Eigentlich wollte Aaron Biegner für seine beiden Kuschelhasen in den Sommerferien ein Spielhaus bauen. Beim Bummel durch die Gerolzhöfer Garten- und Hofflohmärkte entdeckt der Zwölfjährige aus Dingolshausen eine kleine, filigran gezimmerte hölzerne Behausung, ideal für seine kuscheligen Langohren. Ein Hasenparcours für den kleinen Geldbeutel. Aaron ist glücklich. So wie dem Jungen ergeht es am Sonntag in Gerolzhofen Hunderte von Menschen. Sie erleben auf der Trödel-Meile: Nachhaltigkeit geht vor Gewinnstreben.
Strahlender Sonnenschein begleitet die Basarteilnehmer bei etwa 60 privaten Händlern. Die Standorte sind über das gesamte Stadtgebiet verteilt. Die Besucher haben viele Kilometer zu absolvieren, wenn sie allen Teilnehmern einen Besuch abstatten wollten. Im Zentrum servieren die Gaststätten kühle Getränke. In der Peripherie fehlen allerdings die Durstlöschstationen.
Der Preis ist Verhandlungssache
Das Angebot an Gebrauchtwaren in den Höfen, Garagen und Gärten ist riesig, Klamotten aus zweiter Hand dominieren das illustre Geschehen. Kleidung, Porzellan, Werkzeuge, Bücher und Gläser sind im Angebot. Die Preise sind jederzeit verhandelbar, wie es sich auf einem guten Basar eben gehört. Die Flohmarktstationen sind von der Straße aus gut zu erkennen. Luftballons und Hinweisschilder verraten den Besuchern: Bitte eintreten, hier ist ein Garten- und Hofflohmarkt.
Die Stimmung bei den Händlern und ihren Kunden ist super. Erfahrungen austauschen, fachsimpeln oder einfach nur gucken - für Langeweile ist hier kein Platz. Der Garten- und Hofflohmarkt ist eine Plattform für die ganze Familie, überall sind Gruppen unterwegs. In ihren Händen tragen die Teilnehmer Stadtpläne, in denen die Standorte der Aktion eingezeichnet sind. Die Tourist-Information hat die Flyer zur Orientierung drucken lassen.
Die Suche nach alten Radios
"Eine super Sache", meint Roman Sterk, denn "ohne den Plan wären viele Standorte nicht auffindbar." Sterk setzt auf Nachhaltigkeit. Zusammen mit seiner Frau ist er auf der Suche nach bereits getragenen Kleidungsstücken, "die noch gut sind". Ihn interessieren alte Radios, die er in versteckten Gassen findet. Zwei Fahrräder und die Orientierungshilfe aus der Tourist-Info sind dabei hilfreiche Begleiter.
Der Einfallsreichtum der Standbetreiber hat keine Grenzen. In der Hermann-Löns-Straße präsentiert eine Frau ihre Büstenhalter an einer großen Thuja im Garten. "Ich habe keinen besseren Platz zum Aufhängen gefunden", erklärt sie und lacht. Die Körbchengröße verrät sie nicht.
Aaron hat derweil sein Hasenhaus in den Kofferraum verfrachtet. Auf der Rundtour begutachtet er im Hof von Alfred Götz eine alte Modelleisenbahn aus dem Jahr 1949, eine echte Seltenheit. "Das alte Zeug muss der Nachwelt erhalten bleiben", schildert Götz seine Motivation. Aarons Freund Florian Gebhardt hat andere Dinge im Sinn. Ihn interessieren vor allem Videospiele und Automodelle zum Sammeln. Sein Favorit: "ein Mercedes SLC AMG".
In einem großen Innenhof in der Rügshöfer Straße versucht Manuela Barth gemeinsam mit sechs weiteren Laienhändlern ihr Verkaufsglück. "In der Gruppe am Flohmarkt teilzunehmen, macht riesig Spaß", erzählt sie. Die Einnahmen seien da nicht so wichtig. Beim genauen Hinsehen entdeckt man nostalgische Schmuckstücke, darunter alte Gaststättenlampen aus Porzellan.
500 Jahre alte Balken
Auf mächtigen Balken hat Elisabeth Orth in der Weiße-Turm-Straße Deko-Ware ausgebreitet. 500 Jahre haben die Eichenbalken auf dem Buckel und stehen zum Verkauf. Ein paar Häuser weiter verkauft Bernd Detsch in seiner Garage "alles, was ich in meinem langen Leben gesammelt habe", darunter rund 70 alte Zuckerdosen. "30 Dosen habe ich schon verkauft", sieht er sich auf Erfolgskurs.
In der Grabenstraße offerieren Vanessa Göbel und ihre Mama die Überbleibsel einer Wohnungsauflösung. Bücher, Spiele und Klamotten finden guten Absatz. "Es läuft super, der Aufwand lohnt sich", lautet ihr Fazit am frühen Nachmittag. Die Klamotten und Schuhe ihrer beiden Mädchen, die mittlerweile Teenager sind, verkauft Nicole Oehrlein. Sie ist etwas enttäuscht: "Im vergangenen Jahr war die Resonanz größer, da habe ich mehr verkauft." Die Töchter trennen sich schweren Herzens von ihrer Filly-Sammlung. "Das sind Pferdchen mit Magie."
Magische Momente beginnen auch für Aaron am Abend, als seine beiden Hasen das neue Zuhause beschnuppern. Er freut sich schon auf die nächste Schnäppchenjagd im kommenden Sommer.