Zum Bericht in der Mainpost „Harter Kurs gegen die Steigerwaldbahn“, erschienen im Lokaltteil Gerolzhofen in der Printausgabe vom Samstag, 24. November, bedarf es in den Augen von Stadt- und Kreisrat Thomas Vizl (Geo-net bzw. Bündnis 90/Die Grünen) einiger weitergehender Erläuterungen, um den gesamten Prozess und die Hintergründe der Entscheidungen verstehen zu können.
Die Befürworter einer Reaktivierung der Bahnstrecke Schweinfurt-Gerolzhofen-Kitzingen sehen diese Strecke als Teil eines zukünftigen Mobilitätsangebotes, zu dem neben der Bahn auch Buslinien, Ruftaxi und Radwege gehören, schreibt Thomas Vizl in einer Stellungnahme. „Dazu gehören selbstverständlich auch das Auto und Wege, die wir zu Fuß gehen. Wir benötigen Verkehrswege um das wachsende Verkehrsbedürfnis der Menschen zu erfüllen.“
Während früher Wohnstätte und Arbeitsplatz, aber auch Einkaufsmöglichkeiten, Freizeitstätten und Ärzte nahe beieinander lagen, werden die Entfernungen heute immer größer. Es sei kein Einzelfall, dass eine Familie in Gerolzhofen oder Michelau wohnt, der Arbeitsplatz eines Familienmitglieds aber in Frankfurt ist und ein weiteres Familienmitglied im Großraum Nürnberg arbeitet. Und vielleicht gebe es noch ein Kind, das in München studiert. Die Lebenswelt habe sich gewandelt. Zunehmend erwarten vor allem junge Leute eine ähnlich gute Infrastruktur im ländlichen Raum, sonst werden sie die Heimat verlassen oder nach einer Ausbildung nicht mehr zurückkommen, befürchtet Vizl.
Auch an Ältere denken
Und: „Wir müssen auch an die älteren Menschen denken, die aus gesundheitlichen Gründen kein Auto mehr fahren dürfen. Auch sie wollen eine gute, möglichst barrierefreie Anbindung an die städtischen Zentren wie Würzburg, Nürnberg oder Frankfurt.
Es gebe also eine Vielzahl von guten Gründen, sich für einen modernen, öffentlichen Nahverkehr einzusetzen. „Wir wissen ja gar nicht, wie viele Menschen wegen der fehlenden guten Anbindungen sich nicht bei uns niedergelassen haben oder noch wegziehen werden.“ Dieser Prozess vollziehe sich schleichend.
Es habe somit gute Gründe, dass sich der Landkreis Schweinfurt seit einigen Jahren intensiv mit dem Thema Mobilität beschäftige und an neuen Konzepten arbeite. Vizl selbst wirkt als Kreisrat im Mobilitätsbeirat des Landkreises mit. Ziel sei die nachhaltige Sicherung von Mobilität im Landkreis Schweinfurt unter sich verändernden Rahmenbedingungen des demografischen Wandels und des technischen Fortschritts.
Auf der Strecke Schweinfurt – Gerolzhofen könnte dies sowohl durch Busse wie auch durch Schienenverkehre erfolgen. Während das Defizit des Busverkehrs vom Landkreis zu tragen ist, wäre für Bestellung und Kostenübernahme bei der Bahn der Freistaat Bayern zuständig.
Wo ist eine Reaktivierung sinnvoll und möglich? Genau dies wollen die Befürworter der Bahn durch die staatliche Bayerische Eisenbahngesellschaft prüfen lassen. Das wäre der nächste Schritt. „Warum warten die Gemeinden nicht diese Prüfung ab und entscheiden anschließend auf Basis von Fakten?“, fragt Vizl.
Wo sind Erkenntnisse gegen die Bahn?
Immerhin erhebe auch der Landkreis Schweinfurt inzwischen Daten und vergleiche die Ergebnisse der vorliegenden Studie der Uni Würzburg (Institut für Geografie und Geologie) mit denen der vom Landkreis beauftragten Verkehrsplaner. „Welche Erkenntnisse haben die Gemeinden, die eine schnelle Entscheidung gegen die Bahn erfordern, nachdem sich die Gemeinden seit der Stilllegung des Strecke für den Personenverkehr in der 80er Jahren kaum um die Strecke gekümmert haben?“, fragt der Bahnbefürworter.
Diese entscheidungsrelevanten Erkenntnisse seien nirgends öffentlich erörtert worden, kritisiert Vizl. Geht es um die Grundstücke, die die Gemeinde möglichst kostengünstig gerne hätten? Die Bahnbefürworter sehen hier die übergeordneten Anliegen der Allgemeinheit und der Region höherwertig im Vergleich zu Einzelinteressen, egal ob einzelner Gemeinden oder privater Anlieger.
Vizl bekennt, dass die Entscheidungen der Gemeinderäte gegen die Bahn mit großer Mehrheit fielen. „Aber wurden die Gemeinderäte auch umfassend informiert? Lag jedem Gemeinderat die Potenzialanalyse der Uni Würzburg vor?“, fragt der Grüne. Der Förderverein Steigerwaldexpress hatte diese bereits 2017 an alle Gemeinde versandt. Nach Informationen des Vereins haben viele Gemeinderäte diese nicht vor den jeweiligen Entscheidungen erhalten. Somit seien ihnen entscheidungsrelevante Informationen vorenthalten geblieben, so Vizl weiter in seiner Stellungnahme.
