Dr. Manfred Klein kritisierte bei seinem Abschied hart die Ökonomisierung der Medizin. Viele Ärzte sähen sich zunehmend von ihrem Gelöbnis weggedrängt.
31 Jahre lang war Dr. Manfred Klein als Chefarzt der Inneren Abteilung „seinem“ Krankenhaus, der Geomed–Kreisklinik in Wort, Tat und mit viel Energie verbunden. Das attestierte ihm Landrat Florian Töpper bei seiner Verabschiedung im stilvollen Rahmen des Steigerwaldzentrums. Der Chefarzt, den man sich ohne seine Fliege kaum vorstellen kann, wird offiziell am 31. Mai in den Ruhestand treten. Zu der Feierstunde waren zahlreiche Mediziner, auch die mittlerweile betagten klinischen Lehrer Kleins, die Professoren Klaus Wilms und Josef Walter, sowie zahlreiche andere Weggefährten gekommen.
Abteilung weiterentwickelt
Der Landrat belegte den Scheidenden mit zahlreichen positiven Attributen: Manfred Klein sei von absoluter Zuverlässigkeit und einem hohen Maß an Pflichtbewusstsein geprägt gewesen, habe Sinn für Gemeinschaft, Verständnis für seine Mitarbeiter und Teamgeist bewiesen. Zudem sei er immer konzentriert auf eine optimale Versorgung des Patienten und eine stetige Weiterentwicklung des Krankenhauses und seines medizinischen Spektrums gewesen, was manchmal auch unbequem für den Träger gewesen sei.
Töpper weiter: Ein kollegiales und patientenorientiertes Miteinander habe Klein am Herzen gelegen. Nicht nur durch sein fachliches Können, auch durch seine menschliche Nähe habe der Mediziner hohe Anerkennung bei seinen Patienten erlangt (einige von ihnen, die dem Arzt viel zu verdanken haben, waren unter den Gästen).
Zusammen mit seinem Chefarztkollegen Dr. Günter Fuchs, der zeitgleich mit ihm am 1. März 1987 ans damalige Kreiskrankenhaus gekommen war, habe Klein schnell dafür gesorgt, dass die neu gegründete Innere Abteilung eine hohe Akzeptanz erreichte.
Kraus wird alleiniger Chef
Am Ende gab Töpper bekannt, dass Chefarzt Dr. Alexander Kraus nach Abstimmung mit dem Verwaltungsrat künftig alleine die Verantwortung für die Innerer Medizin übernehmen wird. Statt eines zweiten Chefarztes soll der ärztliche Unterbau auf fachärztlicher Ebene breiter ausgebaut werden.
„Mit großer Leidenschaft hat Manfred Klein die Kardiologie vertreten“, sagte Dr. Michael Dietrich, Ärztlicher Direktor der Kreisklinik. Kleins Motto „Der Mensch im Mittelpunkt“ trete dank der Kommerzialisierung der Medizin immer weiter in den Hintergrund, klagte Dietrich. Und: „Leider ist das auch politisch so gewollt.“ Dabei sei es ganz wichtig, dass ein Arzt so wie Klein mit Empathie an seine Arbeit geht, das fachliche Können allein reiche nicht aus.
Wandbilder zum Abschied
Zwei prächtige Wandbilder mit Moses Maimonides, dem andalusisch-nordafrikanischen jüdischen Philosophen, Rechtsgelehrten und Arzt aus dem 12. Jahrhundert, und dem Genfer Gelöbnis der Ärzte von 1948, das 2017 erneuert wurde, überreichte Alexander Kraus dem scheidenden Kollegen.
Manfred Klein habe über viele Jahre die Klinik maßgeblich geprägt und gestaltet, attestierte Geomed-Geschäftsführer Wolfgang Schirmer. Bei ihm habe man auch gespürt, dass er großen Rückhalt aus seiner Familie bezieht. Unter dem Kardiologen haben in seiner Dienstzeit nicht weniger als 80 Assistentärzte gearbeitet. Mit dem neuen Chef Alexander Kraus sei die Zukunft der Inneren Abteilung gesichert, so Schirmer.
Klein: „Es geht um unser Krankenhaus“
„Groß und glücklich wäre der Meister, der alle seine Schüler größer machen könnte als er selbst war“, zitierte Manfred Klein den Philosophen Johann Gottlieb Fichte (1762-1814). Es gehe also nicht vorrangig um den Chef, sondern „um unser Krankenhaus, um die Fürsorge für unsere kranken Mitbürger, um die Medizin, die wie jeder Teilbereich unserer Gesellschaft auch deren Spiegelbild wiedergibt.“ Seit er vor 39 Jahren seine Approbation erhalten habe, haben sich Medizin und Gesundheitswesen rasant entwickelt. Klein wollte diese beiden Bereich aber bewusst getrennt verstanden wissen.
Kritik an Fehlanreizen für Ärzte
Denn in den Augen Kleins wurde die Ökonomisierung der Medizin in einer Geschwindigkeit vorangetrieben, die er nie für möglich gehalten hätte. Die Medizin sei dabei mit so vielen Fehlanreizen versehen worden, dass inzwischen auch die Fachgesellschaften Alarm schlagen und sich viele Ärzte nicht immer weiter von ihrem Genfer Gelöbnis wegdrängen lassen wollen.
In diesem Umfeld haben sich an der Kreisklinik Gerolzhofen trotzdem ideale Berufsbedingungen gefunden, lobte Klein. Nie seien ihm oder seinem Kollegen Günter Fuchs in den langen Jahren medizinisch notwendige Therapien aus Kostengründen versagt worden, nie sei Druck ausgeübt worden, eine besonders lukrative Behandlung ohne medizinische Not anzuwenden. Das sei das Verdienst der politischen Gremien im Landkreis, ein Umstand, der den Bürgern zu wenig bewusst sei.
Bürger haben Recht auf anständiges Haus
Das sei auch wichtig, weil den Bürgern ein anständiges, kein „anständigeres“ Krankenhaus zustehe, sagte Klein in Anspielung auf eine Aussage des neuen VW-Chefs Herbert Diess. Seit seinem elften Lebensjahr habe er den Traum gehabt, Krankheiten zu heilen oder zu lindern oder wenigstens Patienten zu trösten. Dieser Traum ist für Manfred Klein 39 Jahre lang in Erfüllung gegangen.
Der Feierstunde vorangegangen war ein hochkarätig besetztes Ärztesymposium, über das noch berichtet wird.