
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Dieser Satz des deutschen Philosophen Wilhelm von Humboldt zog sich am Samstag beim Stammheimer Museumsfrühling wie ein roter Faden durch das Festprogramm. Nach dem Einzug der Stammheimer Musikanten und des Reservisten-Ehrenzugs der Bundeswehr auf das Gelände des Museums für Militär- und Zeitgeschichte verfolgten etwa 200 Besucher die Ausführungen der Festredner und die Ehrungen treuer Mitglieder, ehe die Sonderausstellung „Von der Monarchie über die Revolution zur Demokratie“ eröffnet wurde.
Im Mittelpunkt der Feier stand der Festvortrag von Prof. Dr. Georg Seiderer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Sein Thema: Die Revolution 1918/19 in Bayern - Von der Ausrufung des „Freistaats Bayern“ zur „Bamberger Verfassung“. lm November 1918 wurde Bayern zum „Freistaat“, sagte der Referent. Der USPD-Politiker Kurt Eisner rief in der Nacht vom 7. und 8. November 1918 im Münchner Matthäser-Bräu die Republik aus. Das Ende der Monarchien in Bayern und Deutschland bedeutete den Beginn des Weges zur Demokratie. Während die Revolution im „bürgerlichen“ Lager auf Ablehnung, aber auch auf Bereitschaft zur Kooperation stieß, rangen auf der „Linken“ verschiedene Konzepte der Neuordnung miteinander. Die Mehrheitssozialdemokraten strebten den Übergang in eine parlamentarische Demokratie an, während in weiten Teilen der USPD die Sympathie für rätedemokratische Modelle und für eine proletarische Revolution vorherrschte.
Die Münchner Räterepublik vom April 1919 - „letztlich ein lokaler Putsch gegen die rechtmäßige bayerische Regierung unter dem Mehrheitssozialdemokraten Johannes Hoffmann“ - bedeutete den Höhepunkt einer Reihe von links gerichteten Umsturzversuchen im Deutschen Reich seit dem Winter 1918/19. Wie in anderen Fällen wurde er mit militärischen Mitteln niedergeschlagen. Freikorps gingen mit brutaler Gewalt vor. Sie waren ein Sammelbecken für rechtsgerichtete antidemokratische Kräfte, so der Professor. Die Wahlen zu Nationalversammlung und Landtagen im Februar l919 erbrachten eine große Mehrheit für die politischen Kräfte der Mehrheitssozialdemokratie, des Linksliberalismus und des politischen Katholizismus, auf deren Basis mit der „Weimarer Verfassung“ und der ,Bamberger Verfassung„ die Grundlagen für eine demokratische Neuordnung Deutschlands gelegt wurden. “Es war nicht zuletzt die Mehrheitssozialdemokratie, die dazu beitrug, dass seit dem November 1918 der Weg in die parlamentarische Demokratie beschritten wurde„, betonte Seiderer und schloss seinen Geschichtsvortrag: “Dass sie dabei bereit war, sich republikfeindlicher Kräfte zu bedienen, zählt zu den tiefen Ambivalenzen der Frühphase der Weimarer Republik.„
Eingangs hieß Museumsleiter Günter Weißenseel die Gäste zum Museumssaisonbeginn willkommen. Seit 20 Jahren lebe man diese Tradition erfolgreich, seit 15 Jahren mit Freunden aus der Normandie. Weißenseel zeichnete eine große Zahl treuer Wegbegleiter für zehn- und 20-jährige Mitgliedschaft aus. Mit einem Regenschirm, der an diesem Tag nicht zum Einsatz kam, begrüßte er Schirmherr Stefan Funk. Der Bezirksrat dankte den ehrenamtlichen Helfern und den Mitarbeitern im historischen Arbeitskreis für ihr Engagement. Sein Appell: „Aus der Vergangenheit lernen.“ Auch Kolitzheims zweiter Bürgermeister Alfred Bumm forderte „Erinnerungen an Vergangenes wach zu halten“. Das Museum für Militär- und Zeitgeschichte sei ein Besuchermagnet und wichtiger Bestandteil im Tourismusangebot an der Mainschleife, so Bumm. Nach den Nationalhymnen wurde die Sonderausstellung unter der Regie von Walter Hamm eröffnet. Nach dem offiziellen Teil erwartete die Besucher bei kaltem aber trockenem Wetter eine zweitägige abwechslungsreiche Reise mit der Feldbahn, Panzern, Feldschmiede und jeder Menge interessanter Zeitgenossen in Uniformen und zeitgenössischer Kleidung. Weitere Informationen rund um das Museum gibt es unter www.museum-stammheim.de