Meinungsäußerungen, keine Argumente
Der Landkreis Schweinfurt plane für Ende Januar 2019 eine Veranstaltung, bei der weitere wichtige Informationen offengelegt werden. Auch diese Informationen können noch nicht in den Entscheidungsprozess der Gemeinderäte eingeflossen sein. Die im Artikel vom 24. November genannte Begründung „Die Linie ist doch seit 20 Jahren bei uns schon geistig weg“ spreche für sich und müsse nicht kommentiert werden. „Entscheidungen, auch in der Kommunalpolitik, sollten auf Fakten beruhen“, fordert Vizl.
Auch die weitere Begründung „die Bahnlinie bringt für uns nichts“ ist für Vizl nicht mehr als eine Meinungsäußerung. Bei einer Reaktivierung der Bahn könnten sich viele Familien eventuell ein Fahrzeug in der Familie ersparen.
Jugendliche könnten auch noch um 23 Uhr sicher von einer Veranstaltung oder Party in Schweinfurt oder Bamberg nach Hause zurück fahren. Und vielleicht werden die Gemeinden an der Linie dann auch für eine Unternehmensansiedlung interessanter. Für manche zähle ein Bahnanschluss zu den wichtigen Standortfaktoren.
Moratorium angemahnt
Vizls Schlussfolgerung nach wäre es Zeit für ein Moratorium: die Gemeinden warten die Ergebnisse der Landkreisrecherchen ab und sprechen sich auch für den nächsten Schritt, die Einholung einer neutralen Potenzialanalyse der staatlichen Bayerischen Eisenbahngesellschaft aus, die übrigens kostenlos für Gemeinden und Landkreis ist. Danach sollte die Diskussion weitergeführt werden und die Gemeinden und die Landkreisgremien könnten auf der Grundlage von Fakten entscheiden.
- Nicht die riesigen Standard-Züge, sondern eher wie ein größerer LKW, wie ihn z.B. Volvo Anfang des Jahres präsentiert hat; nur auf Schienen.
Die Bahn ist beim autonomen Fahren der Straße 10-20 Jahre voraus und trotzdem werden die selbstfahrenden Schienensysteme für solch eine Anwendung kaum genutzt. (Nürnberg als Nächstes mit der 10 Jahre bewährten autonomen U-Bahn..)
Für solche kleine Streckenabschnitte fehlt aktuell noch die innovative Lösung nach Maß. Für das altbewährte System, welches nicht ohne Grund abgeschafft wurde, sehe ich keine Zukunft.
Es wäre zielführend, wenn auch der obige Beitrag mit den Erörterungen des Gerolzhöfer Stadtratsmitglieds und Kreisrates Thomas Vizl in Kürze erscheinen würde.
Die Leserinnen und Leser dieser Zeitung sollen (und müssen!) erfahren, wie für "passende" Beschlüsse in den Gemeinderatssitzungen gesorgt wird - durch gezieltes Vorenthalten relevanter Informationen in den Beschlussvorlagen.
Dabei gibt es wahrlich genug Möglichkeiten, sich über (positive!) Entwicklungen von nach langer Zeit wieder reaktivierter Bahnstrecken zu informieren. Googeln führt hier zu schnellen Ergebnissen, und auch bei Facebook sind entsprechende Seiten zu finden.
Hier kommt noch eine weitere Tatsache hinzu: offensichtlich waren die Beschlussvorlagen (bewusst?) unvollständig. Jedes Gemeinderatsmitglied sollte eigentlich die Schneid besitzen, energisch nachzufassen, anstatt alles still abzunicken, was ihm präsentiert wird.
a) offen stattfindet und nicht rätselhaft für die Leserschaft bleibt,
b) mit Fakten und nicht mit Mutmaßungen wie "wir brauchen die Bahn nicht" hinterlegt ist.
Die Regierung von Mittelfranken als entscheidende Stelle für ein Entwidmungsverfahren benötigt ja auch handfeste Argumente und keine Kaffeesatzleserei.
Es ist klar, dass man große Reden schwingen und den ökologischen Zeigefinger heben kann, wenn man nicht selbst davon betroffen ist. Aber wen interessieren schon Einzelschicksale, die von einem massiven Wertverlust ihrer Grundstücke bzw. Häuser betroffen wären?
Es ist klar, dass man große Reden schwingen und den ökologischen Zeigefinger heben kann, wenn man nicht selbst davon betroffen ist. Aber wen interessieren schon Einzelschicksale, die von einem massiven Wertverlust ihrer Grundstücke bzw. Häuser betroffen wären?
Denn: Bei der Analyse der Beiträge zum Thema "Reaktivierung" verfestigt sich bei mir der Eindruck, dass die Autoren entweder nie oder das letzte Mal vor dreißig oder vierzig Jahren mit der Bahn unterwegs waren.
Mein Rat an Kab7 und geobald: Kaufen Sie sich gelegentlich ein Bayern-Ticket (kostet für eine Einzelperson nur 25 €) und setzen sich in einen der in Franken verkehrenden modernen Triebwagen - so in Richtung Aschaffenburg, Nürnberg oder Bayreuth beispielsweise - des Nahverkehrs (RB, RE). Sie werden überrascht sein: diese Züge fahren ruhig, sind klimatisiert, haben z. T. Steckdosen für den Anschluss eines Laptops. So nebenbei tun Sie etwas Gutes für die Umwelt.
Das Zeitalter ratternder Schienenbusse oder lokbespannter Silberlinge ist längst vorbei. Anwohner neben einer Strecke bekommen kaum etwas von den vorbeifahrenden modernen Zügen mit. Auch im Güterverkehr tut sich Einiges: Waggons mit lauten Bremsen werden nach und nach ausgesondert.
Sonst noch Wünsche?