Menschen, die durch die Stadt laufen und dabei, ohne zu telefonieren, gebannt auf ihr Handy starren, sind ja mittlerweile ein gewohntes Bild. Diese Leute spielen. Meist sind es Kinder und junge Erwachsene, die auf der Jagd nach Pokemons sind, nach „Pocket Monstern“, zu deutsch Taschenmonster. Es gibt bestimmte Stellen in der Stadt, meist sind es die bekannten Sehenswürdigkeiten, wo man per Handy diese mehr oder weniger starken Monster einfangen kann, um sie dann an ausgewiesenen Kampfplätzen aufeinander losgehen zu lassen. In der östlichen Allee am Friedhofsbrunnen befindet sich beispielsweise so eine Arena.
Es gibt aber auch vornehmlich jüngere Erwachsene, die mit dem Blick auf ihr Handy keine Taschenmonster sammeln, sondern die sich auf Schatzsuche begeben. „Geocaching“ nennt sich dieses Hobby. Geo was? Der Begriff hat mit der landläufigen Abkürzung GEO für Gerolzhofen nichts zu tun. Geocaching ist vielmehr eine Art von moderner Schnitzeljagd, bei der man mit einem GPS-Gerät oder einer Smartphone-App einen versteckten Schatz, den Cache, sucht. Um das Versteck zu finden, bekommt man als Tipp die geografischen Koordinaten aus Längen- und Breitengraden.
Der Schatz ist in der Regel ein wasserdichter Behälter, in dem sich verschiedene kleine Tauschgegenstände befinden. Zudem gibt es dort ein Buch, wo sich der Finder eintragen kann, um seine erfolgreiche Suche zu dokumentieren. Anschließend wird der Schatz – so will es die Cacher-Ehre – wieder an der Stelle versteckt, an der er zuvor gefunden wurde.
Aufwändig gestaltet
In Gerolzhofen und der näheren Umgebung sind mehrere solcher Schätze versteckt. Es sind quasi Geo-Geo-Cachings. Wenn man sich eine der diversen Such-Apps für Android oder i-Phone aufs Handy lädt, werden diese verschiedenen Geocaches automatisch angezeigt. Eine dieser digitalen Schnitzeljagden sticht aus dem Angebot besonders hervor, weil sie ausgesprochen aufwändig gemacht ist: „Du musst dran glauben“ (GC7CHFD) nennt sich diese Schatzsuche. Wie der Name schon verrät, dreht sich dieser Cache um die Thematik von Reformation und Gegenreformation – also um die Epoche in der Gerolzhöfer Stadtgeschichte, die im vergangenen Jahr vom Ensemble des Kleinen Stadttheaters beim Wandeltheater auf fünf Bühnen dargestellt worden war.
Im Gegensatz zu einfachen Caches, wo man die Koordination des Schatzes bekommt und gleich mit der Suche beginnen kann, handelt es sich bei „Du musst dran glauben“ um einen so genannten Multi-Cache. Hier sind die Koordinaten des Verstecks zu Beginn noch nicht bekannt. Man muss sich die Längen- und Breitengrade des Endpunkts erst durch das Finden verschiedener Stationen („Stages“) zusammensuchen. Der Multi-Cache entspricht also der klassischen Schnitzeljagd, wie man sie aus der Kindheit kennt und wo man mysteriösen Kreidezeichen gefolgt ist.
Zwei Kilometer langer Rundweg
Auf den Bühnen des letztjährigen Wandeltheaters wurden die Menschen des späten 16. Jahrhunderts mit ihren Gedanken, Freuden und Sorgen lebendig. Woran mussten, woran wollten sie glauben: an die althergebrachte Lehre oder an die neue des Augustinermönchs Dr. Martin Luther aus Wittenberg? Die Geschichte zeigte auch, welche Bedeutung diese Zeit der radikalen Umbrüche selbst für unsere Gegenwart noch hat. Der Cache „Du musst dran glauben“ ist eine rund zwei Kilometer lange geschichtliche Tour durch die Altstadt und stellt wie im Theaterstück die Sorgen und Nöte der Menschen zur Zeit von Fürstbischof Julius Echter vor.
