Für jede Baumaßnahme sind Umweltprüfungen nötig, Menschen aber scheinen nicht zur Umwelt zu gehören. Die Grafenrheinfelder Gemeinderäte hatten endgültig die Nase voll von der scheibchenweisen Information durch das Wasserstraßenneubauamt.
Wie in der jüngsten Ratssitzung am Montagabend zu erleben war, genügte den Räten eine Resolution, die Einspruch gegen den entstehenden Schwerlastverkehr durch die Gemeinde erhebt, nicht mehr.
Im Zuge des Mainausbaus sollen über die Brückenstraße, den Marktplatz, die Schweinfurter und die Gochsheimer Straße in Richtung Ellerngraben, Röthlein und Lindach bald täglich 100 bis 170 Lastwagen mit Erdaushub fahren. Noch im Planfeststellungsverfahren hieß es, der Aushub werde per Schiff weggeschafft, erinnerte sich Bürgermeisterin Sabine Lutz. Sonst hätte die Gemeinde diesem Verfahren nicht zugestimmt.
Ein Treffen mit Vertretern des Wasserstraßenneubauamts im Januar erwies sich als „schwierig“, meinte Lutz. „Die haben unsere Einwände nicht ernst genommen und auf ihrem Standpunkt beharrt.“ Deshalb formulierte die Gemeinde jetzt ihren Einspruch schriftlich.
Walter Kaspar meinte: „Die verscheißern uns doch“ – und er konnte dies auch belegen. In einer Pressemitteilung des Amtes vom 18. Oktober stand noch zu lesen, dass der Abtransport von rund 630 000 Tonnen Baggermaterial auf dem Schiffsweg erfolgt. Drei Wochen später wurden die Grafenrheinfelder von der Nachbargemeinde Bergrheinfeld gewarnt, dass der Abtransport über die Straße erfolgen soll.
Kaspar hatte auch gleich einen Alternativvorschlag: Ein guter Platz zum Verladen sei unter der Autobahnbrücke an der Gottfried-Schenker-Straße. Dann könnten die Lastwagen gleich über die Europa-Allee auf die Autobahn fahren.
Ein ähnlicher Verladepunkt bei der Firma Walther war bereits im Gespräch, erklärte Michael Niklaus. Dagegen habe sich aber die Stadt gewehrt, weil das Hafengebiet ohnehin schon überlastet sei. Das Wasserstraßenneubauamt habe diese Alternative außerdem als nicht wirtschaftlich abgelehnt.
„Ich bin entsetzt, dass
eine Bundesbehörde meint, sie müsse aufs Geld
aufpassen, aber
nicht auf Menschen.“
Eine vierspurige Straße, an der niemand wohnt, und ergänzte Christian Keller, über die keine Kinder und Schüler müssten, sei also belasteter als Ortsstraßen inmitten von Wohnbebauung, empörte sich der Rat.
„Ich bin entsetzt, dass eine Bundesbehörde meint, sie müsse aufs Geld aufpassen, aber nicht auf Menschen“, empörte sich Walter Wegner. Jetzt müsse man aktiv werden und alle Mandatsträger mit ins Boot holen, empfahl er. „Schäbig“ sei es, dass die Gemeinde „immer nur “scheibchenweise informiert“ worden sei.
In die hitzige Diskussion hinein erinnerte Michael Niklaus daran, dass die Ausschreibung bereits geschehen und die Verträge bereits unterschrieben seien. Dabei habe sich die Behörde auf die Anlegestelle Bergrheinfeld fixiert.
„Dann sind wir hinters Licht geführt worden“, stellte Kaspar fest und riet dringend, einen Rechtsanwalt einzuschalten, weil man „arglistig getäuscht wurde“. Für den juristischen Weg entschied sich der Gemeinderat schließlich einhellig.
Man habe wohl kaum mehr Einfluss aufs Amt, aber wehren könne man sich doch, meinte Ludwig Mack. Er hatte die Idee des Abends: „Warum können wir nicht gemeinsam mit Bergrheinfeld den Adam-Tasch-Weg für den öffentlichen Verkehr sperren und nur für landwirtschaftliche Fahrzeuge freigeben?“, fragte er. Dann wäre der Weg für den Abtransport erst einmal gesperrt.
Den Weg zu entwidmen und neu als Feldweg zu widmen, das könne man bereits in dieser Sitzung, meinte Niklaus. Stefanie Horna drängte darauf, dies auch gleich zu tun. Vorbehaltlich der Abstimmung mit der Gemeinde Bergrheinfeld wurde daraufhin der Adam-Tasch-Weg zum Feldweg umgewidmet.
Die genaueren Durchfahrmodalitäten wird die Gemeindeverwaltung noch festlegen und auch mit der Nachbargemeinde sprechen. Jedenfalls bräuchte das Wasserstraßenneubauamt jetzt eine Sondergenehmigung der Gemeinde, um mit seinen Lastwagen vom Main über diesen Feldweg auf die Brückenstraße zu kommen.
Der Gemeinderat zog alle Register: Umwidmung des Adam-Tasch-Wegs, juristische Vertretung und zusätzlich die Resolution, die ans Amt, den Bund und das Land verschickt werden soll. Außerdem sollen Mandatsträger aller Parteien mit einbezogen werden.
In der Resolution heißt es unter anderem, dass man „kein Verständnis dafür hat, dass wirtschaftliche Erwägungen vor den Schutz der Bevölkerung gestellt werden sollen. Auch ein sparsamer Umgang mit Steuermitteln rechtfertigt nicht eine derartige rücksichtslose Missachtung des Schutzbedürfnisses der Anwohner in unserer Heimatgemeinde.“
Auf Anregung von Christian Keller wurde auch noch der Hinweis auf die Schüler aufgenommen, die die Hauptstraße täglich oft mehrfach überqueren müssen.
Die Anwohner der engen Schweinfurter und Gochsheimer Straße seien bereits jetzt in erhöhtem Maß Verkehrslärm und Abgasen ausgesetzt, heißt es in der Resolution weiter.
Deshalb sei ein zusätzlichen Lkw-Verkehr durch den Mainausbau unzumutbar. „Um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen, fordert die Gemeinde Grafenrheinfeld die umgehende Prüfung und Umsetzung von Alternativen, die die negativen Auswirkungen des Mainausbaus auf mehrere Schultern verteilen.“ So endet das Schreiben an das Wasserstraßenneubauamt.