimmer" zu halten (Staatssekretär Gerhard Eck wurde an diesem Abend öfters touchiert, wenn es um "Bremser" grüner Politik ging). Töpper erinnerte an die verstorbene Autorin Gudrun Pausewang, bekannt für das Umwelt-Drama "Die Wolke". Bereits 1993 habe sie in "Der Schlund" das Erstarken einer rechtsextremen Partei beschrieben.
Gleichzeitig war es der Abend des Brexit. Der "GEO innovare-Preis" ging demonstrativ an Vertreter europaweiter und internationaler Gerolzhöfer Städtepartnerschaften. Anja Hümpfner und Rainer Schäfer standen für die "klassische" Freundschaft mit Mamers (Frankreich) und Scarlino (Toskana). Siegfried Brendel leitet den Austausch mit dem ungarischen Elek, wo der Kontakt schon auf Gerolzhöfer Emigranten des Jahres 1724 zurückgeht. Elke Friedl vertrat die erkrankte Karin Sauer, die via Mamers eine Dreiecks-Partnerschaft mit der Stadt Sé in Benin betreut: In Westafrika wird "Hilfe zur Selbsthilfe" geleistet. Enge Beziehungen gibt es seit 1992 auch nach Rodewisch im sächsischen Vogtland.
"Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, sollte Soldatenfriedhöfe besuchen", zitierte die ehemalige Patenschaftsbeauftragte Hannelore Hippeli in ihrer Dankesrede Jean-Claude Juncker. Auch ihr Vater ist im Krieg gefallen. Die Auszeichnung besteht aus einem Windlicht der Künstlerin Kerstin Krammer-Kneissl. Musikalisch für Emotionen sorgte das Trio Achim Hofmann ("Café Sehnsucht") sowie Julia und Luise Hertlein.