Der Umbau des Alten Rathauses in Oberlauringen läuft. Hinter dem Gerüst wird das historische Fachwerkhaus in ein kleines Zentrum verwandelt, in dem die Besucher Friedrich Rückert kennenlernen und seine Zeit in Oberlauringen nachempfinden können.
Der Sohn eines Amtmanns verbrachte einen Großteil seiner Kindheit in diesem Dorf. 2016, wenn sich das Todesjahr Rückerts zum 150. Mal jährt und die Rückert-Orte in Franken und Thüringen den großen Dichter und Orientalisten feiern, soll die Sanierung des „Poetikums“ – so der Name des neuen Zentrums – abgeschlossen sein.
Im Erdgeschoss ist ein Veranstaltungszentrum geplant, im Obergeschoss eine Ausstellung, die ihren Fokus vor allem auf Rückerts Jahre in Oberlauringen (1793-1802) richtet. An dieser Stelle kommt die junge Freiburger Germanistin Nora Zügel ins Spiel, die kürzlich in Schweinfurt ein Manuskript vorstellte, das später Begleitband für die Ausstellung werden soll.
Acht Gedichte strich Rückert durch
Im Mittelpunkt ihrer Edition stehen 48 Gedichte, die Friedrich Rückert 1829 verfasst hat und die 1837 unter dem Titel „Erinnerungen aus den Kinderjahren eines Dorfamtmannsohns“ erstmals veröffentlicht wurden. Um genau zu sein, wurden damals nur 40 Werke veröffentlicht – vermutlich aus Platzgründen. Rückert selbst strich in seinem Originalmanuskript acht Gedichte durch und machte sie mit schwarzen Kringeln unleserlich.
Fast unleserlich. Denn Nora Zügel gelang es, jedes einzelne Wort zu entziffern. Was sie unter der Lupe nicht erkennen konnte, vergrößerte sie mit Hilfe von Photoshop und verstärkte die Kontraste zwischen den beiden Tinten, die Rückert erst zum Schreiben und später zum Streichen benutzte.
Großes Lob vom Rudolf Kreutner
Rudolf Kreutner, Geschäftsführer der Rückert-Gesellschaft und ausgewiesener Rückertspezialist, lobte die Arbeit der Germanistin, die den Gedichtzyklus mit unglaublicher Akribie wissenschaftlich bearbeitet und für die Besucher des künftigen Poetikums begreifbar gemacht hat.
Und so wird das Büchlein denn auch im renommierten Wallstein-Verlag Göttingen erscheinen, der auch die große Rückert-Edition herausgibt, die historisch-kritische Ausgabe seiner Werke, an der Rudolf Kreutner seit Jahren arbeitet – anfangs gemeinsam mit dem 2007 verstorbenen Hans Wollschläger.
Das Originalmanuskript der „Erinnerungen“ befindet sich im Besitz der Rückert-Gesellschaft. Als Nora Zügel ihr Manuskript in Schweinfurt vorstellte, sah sie es das erste Mal. Gearbeitet hat sie ausschließlich mit Scans. Die Gedichte sind autobiografisch gefärbt, sagt Zügel. Teilweise übte Rückert scharfe Kritik, beispielsweise an Karl August Reichsfreiherr Truchseß von Wetzhausen, der seinen Vater entlassen hatte.
Die Edition wird rechtzeitig zum Rückert-Jahr 2016 erscheinen und mit 9,90 Euro für jeden Besucher des Poetikums erschwinglich sein. Wann das Haus selbst eröffnet, steht noch in den Sternen. Es gibt zwar schon Überlegungen, sagt Dagmar Stonus, deren Kulturbüro FranKonzept Würzburg mit der Einrichtung des Zentrums beauftragt wurde.
Aber das genaue Konzept könne erst erstellt werden, wenn die Förderanträge über das LEADER-Programm gestellt sind. „Und da müssen noch formale Dinge geklärt werden“, erläuterte Bürgermeister Friedel Heckenlauer.
Der Umbau des Alten Rathauses ist mit 420 000 Euro veranschlagt
Ein paar Zahlen und Fakten konnten Heckenlauer und Stonus aber schon nennen: der Umbau des alten Rathauses ist mit 420 000 Euro veranschlagt, das Amt für Ländliche Entwicklung gibt einen Zuschuss in Höhe von 272 000 Euro. Für die Einrichtung sind Kosten von rund 360 000 Euro geplant. Dagmar Stonus: „Wir wollen mit einer multimedialen Inszenierung ein Bild von Oberlauringen um 1800 nachzeichnen, in das wir Rückerts Gedichte einbetten."Wir wollen mit einer multimedialen Inszenierung ein Bild von Oberlauringen um 1800 nachzeichnen, in das wir Rückerts Gedichte einbetten.“