Startpunkt der Schnitzeljagd ist an der evangelischen Erlöserkirche. An den angegebenen Koordinaten muss nach einem Aufkleber gesucht werden, auf dem ein so genannter QR-Code (Quick Response, zu deutsch: schnelle Antwort) aufgedruckt ist. Hält man sein Handy mit einer App zur QR-Code-Erkennung an den Aufkleber, öffnet sich automatisch ein Youtube-Video. In dem kleinen Film an der Erlöserkirche beispielsweise tritt der „Martin Rappold“ auf, der wie damals beim Wandeltheater wieder von Achim Winkelmann gespielt wird. Rappold erzählt kurz von seinem Zwiespalt zwischen der neuen und alten Religion, der ihn letztlich dazu veranlasste, Gerolzhofen zu verlassen und mit der Familie ins protestantische Bimbach zu ziehen. Dann stellt Martin Rappold alias Achim Winkelmann dem Geo-Cacher ein Rätsel, dessen Lösung eine Zahl ergibt, die sich der Jäger aufschreiben muss. Zuletzt bekommt der Schatzsucher die Koordinaten der nächsten „Stage“ mitgeteilt, also den Ort, wo der nächste QR-Code versteckt und das nächste Rätsel zu lösen ist.
Vier Videos mit Rätseln
Der Cache führt – ohne dass man schon zu viel verrät – an alle Spielstätten des Wandeltheaters. In den aus den QR-Codes generierten Videos treten neben Achim Winkelmann noch Bernd Beck (Pfarrer Stauber), Heiko Schnierer (Simon Rößer) und Stefan Mai (Lukas) auf.
Aus den während des Rundgangs an den Stationen gesammelten Lösungszahlen ergeben sich dann die Koordinaten, wo sich der Schatz befindet. Hat man die – im übrigen völlig unauffällige – Stelle gefunden, ist man aber noch immer nicht am Ziel, denn man braucht einen weiteren Code, um an den Schatz zu gelangen. Spannung pur. Besonders dieses so genannte „Final“ ist sehr aufwändig gemacht. Vergleichbares gibt es weit und breit nicht – mehr soll aber nicht verraten werden.
Lob für Würzburger Hilfe
Die Idee zu dem Projekt hatte Dr. Dietmar Kretz, Studienleiter der Katholische Akademie Domschule Würzburg, der auch schon bei der Planung und der Umsetzung des Wandeltheaters sich intensiv eingebracht hatte. Federführend bei der technischen Umsetzung war Oliver Ripperger, der Leiter der AV-Medienzentrale der Diözese Würzburg, unterstützt von Silvia Kirchhof (Leiterin des Wandeltheaters), der Touristinformation und der Stadt Gerolzhofen. Bei der offiziellen Vorstellung des Caches würdigte Bürgermeister Thorsten Wozniak das Engagement von Kretz und Ripperger. Die Schnitzeljagd sei ausgesprochen aufwändig gestaltet, so seien für die Aufzeichnung der Videos extra die Schauspieler des vergangenen Jahres nochmals reaktiviert und für sie neue Texte geschrieben worden. Tourismus-Chefin Beate Glotzmann ergänzte, man hoffe, mit dieser ausgezeichnet gemachten Caching-Tour durch Gerolzhofen neue Besuchergruppen zu erschließen.
Sehr gute Bewertungen im Internet
Der neue Cache kommt bei den digitalen Schatzjägern sehr gut an. Im Internet haben sie bereits zahlreiche positive Einträge hinterlassen. Eine Person mit dem Nickname „mentalo3d“ schreibt: „Wow! Dieser Cache ist seit einiger Zeit das Beste, was wir erlebt haben, modern, kurzweilig, informativ, authentisch, logisch mit einem genialen Finale. Großes Lob und vielen Dank! Wir konnte in die Vergangenheit abtauchen und fühlten förmlich die Irrungen und Wirren dieser Zeit. Froh darüber, in der Gegenwart zu sein, genossen wir die Frühlingssonne.“
Der Cacher „Hampelbambel“ meint: „Meine Eltern waren letztes Jahr beim Wandeltheater und waren äußerst begeistert. Als ich den Cache entdeckte, war klar, dass wir ihn beim nächsten gemeinsamen Besuch in Geo angehen. Der Cache mit den Videosequenzen ist sehr durchdacht und mit abwechslungsreichen Rätseln umgesetzt. Respekt! Hat viel Spaß gemacht und das Finale war noch eine Überraschung für sich!“