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SCHWEINFURT
Für Flüchtlinge fehlen Wohnungen
Flüchtlinge in der Erstaufnahme in Schweinfurt: Hier wie in Gemeinschaftsunterkünften steigt die Zahl der „Fehlbeleger“ – Menschen, die bereits einen Aufenthaltsstatus haben, sich eine Wohnung auf dem freien Markt mieten könnten und auch sollten, aber keine finden.
Foto: Martina Müller | Flüchtlinge in der Erstaufnahme in Schweinfurt: Hier wie in Gemeinschaftsunterkünften steigt die Zahl der „Fehlbeleger“ – Menschen, die bereits einen Aufenthaltsstatus haben, sich eine Wohnung auf ...
Stefan Sauer
Stefan Sauer
 |  aktualisiert: 03.12.2019 09:01 Uhr

Sie haben ihr Asylverfahren durchlaufen und eine gute „Bleibeperspektive“, sie können sich eine Wohnung auf dem freien Markt nehmen – finden aber keine. Unter den Flüchtlingen in den staatlichen Unterkünften steigt die Zahl der „Fehlbeleger“. Wieso eigentlich?

Das Problem ist bekannt. Laut Regierung von Unterfranken, zuständig für die Organisation der Flüchtlingsunterkünfte im Regierungsbezirk, waren Mitte März in der Erstaufnahmeeinrichtung (AE) Schweinfurt einschließlich aller ihrer Außenstellen 2694 Asylbewerber untergebracht, davon 741 in der Ledward-Kaserne.

Alleine in der Schweinfurter Einrichtung zählt die Regierung derzeit 275 Fehlbelegungen. Die Menschen könnten und sollten die AE längst verlassen haben und in einer eigenen Wohnung untergekommen sein – sie sind es aber nicht.

Johannes Hardenacke, Sprecher der Regierung von Unterfranken: „Viele bekommen zügig ihre Anerkennung und sind damit auszugsberechtigt und auch auszugsverpflichtet.“ Aber um Obdachlosigkeit zu vermeiden, dürften sie länger wohnen bleiben als eigentlich vorgesehen. In der sogenannten Anschlussunterbringung – darunter werden Gemeinschaftsunterkünfte (GU) und dezentrale Wohnungen verstanden – besteht dasselbe Problem: 13 049 Personen hätten dort (Stand: Ende Februar) in 38 GUs und 601 dezentralen Unterkünften gewohnt – darunter 1733 „Fehlbeleger“. Im Vergleich zum Stand Ende Januar seien das 400 „Fehlbeleger“ mehr gewesen.

„Wir ringen um jeden Platz“

Der glückliche Umstand ist dabei, dass derzeit – weil die Balkanroute „ praktisch geschlossen ist – nur wenige Flüchtlinge neu in der AE ankommen. „Wir ringen um jeden Platz in der Anschlussunterbringung“, sagt Hardenacke. Er appelliert an die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaften sowie Haus- und Wohnungseigentümer, „sich auch für die Aufgabe zu öffnen“.

Wer es ermöglichen könne, solle anerkannten Flüchtlingen mit Bleibeperspektive Wohnraum zur Verfügung stellen.

Flüchtlinge mit Aufenthaltsstatus fallen in die Zuständigkeit der Jobcenter. Das Schweinfurter Jobcenter hat deshalb einen Überblick über die Zahl der Bedarfsgemeinschaften und Personen, die im freien Wohnungsmarkt wohnen dürfen und sollen. In der Erstaufnahme und Unterkünften der Stadt registriert Jobcenter-Chef Roland Kotsch zurzeit 282 Bedarfsgemeinschaften mit 740 Personen – darunter 300 Kinder – als „Fehlbeleger“.

„Wir versuchen auch bei der Wohnungssuche zu helfen und suchen Kontakt mit den Wohnungsgesellschaften“, sagt Kotsch. „Einer der Sachbearbeiter spricht arabisch, der geht mit den Kunden auch mal zu den Wohnungsgesellschaften hin.“ Auch wenn dies keine originäre Aufgabe eines Jobcenters ist.

Der Landkreis Schweinfurt meldet auf Anfrage fast 400 „Fehlbeleger“, „Flüchtlinge, die inzwischen anerkannt sind und somit die Gemeinschaftsunterkünfte, die die Regierung betreibt, und die dezentralen Unterkünfte, die der Landkreis angemietet hat, verlassen und sich selbst um eine Wohnung bemühen müssen.“.

Landrat appelliert an Vermieter

Das werde den anerkannten Flüchtlingen klar mitgeteilt. Klar sei aber auch, „dass wir niemanden aus den Unterkünften rauswerfen, da sich sonst das Problem nicht lösen, sondern nur auf unsere Gemeinden verlagern würde“, heißt es in der Mitteilung weiter . Denn im Zweifel „würde diesen Menschen die Obdachlosigkeit drohen und damit ist niemandem geholfen“.

Landrat Florian Töpper: „Die Unterkunftssuche anerkannter Asylbewerber auf dem freien Wohnungsmarkt stellt eine besondere Herausforderung dar. Wir benötigen seitens der Vermieter eine gewisse Offenheit und Bereitschaft, an diesen Personenkreis Wohnraum zu vermieten.“ Töpper ist sich sicher, dass sich über kurz oder lang auch im ländlichen Raum die Frage nach sozialem Wohnungsbau stellen werde. Er wolle hier aber nicht vorgreifen, „da dies in der Zuständigkeit der Gemeinden liegt“.

 
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Kommentare
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  • w. k.
    Da diese Personengruppe jetzt dem Jobcenter untersteht, unterliegt sie auch dessen Mietpreisobergrenze und da ist die Lage schon für die einheimischen AlgII- Bezieher kritisch. Viele zahlen von dem jämmerlichen Regelsatz noch zur Miete, nur um eine Wohnung zu behalten.
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