zurück
SCHWEINFURT
Für Erdmöbel ist Klarheit öde
Ein Song auf Barack Obama? Nicht direkt. Erdmöbel findet einen besonderen Weg. Am Samstag trat die Band beim Nachsommer auf.
Foto: Josef Lamber | Ein Song auf Barack Obama? Nicht direkt. Erdmöbel findet einen besonderen Weg. Am Samstag trat die Band beim Nachsommer auf.
Karl-Heinz Körblein
Karl-Heinz Körblein
 |  aktualisiert: 02.04.2019 12:17 Uhr

Wer die neue, im Frühling erschienene CD von Erdmöbel nicht gekannt hat, mag sich möglicherweise über das Bild am Bühnenhintergrund gewundert haben. Ein angeschnittener Barack Obama, eine angeschnittene schlaff hängende US-Fahne. Wird es hier etwa politisch?

Fotoserie

Ein Stück schon, wie der Abend zeigt. Aber nicht sehr vordergründig. Wenn Sänger und Liedermacher Markus Berges an den früheren Präsidenten erinnert, dann nicht direkt, sondern via Al Jarreau: „Und sang im Einmal-im-Leben-Orchestra noch vor Ex-Präsident Barack Obama“. Kurz vor seinem Tod war der große farbige Musiker zu Gast im Weißen Haus.

Neue CD

„Hinweis zum Gebrauch“ heißt die neue CD, die nur zunächst ganz in der Tradition der vor 25 Jahren in Münster gegründeten und schon lange in Köln lebenden Band steht, nämlich ganz alltägliche Texte zum Ausgangspunkt ihrer Songs zu machen. Da kann dann ein Beipackzettel heruntergesungen werden oder, wie jetzt, ein Video über zehn Schritte zum Weinen, zu Fake-Tränen, zum „Tutorial“ werden. Eine Parodie auf Erklärvideos auf Youtube.

Schade, dass man zu Beginn des Nachsommer-Konzertes im nur gut zur Hälfte gefüllten ZF-Kesselhaus die Texte oft nur schwer versteht. Vielleicht ist dies die Ursache, dass das Publikum zunächst nicht so recht mitziehen will. Aber das ändert sich dann doch. Berges schreibt knappe Texte, spitzt auf den eingängigen Refrain zu, den er wie in einer Warteschleife immer und immer wieder wiederholt. Eingebettet in den satten Popsound der sechs wirklich guten Musiker entwickelt sich so ein Sog, der schließlich zum Mitmachen zieht.

Klangspielerei

Eines der schönsten Stücke ist „Hoffnungsmaschine“. Ein Duett zur Liebe, eine Klangspielerei, die sich im Nichts verliert. Die Band mag das Verwirrspiel, nennt Klarheit öde. Sie sieht sich nicht politisch und ist es doch jetzt ganz stark – beispielsweise in „Erschlagt die Armen“. Der Text spielt irgendwo im Ruhrpottmilieu. Vor einer Kneipe, ein Mann wie ein Gerippe, den Pappbecher in der Hand, um eine Kippe bettelnd. Das ist sehr poetisch, erweckt Mitgefühl, konfrontiert aber mit dem, was auf unseren Straßen zunehmend Raum gewinnt. Verrohung.

Mit Erdmöbel, der Begriff steht für Särge, ist der Nachsommer wieder einmal zum Grenzgänger geworden. Auch weil er eine Band geladen hatte, die im Süden des Landes nicht sonderlich bekannt ist. Mit den neuen Songs könnte es durchaus anders werden.

Als Zugabe gibt es „Kung fu Fighting“. Auch hier wieder die Überraschung. Nichts Gewalttätiges, ein Liebeslied, eine Erinnerung. Erdmöbel mag das Verwirrspiel.

Erdmöbel im ZF Kesselhaus. Frontmann Markus Berges steht für poetische, aber durchaus irritierende Texte.
Foto: Josef Lamber | Erdmöbel im ZF Kesselhaus. Frontmann Markus Berges steht für poetische, aber durchaus irritierende Texte.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Karl-Heinz Körblein
Al Jarreau
Barack Obama
Berge
YouTube
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top