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Gerolzhofen
Geomaris: Corona-Pandemie treibt Defizit auf die Spitze
Die Jahresrechnung 2020 der Stadt Gerolzhofen zeigt: Investitionen in Millionenhöhe blieben aus. Dies ist gut für die Schulden, obwohl Zuschüsse für Einrichtungen steigen.
Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Bilanz des Geomaris in Gerolzhofen war im vergangenen Jahr verheerend. Der Betriebsleiter spricht von einer Million Euro, die dem Bad durch die Zwangsschließung entgangen sind.
Foto: Klaus Vogt | Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die wirtschaftliche Bilanz des Geomaris in Gerolzhofen war im vergangenen Jahr verheerend.
Michael Mößlein
 |  aktualisiert: 12.02.2024 01:38 Uhr

Zahlen, solange sie seriös ermittelt sind, lügen bekanntlich nicht. Deshalb ist der Jahresbericht zum Jahr 2020, den Kämmerer René Borchardt am Montagabend dem Haupt- und Finanzausschusss des Gerolzhöfer Stadtrats vortrug, ein objektiver Maßstab, um die Finanzkraft der Stadt zu beurteilen. Zugleich lässt sich daran abschätzen, was Gerolzhofen sich in nächster Zeit leisten kann, und was womöglich nicht (mehr). Insoweit ist es durchaus als Weckruf zu verstehen, als Arnulf Koch als Vorsitzender der CSU-Fraktion feststellte, dass der Stadt und dem Stadtrat der letztjährige Haushalt "um die Ohren geflogen" wäre, wäre dieser "realistisch kalkuliert" gewesen. 

Dahinter versteckt sich kein Vorwurf der Zahlentrickserei in Richtung Kämmerer, schob Koch gleich hinterher. Borchardts Arbeit verdiene größtes Lob. Auf was Koch eigentlich anspielte, waren die gut acht Millionen Euro, die die Stadt vergangenes Jahr gar nicht ausgegeben hat, obwohl sie als Ausgaben vorgesehen gewesen waren, etwa für Grunderwerb, Hoch- und Tiefbau. Dies führte einerseits dazu, dass die Stadt statt der geplanten 3,6 Millionen Euro keine neuen Schulden gemacht hat und der Schuldenstand mit 8,2 Millionen Euro zum Jahresende sogar 0,6 Millionen Euro niedriger lag als ein Jahr zuvor. Hätte man hingegen wie geplant investiert, hätte man bei fast 11,9 Millionen Euro im Minus gelegen.

Arnulf Koch spricht Klartext

Doch auf der anderen Seite, verdeutlichte Koch, sei für Stadt vergangenes Jahr "nichts Bleibendes von Wert" geschaffen worden. Und nur, weil eine Reihe von eigentlich notwendigen Projekten – aus welchen Gründen auch immer – einfach unerledigt blieben, habe die Stadt einen ausgeglichenen Haushalt "gerettet", wie der CSU-Fraktionsvorsitzende sich ausdrückte. Mit Blick auf die Kostentreiber ist für ihn klar: "Wir leisten uns schon sehr teure Einrichtungen." Sein Fazit: Gerolzhofen habe in den zurückliegenden Jahren über seine Verhältnisse gelebt.

Namentlich nannte Koch das Geomaris. Das Defizit des erst vor wenigen Jahren grunderneuerten Freizeitbades belief sich im Jahr 2020, wie sich Borchardts Vortrag entnehmen ließ, auf knapp 1,5 Millionen Euro – mehr, als dies beim "alten" Geomaris jemals gewesen seien, stellte Koch fest. Allerdings, darauf verwies Bürgermeister Thorsten Wozniak, enthalte das Defizit auch Tilgungen für das Bad, und bedingt durch Corona sei der Erlös durch Eintritte nicht mit normalen Jahren vergleichbar. Betriebsleiter Wolfgang Schulz beziffert die Mindereinnahmen aufgrund der Pandemie-Schließung gar auf eine Million Euro.

Betriebskosten-Defizit erreicht Rekordhöhe

Satte Defizite haben weitere Einrichtungen der Stadt aufzuweisen: die Stadtbibliothek benötigte einen Zuschuss von 222 000 Euro, der Bereich Fremdenverkehr 132 000 Euro, die Volkshochschule 47 000 Euro. Trotz Gebührenerhöhung waren die Abwasserbeseitigung (minus 139 000 Euro), die Wasserversorgung (minus 205 000 Euro) und das Bestattungswesen (minus 57 000 Euro) nicht kostendeckend. Summa summarum waren dies gut 2,4 Millionen Euro, die die Stadt für laufende Betriebe zuschießen musste - mehr Geld als je zuvor, und nochmals deutlich mehr als die 1,7 Millionen Euro Betriebskostenzuschuss im Jahr 2018, dem bisherigen negativen Rekordhalter.

Angesichts der vielen Minuszeichen gingen die – zugegeben spärlichen – positiven Nachrichten des Kämmerers fast unter: Die eingenommene Gewerbesteuer fiel für 2020 mit 2,8 Millionen Euro fast exakt doppelt so hoch aus als eingeplant. Die Einkommenssteuer ergab im Jahr des Corona-Ausbruchs Einnahmen von 4,4 Millionen Euro, was laut Borchardt den ersten Rückgang im Vergleich zu einem Vorjahr darstellt. Und noch ein Hinweis des Kämmerers ließ aufhorchen: Die Stadt hat in ihre Kläranlage mittlerweile über drei Millionen Euro investiert, die über Umlagen noch nicht abgerechnet wurden. Hier kommt auf die Grundbesitzer also noch eine Rechnung der Stadt zu.

Schulden liegen deutlich über Landesdurchschnitt

Der Schuldenstand betrug Ende 2020 gut 8,2 Millionen Euro. Umgerechnet auf 6876 Einwohner (Stand: 30. Juni 2019) ergibt dies 1192,60 Euro (Vorjahr: 1279,96 Euro) Schulden pro Kopf. Zum Vergleich: Der Landesdurchschnitt vergleichbarer Städte mit Badebetrieb liegt bei 728,00 Euro pro Kopf. Würden die enthaltenen Geomaris-Schulden rausgerechnet, wären es 4,8 Millionen Euro Schulden – 694,08 Euro pro Kopf.

Die Rechnungsprüfung des Stadtrats hat jetzt bis Ende dieses Jahres Zeit, die Jahresrechnung 2020 unter die Lupe zu nehmen. Anschließend muss der Stadtrat diese noch genehmigen.

 
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