
Auf große Resonanz stieß die Verlegung der ersten Stolpersteine im südlichen Landkreis Schweinfurt in der Gemeinde Frankenwinheim. Zahlreiche Interessierte waren gekommen, um die Verlegung durch den Künstler Gunter Demnig mitzuerleben. In seiner Rede erläuterte er die Entstehung der Idee zu den Stolpersteinen und einige Erlebnisse von seinen weltweiten Verlegeaktionen.
Er hat nach vielen Überlegungen bewusst die Möglichkeit gewählt, die Steine in den Gehweg zu verlegen, da sie dann auf öffentlichem Grund liegen und somit keine Genehmigung von privaten Hausbesitzern notwendig ist. Zudem wird das gewählte Material Messing durch Gebrauch immer wieder blank poliert, sodass auf den Gehwegen die Erinnerung an die ehemaligen Bewohner dieser Häuser immer wieder aufgefrischt wird.
Ein Schüler hatte bei einer Verlegung einmal treffend bemerkt: „Über die Stolpersteine stolpert man nicht wörtlich, sondern man stolpert mit dem Kopf und dem Herzen.“
In Frankenwinheim hatte der Gemeinderat die Stolpersteine genehmigt und auch die Hausbesitzer hatten keine Einwände. Bürgermeister Robert Finster erläuterte die bisherige Aufarbeitung der Ausrottung jüdischen Lebens in Frankenwinheim. Es wurden bereits Gedenktafeln und -steine angebracht und mit der Verlegung von Stolpersteinen vor den Anwesen wurde nun ein unmittelbarer Bezug zu den ehemaligen jüdischen Mitbewohnern geschaffen.
Besonders freute er sich, dass sich die Jugend so zahlreich beteiligt hat. Einige lasen während der Verlegung den Lebenslauf der ehemaligen jüdischen Mitbewohner vor. Das machte allen bewusst, dass zum Beispiel Max Friedmann ein angesehenes Gemeinderatsmitglied war und sein Sohn Walter bei der Deportation erst 14 Jahre alt gewesen ist – so alt wie manche Jugendlichen die diesen Text vorlasen.
Die Landjugend wurde in einer Gruppenstunde auf die Aktion vorbereitet und es ergaben sich noch viele Fragen, die in weiteren Treffen behandelt werden sollen.
Außerdem wurde die kleine Veranstaltung durch Silke und Leonie Sendner sowie Martin Reisinger stimmungsvoll musikalisch gestaltet. Die beiden Gemeindearbeiter Arnd Bauer und Martin Pfannes unterstützten Gunter Demnig bei den Pflasterarbeiten und leiteten den Verkehr um die Menschentraube herum.
Heimatdichter Fritz Röll steuerte zwei seiner Gedichte über die Synagoge bei. Auch Gemeinde- und Stadträte aus den umliegenden Kommunen, Kreis- und Bezirksräte und der Gerolzhöfer Bürgermeister Thorsten Wozniak schauten sich die Aktion interessiert an.
Die elf Stolpersteine wurden an zwei Stellen für zwei Familien verlegt. Von der Familie Friedmann überlebte niemand den Holocaust. Max, Bertha, Ilse, Gerhard und Walter Friedmann wurden nach Krasnystaw deportiert und dort ermordet, sogar die 80-jährige Großmutter Ethel wurde in Theresienstadt ermordet.
Tragisch dabei ist, dass für die Kinder bereits eine Ausreisegenehmigung nach England erteilt war. Anders als bei der Familie Friedmann gelang den meisten Mitgliedern der Familie Gottlieb die Flucht in die USA. Jedoch mussten sie fast ihr gesamtes Hab und Gut zurück lassen. Die Großmutter Sabina Gottlieb wollte auf eigenen Wunsch nicht mit der Familie flüchten und ist 1942 in Theresienstadt ermordet worden.
Werner Gottlieb ist von seinen Besuchen zahlreichen Frankenwinheimern bekannt. Bei seinem letzten Besuch im März 2012 wurde er zum Ehrenbürger ernannt und in einer eindrucksvollen Rede erinnerte er damals an seinen Freund Gerhard Friedmann, der nicht rechtzeitig auswandern konnte und deshalb heute nicht mehr lebt. Es war ein glücklicher Zufall, dass die Stolpersteinverlegung gerade am 88. Geburtstag von Werner Gottlieb stattfand. Alle Anwesenden stellten sich zu einem gemeinsamen Grußfoto zusammen, das ihm in die USA gemailt wurde. Den Stein für seinen Freund Gerhard Friedmann hat Werner Gottlieb selbst finanziert.
Die Stolpersteine liegen in der Schallfelder Straße und laden nun jeden ein, mit Kopf und Herz darüber zu stolpern.