Für gleich zwei historische Gebäude sicherte der Schwebheimer Gemeinderat in nichtöffentlicher Sitzung nun das Überleben. Sowohl das historische Gasthaus "Goldenes Lamm" als auch der Gesindeteil des Schlosses, der sogenannte Hirschkopf, werden erhalten und einer neuen Nutzung zugeführt. Der Gemeinderat schaffte so die Voraussetzung, dass Bauunternehmer Mario Söllner gemeinsam mit Eigentümer Marcel Neubert das alte Gemäuer sanieren und umgestalten kann.
Die ursprüngliche Anlage des Schwebheimer Wasserschlosses wurde um 1440 von Balthasar von Wenkheim erbaut. 1513 kaufte Wilhelm von Bibra die Anlage. Im Bauernkrieg wurde es zu großen Teilen zerstört von den Bibras allerdings wieder aufgebaut. Heute nagt der Zahn der Zeit an der gesamten Anlage. Besonders betroffen aber ist der Hirschkopf. Von diesem sind nur noch die Grundmauern und Teile der beiden Türme erhalten. Dieses Wahrzeichen im historischen Ortskern der Gemeinde soll nun gerettet werden. Eine Begehung mit der Unteren und Oberen Denkmalschutzbehörde hat bereits stattgefunden. Beide gaben grünes Licht für die geplanten Baumaßnahmen.
Historischen Baukörper erhalten - den Turm sanieren
Der historische Baukörper des Hirschkopfes bleibt erhalten und wird teilweise neu aufgebaut. Der südöstliche Turm soll saniert und der nordöstliche Turm wieder auf die ursprüngliche Höhe aufgestockt werden. Die Fenster- und Türstellungen in der Bruchstein-Außenwand sollen erhalten bleiben. In den nordöstlichen Turm wird eventuell ein Fenster gebrochen, um so eine natürliche Beleuchtung zu ermöglichen. Die beiden Ecktürme bekommen wieder eine Schiefereindeckung und das Hauptgebäude eine Biberschwanzeindeckung. Söllner will insgesamt vier Wohnungen in das historische Gebäude bauen. Die Zugänge zu diesen sollen auf der Ostseite entstehen und über eine Terrasse erreichbar sein. Dort, im Bereich des ehemaligen Wassergrabens, entsteht dann auch eine auf Stelzen gebaute Holzterrasse. Ziel aller Maßnahmen ist es, den historischen Wasserschloss-Charakter möglichst zu bewahren.
Weitreichender Schritt zum Erhalt des Kulturerbes
Sogar für die notwendigen KFZ-Stellplätze gaben die Denkmalschutzbehörden grünes Licht. Auch diese entstehen im Osten und werden durch einen Holzsteg mit den Terrassen verbunden. Der bauzeitliche Wall zwischen Wassergraben und Schlossgarten bleibt so erhalten. "Insgesamt bedeutet dieses Wiederbelebungs-Konzept einen der weitreichendsten Schritte zum Erhalt des historischen Schloss-Ensembles und des Schwebheimer Kulturerbes der letzten Jahrzehnte", freut sich Bürgermeister Volker Karb.
Das goldene Lamm, das die Gemeinde 2015 erwarb, sorgte in den letzten Jahren für Schlagzeilen. Eine rührige Bürgerinitiative schmiedete sehr konkrete Pläne zum Erhalt dieser historischen Gaststätte und der Schwebheimer Wirtshauskultur. Mit viel Herzblut und Unterstützung aus der Bevölkerung war bereits ein tragfähiges Konzept erarbeitet worden. Schließlich aber scheiterte das Vorhaben an der Finanzierbarkeit, nachdem neue Auflagen der Denkmalschutzbehörde berücksichtigt werden mussten.
Seniorengerechte Wohnungen entstehen
Söllner war schon von der Bürgerinitiative als Co-Investor für den hinteren Bereich des Gaststättengeländes eingeplant. Er wollte dort drei seniorengerechte Wohneinheiten bauen. Jetzt stimmte der Gemeinderat dem Verkauf des gesamten Areals an die Söllner Wohn- und Gewerbebau zu, mit der Auflage dort entsprechend den gemeindlichen Zielen zu bauen. Das heißt, dass im rückwärtigen Querriegel seniorengerechte Wohneinheiten entstehen. Die vorderen Gasträume bleiben in ihrer Grundstruktur erhalten und sollen wieder einer wirtschaftlichen Nutzung zugeführt werden.
Söllner plant hierfür den Umbau in ein Cafe. Im Obergeschoss, wo die Bürgerinitiative einen Saal geplant hatte, muss die historische Bausubstanz erhalten werden. Söllner will das Konzept der Fenster und Türen, sowie das historische Raumkonzept erhalten. Auch die bereits vorhandene Treppe bleibt. So entstehen im Obergeschoss vier kleinere Wohneinheiten nach den Standards des sozialen Wohnungsbaus. Zwei weitere Wohnungen sollen im Dachgeschoss entstehen, das früher ebenfalls schon zu Wohnzwecken genutzt worden war. Hierfür müssten noch Gauben in die Dachfläche eingebaut werden. Die Denkmalschutzbehörden gaben bislang für alle geplanten Baumaßnahmen grünes Licht.
Ersatzflächen für den Bauhof
Auch die Hallen, die vom Kirchplatz aus gesehen links auf dem Grundstück liegen gehören zur Verkaufsmasse. Da diese bisher durch den gemeindlichen Bauhof genutzt werden, hat die Söllner Wohn- und Gewerbebau zugesagt, ab Beginn der Baumaßnahmen der Gemeinde bis auf Weiteres Ersatzflächen für den benötigten Lager- und Stauraum zur Verfügung zu stellen.
In einem Rundumschlag gelang es nun sowohl historische Bausubstanz zu retten als auch sozialen und seniorengerechten Wohnungsbau zu fördern.