
Marina Englert ist glücklich. „Für mich ist das ein neuer Abschnitt, der Start in ein eigenständiges und unabhängiges Leben“, sagt sie. Am Dienstag hat die 30-Jährige beim Schweinfurter Domicil-Seniorenpflegeheim in der Theresienstraße eine sozialversicherungspflichtige Arbeitsstelle als Alltagsbegleiterin angetreten.
Das Besondere daran: Englert war bereits seit 2018 über „Mensch inklusive“ in dem Haus beschäftigt. „Mensch inklusive“ ist ein von der Lebenshilfe Schweinfurt betriebenes Projekt, das Menschen mit Behinderung wohnortnahe Arbeitsplätze in Betrieben des allgemeinen Arbeitsmarkts vermittelt. Formal bleiben die Personen allerdings bei „Mensch inklusive“ angestellt, informiert eine Pressemitteilung der Lebenshilfe.
Für die direkte Anstellung bei Domicil benötigte Englert eine deutschlandweit anerkannte Fortbildung zur Alltagsbegleiterin. Das berufliche Fortbildungszentrum der bayerischen Wirtschaft in Schweinfurt bietet eine solche an. Lehrgänge bei externen Bildungsanbietern kann „Mensch inklusive“ aufgrund sozialrechtlicher Vorschriften jedoch nicht finanzieren. Englert hätte das Lebenshilfe-Projekt für die Fortbildung verlassen müssen.
„Dann haben wir nach Lösungen gesucht“, sagte Peter Pratsch, Projektleiter von „Mensch inklusive“, laut Pressemitteilung. Die kam in Form von Unterstützung durch den Bezirk Unterfranken. Peter Wagner, dort Referatsleiter, genehmigte „Mensch inklusive“ eine Aufstockung der Betreuungsleistungen, um damit die Fortbildung Englerts personell zu begleiten und zu finanzieren. Seine Entscheidung hat Wagner nicht bereut. „Die Fortbildung ist ein gutes Beispiel dafür, wie der gesetzlich verankerte Anspruch von Menschen mit Behinderung auf gesellschaftliche Teilhabe ganz praktisch umgesetzt werden kann“, wird er zitiert.
Englert schloss ihre Fortbildung zur Alltagsbegleiterin kürzlich mit sehr guten Noten ab. Knapp fünf Monate mit 562 Unterrichtseinheiten und 160 Praktikumsstunden liegen hinter ihr. Philipp Krech, Leiter des Schweinfurter Domicil-Seniorenpflegeheims, stellte sie für die Unterrichtseinheiten vom Dienst frei und hielt die Stelle für Englert bis zum Ausbildungsabschluss offen.
Gymnastik, Entspannungsübungen, Gedächtnis- und Mobilitätstraining, Zeit miteinander verbringen und vieles mehr: Ab sofort begleitet Englert die Domicil-Bewohner in Gruppen und einzeln 30 Stunden pro Woche. „Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagte sie laut Pressemitteilung. Und Krech hat eine hoch motivierte, neue Arbeitnehmerin gefunden. „Engagiert, zielstrebig, beliebt, einfühlsam, für die Stelle sehr gut geeignet“, beschreibt er Englert.