Mit schwarzem Gehrock, Zylinder und einer repräsentativen Waffe in den Händen marschierte die Bürgerwehr auch in diesem Jahr zum Sebastianifeiertag auf. Neben dem sonntäglichen Gottesdienst bildete der Umzug den Höhepunkt zum Gedenken an das Pestgelübde aus dem Jahr 1611.
Für den Hauptmann der Bürgerwehr, Georg Wagner, stellte das diesjährige Fest ein Jubiläum dar. Bereits im 25. Jahr nahm er in seiner Funktion daran teil.
Im Gespräch sagte Wagner, dass die Welt in seinen 25 Jahren als Hauptmann stets mit Turbulenzen und Kriegen erfüllt war. Als er das erste Mal im Jahr 1991 als Bürgerwehrhauptmann auftrat, war gerade der zweite Golfkrieg ausgebrochen. In der Folge gab es in jedem Jahr Ereignisse für einen geschichtlichen Rückblick bei seinen mit einem Gebet für den Frieden versehenen Ansprachen am Ehrenmal.
Jedes Jahr wird dort dem Ersten und Zweiten Weltkrieg, dem kalten Krieg und der SED-Herrschaft gedacht. Dieses Jahr sprach Wagner zudem von den Flüchtlingsbewegungen angesichts der Kriege und Konflikte auf der Welt. Gerade für Christen erwachse daraus eine besondere Aufgabe. Erinnert hat er auch an das Blutbad der Taliban in Pakistan, die Ebola-Seuche, den Ukrainekonflikt, die Gewalttaten der Terrororganisation „Islamischer Staat“ und die kürzlichen Terroranschläge in Paris.
Solange Georg Wagner sich entsinnen kann, war es in Oberschwarzach immer Tradition der Bürgerwehr, mit Gehrock und Zylinder aufzutreten. Doch während man sich jetzt mit Holzgewehren und Holzäxten präsentiert, hatte man früher echte Waffen parat.
Die Holzgewehre sind nach Ende des Krieges 1945 gekommen, da die Waffen von den Alliierten eingezogen wurden. Unter anderem hat sie damals Edmund Seger aus Oberschwarzach angefertigt.
Geschossen wird aber immer noch. Denn die Jägerschaft aus Oberschwarzach und Umgebung schießt während des Gottesdienstes zum Evangelium, zur Wandlung und zur Kommunion. Weitere Schüsse fallen während der Kranzniederlegung im Rahmen der Totenehrung.
Los gehen die Rituale bereits am Vorabend des Sebastianitages mit dem Zapfenstreich, den die durch die Straßen des Ortes ziehende Steigerwaldkapelle spielt. So auch der Weckruf am Feiertag selbst, den um sechs Uhr früh zunächst der Trommler Horst Geck und anschließend die Kapelle ausführten. Der Zapfenstreich um 18 Uhr läutete den Schluss des Feiertages ein.
Im Mittelpunkt stand der vormittägliche Umzug der Bürgerwehr mit Gewehrträgern, Pionieren mit Äxten, den beiden Offizieren Erich Goldstein und Klaus Bördlein, dem Fähnrich Edgar Beck, dem Hauptmann und den Reservisten Erich Müller und Manfred Tröppner, die den Kranz für das Ehrenmal trugen.
Hinzu kamen die Steigerwaldkapelle und die Fahnenabordnungen der Feuerwehren Oberschwarzach, Breitbach und Siegendorf, der Soldatenkameradschaft Oberschwarzach sowie der DJK Oberschwarzach.
Die Aufstellung der Bürgerwehr, die Abzählung, die Begrüßung der Ehrengäste, das Einreihen im Zug mit der Bürgerwehr, der Zug zum Festplatz, das Abholen der Fahne aus der Kirche, ein Präsentiermarsch und der Einzug in die Kirche fand wie gewohnt zusammen mit dem Spiel der Steigerwaldkapelle und den Kommandos des Hauptmanns statt.
Den Gottesdienst feierten Diakon Albert Hein und Domvikar Paul Weißmantel, der auch die Predigt hielt. Zum zweiten Mal nach 2007 war er an dem Festtag zugegen. Ursprünglich sollte der verstorbene Generalvikar Karl Hillenbrand Sebastiani in Oberschwarzach besuchen.
Die sinnbildliche Standhaftigkeit des heiligen Sebastians war Leitmotiv von Weißmantels Predigt. Das Stehen selbst sei eine wichtige innere und äußere Haltung für das Leben in der Familie, in der Partnerschaft, im Beruf und im Alltag. Auch mache eine Gemeinschaft wie die Bruderschaft des heiligen Sebastians den Einzelnen stark, der vielleicht zu wenig Kraft habe, etwas durchzustehen.
Viele gestandene Frauen und Männer verleihen der Kirche ein Gesicht und investieren Zeit und Kraft in ihren Glauben, so Weißmantel weiter, der sich bei allen in der und für die Kirche Engagierten bedankte.
Laut Weißmantel schenke Gott den Menschen die Kraft und die Zeit des Lebens, damit man diese einsetze, um andere zu stärken und zu ermutigen. Sebastian sei ein gestandenes Mannsbild für Treue und Tapferkeit und dafür, dass es sich lohnt, für den Glauben einzutreten und Herzblut herzugeben.
Nach dem Gottesdienst stellte sich die Bürgerwehr am Friedhof auf, marschierte weiter zum Ehrenmal, zur der Ansprache des Hauptmanns und zur Niederlegung des Kranzes durch die Reservisten. Von dort ging es weiter zum Marktplatz, wo der Hauptmann seine Ansprache zum Pestjahr hielt. Das Zeugnis des heiligen Sebastian feiere man zu Ehren des Blutzeugen und Patrons der Schützen, so Wagner. Man erinnere an dessen Festigkeit im Glauben. Im Jahr 1611 fielen 158 Einwohner der Pest zum Opfer, darunter Pfarrer Johannes Kraus. Seit 404 Jahren stehe man zum Gelöbnis, den heiligen Sebastian als Patron von Oberschwarzach und als Glaubenszeuge zu ehren.
Schließlich wurde die Fahne zur Kirche zurückgebracht und man zog zum Marktplatz, wo der Hauptmann allen Beteiligten für die Treue zum Gelöbnis dankte.