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Sennfeld
Gedenkstunde Tag der Wiedererlangung der Reichsfreiheiheit
Die letzte Seite der Restitutionsurkunde.
Foto: Klemens Vogel | Die letzte Seite der Restitutionsurkunde.
Klemens Vogel
 |  aktualisiert: 04.08.2019 02:11 Uhr

Der Volkstrachtenerhaltungsverein "Die Semflder" lädt am 14. August ab 18 Uhr zur Gedenkstunde an den Tag der Wiedererlangung der Reichsfreiheit vor 370 Jahren (14. August 1649) auf den ehemaligen Dorfgerichtsplatz (Plan) ein.

Altbürgermeister Emil Heinemann erinnert an das Jahr 1648, der Zeit der Landsknechte, Söldner, Musketiere, Plünderer und Marodeure. Seit Mai verhandeln auf der Friedenskonferenz die beiden Lager zu Münster und Osnabrück, um den "Großen und Ewigen Frieden"zu erlangen. Seit etwa 1630 waren immer wieder Landsknechte und wilde Horden von Söldnern durch Sennfeld gezogen. Aufgrund des Status als Königsgut und Reichsdorfschafft bestand die Verpflichtung für Unterkunft und Verpflegung zu sorgen. So bestand beispielsweise ein bayerisches Regiment zum Ende des Krieges aus 534 Deutschen, 217 Italienern, 15 Franzosen, 24 Lothringern, 24 Burgundern, 26 Griechen, 54 Polen, fünf Ungarn, 51 Slowenen, elf Spaniern, 14 Tschechen, 14 Türken, 18 Dalmatiern, zwei Schotten, zwei Kroaten sowie jeweils einem Iren und einem Sizilianer.

Heinemann weist auf die Überlieferung hin, dass das Schlimmste aber die regelmäßigen Plünderungen und Verwüstungen waren. Zu Beginn des Jahres 1648 sei ein weiteres Unglück hereingebrochen: Was durchziehende Truppen noch nicht angetastet und vernichtet hatten, taten nunmehr die in Schweinfurt einquartierten Schweden. Dazu kamen Seuchen und Hungersnöte. Heinemann bilanziert, dass es Sennfeld nicht mehr gab: Im völlig zerstörten Dorf konnten sich weder Menschen noch Tiere ohne Vorräte und Futter aufhalten, weil alles weggenommen war.

Sennfeld habe aber – so Heinemann – nicht nur der Verlust von Hab und Gut getroffen, sondern auch, dass der Kaiser auf Drängen des Fürstbischofs den Sennfeldern am 11.September 1635 die Reichs- und Glaubensfreiheit geraubt hatte und sie deswegen einen 14jährigen Rechtsstreit gegen weltliche und kirchliche Mächte führen mussten. "Es war wohl die schlimmste Zeit, die wir bislang aushalten mussten", lautete wohl der Bericht des damaligen Reichsschultheißen.

"Der Westfälische Friede brachte für Sennfeld nun die Möglichkeit, Überlegungen zum Neuaufbau der Gemeinde anzustellen ", erläuterte Heinemann. Denn eine am 14.Augsut 1649 in Schweinfurt tagende Restitutionskommission sprach schließlich den beiden Gemeinden Sennfeld und Gochsheim nach langen und zähen Verhandlungen ihre Reichs- und Glaubensfreiheit wieder zu und verpflichtete Fürstbischof und Kurfürst, den beiden fränkischen Reichsdörfern ihre alten Bücher, Urkunden und Siegel wieder auszuhändigen. Mit dem Vollzug dieses Beschlusses ließ sich Fürstbischof und Kurfürst viel Zeit, händigte aber diese Unterlagen nach einem ernsten Hinweis der evangelischen Fürsten und Stände sowie des schwedischen Thronfolgers aus.           

Somit ist - so Heinemann - der 14.August 1649 der eigentliche Tag der Wiedererlangung der Reichs- und Glaubensfreiheit und damit Basis für das große Friedensfest, bekannt als die Sennfelder "Kirm". Aus Freude und Dankbarkeit verkündeten damals Reichsschultheiß und Dorfgericht: "Fortan soll der ewige Friede und gleichermaßen die Erstreitung und Einsetzung unserer Vorzeitigen Rechte daselbst dankbar und gebührlich begangen werden mit Singen, Musizieren, Predigt und Tanz!"

Dieses seit Generationen überlieferte Friedensfest fand schließlich 2016/2017 höchste Anerkennung und Würdigung durch die Aufnahme in das bayerische und deutsche Verzeichnis zur Erfüllung der UNESCO-Vereinbarung als Immaterielles Kulturerbe.

Diesem Jubiläum – 370 Jahre Restitution mit Wiedererlangung der Reichsfreiheit – gedenken die Sennfelder am 14.August 2019 auf dem Plan, dem ehemaligen Dorfgerichtsplatz, im Vorfeld der "Kirm". Eine Besonderheit wird die Ausstellung der alten Restitutionsurkunde auf dem Plan sein. Neben dem Vorsitzenden des Volkstrachtenerhaltungsvereins "Die Semflder" Helmut Büschel und zweitem Bürgermeister Helmut Heimrich wirken auch Landrat Florian Töpper, Dekan Oliver Bruckmann und Altbürgermeister Emil Heinemann mit, umrahmt von musikalischen Darbietungen sowie dem abschließendem "Nun danket alle Gott" und dem Frankenlied.

 
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