In einem Brief, der bei der Polizeiinspektion Gerolzhofen einging, wurde das Kleine Stadttheater in der Gerolzhöfer Centgasse wegen angeblicher Ruhestörung angezeigt. Aber als sich ein Polizeibeamter telefonisch bei der mutmaßlichen Absenderin des Briefs, Angelika Barth aus der Kirchgasse in Gerolzhofen, meldet und Einzelheiten recherchieren möchte, fällt diese aus allen Wolken. Denn weder sie noch ihr Ehemann Roland haben den Brief geschrieben. Das Schreiben ist eine dreiste Fälschung.
Irgendjemand, der offenbar etwas gegen das Kleine Stadttheater hat, hat unter falschem Namen sich an die Polizei gewandt. Mittlerweile ist der Vorgang an die Staatsanwaltschaft Schweinfurt zur Prüfung weitergeleitet worden, sagt der Leiter der Gerolzhöfer Inspektion, Michael Hußlein, auf Anfrage dieser Redaktion.
Der unbekannte Verfasser muss die Familie Barth wohl kennen. Denn in dem Schreiben wird nicht nur gegen das Kleine Stadttheater gewettert, sondern es wird auch konkret eine (erfundene) Ruhestörung angeführt, die dazu geführt haben soll, dass die erst 14 Monate alte Enkeltochter von Roland und Angelika Barth, als diese mal bei ihren Großeltern übernachtete, nicht habe schlafen können. "Dies ist alles falsch", betont die angebliche Briefeschreiberin. "Unsere Enkeltochter wurde in keiner Weise in ihrer Nachtruhe gestört – vor allem nicht vom Kleinen Stadttheater."
Gerolzhöferin ist empört
Angelika Barth ist reichlich empört, dass jemand ihren Namen und den ihres Mannes missbraucht hat, um gegen das Theaterhaus, das das Ehepaar Silvia Kirchhof und Achim Hofmann in der Centgasse betreiben wird, Stimmung zu machen. "Ich habe Frau Kirchhof über diesen Brief informiert und ihr auch erklärt, dass wir in keiner Weise etwas gegen diese Einrichtung haben", sagt sie. Wenn man sich schon über eine noch überhaupt nicht vorhandene Lärmbelästigung und Ruhestörung schriftlich bei der Polizei beschweren möchte, dann sollte man zumindest so viel Zivilcourage besitzen und als Absender seinen eigenen Namen verwenden und nicht unbeteiligte Personen in die ganze Sache mit hineinziehen, ärgert sich die Gerolzhöferin.
Das Theaterhaus in der Centgasse, das auch der Stammsitz des Kleinen Stadttheaters werden soll, befindet sich tatsächlich noch in der Umbauphase. Momentan wird noch kräftig gewerkelt im ehemaligen Geschäftshaus von Babyausstattung Steigner. In diesem Jahr werden deswegen noch keine öffentlichen Veranstaltungen stattfinden können. "Die Eröffnung ist erst im kommenden Jahr geplant", bestätigt Theaterleiterin Silvia Kirchhof auf Anfrage der Main-Post.
"Ruhig und gesittet"
"Das Theater hat ja bis zum heutigen Tag noch keinerlei Spielzeit in seinem neuen Domizil absolvieren können", sagt auch Angelika Barth. Umso mehr verwundere es, dass es eine Anzeige wegen angeblicher Ruhestörung geben soll. Sie persönlich sei sich sicher, so Barth, dass es sich bei den künftigen Besuchern dieser Kulturstätte um einen Personenkreis handele, der "über so viel Anstand und Benehmen verfügt, nach Ende der jeweiligen Vorstellung ruhig und gesittet seinen Heimweg anzutreten". Es spreche deshalb nichts gegen Theateraufführungen in der Centgasse.
Lärm von Hochzeitsfeiern?
Allerdings nutzt das Ehepaar Barth die leidige Angelegenheit mit dem gefälschten Brief, um auf einen aus ihrer Sicht echten Problemfall hinzuweisen: "Einer erheblichen Lärmbelästigung sind wir allerdings durch das Pfarrer-Hersam-Haus ausgesetzt", sagt Angelika Barth, deren Schlafzimmerfenster in Richtung Salzstraße weist. Man kritisiere ausdrücklich nicht die Faschingsveranstaltungen des Gerolzhöfer Frauenbunds, sondern "die zahlreichen Hochzeitsfeierlichkeiten in den Sommermonaten". Bei den Besuchern der Faschingsabende handele es sich ja auch um ein Klientel, das sich nach Ende der Veranstaltung in angemessener Lautstärke auf den Heimweg mache.
"Bei den Hochzeiten aber geht der Lärm und Radau bis in die frühen Morgenstunden", kritisiert Angelika Barth. "Dies ist verstärkt zu bemerken, wenn es sich um Brautpaare und ihre Gäste aus osteuropäischen Ländern handelt." Da werde sich auf der Straße lautstark unterhalten, "die Motoren der PS-starken Fahrzeuge muss man aufheulen lassen und die Stereoanlagen werden auf Ultimo gedreht". Hier seien die Verantwortlichen gefordert, um diese Missstände abzustellen.
Immissionsschutz wird eingehalten
Hubert Zinkl, ehrenamtlicher Kirchenpfleger der katholischen Pfarrgemeinde, will die Vorwürfe der Familie Barth nicht so stehen lassen. "Es gab keine Hochzeiten von Rußlanddeutschen im Pfarrer-Hersam-Haus", stellt er klar. Während der Corona-Pandemie in den vergangenen eineinhalb Jahren habe es sowieso nur sehr wenige Feiern im Haus gegeben.
Man lege als Eigentümer des Pfarrer-Hersam-Hauses besonderen Wert darauf, dass bei Veranstaltungen die Vorschriften des Immissionsschutzes eingehalten werden. "Dies müssen die Mieter im Mietvertrag auch so unterschreiben." Und intern habe man festgelegt, dass es maximal nur zwei Feiern pro Monat geben soll. Allerdings habe man keinen Einfluss darauf, wie Gäste sich beim Nachhauseweg außerhalb des Pfarrer-Hersam-Hauses dann verhalten.