Wie schafft man es, dass einem als Regierungsmitglied des Freistaats die Herzen der hierzulande als zurückhaltend geltenden Zuhörer binnen weniger Minuten zufliegen? Man spricht als CSU-Minister vor Landwirten, der Kernklientel der Partei. Man lobt den Gastgeber, in diesem Fall das Familienunternehmen Müller als Veranstalter der Frühjahrsmesse. Man klopft sich selbstbewusst auf die Brust. Man lobt die Rechtschaffenen und Fleißigen. Man streut ein paar flotte Sprüche ein. Und vor allem bekennt man sich offensiv zu seiner fränkischen Identität. Fertig. Dieses Rezept kennt Finanzchef Markus Söder nur zu gut. In Holzhausen hat er es am Freitagmorgen aus der Tasche gezogen.
Söders Botschaft ist im Kern die, die in den 27 Wochen vor der Landtagswahl derzeit alle führenden CSU-Vertreter im Munde führen: Insgesamt gesehen geht es uns in Deutschland gut. Auch „weil es uns Bayern gibt“. Also bewegt sich der Jammer auf hohem Niveau. Sein Beweis: die Debatten um die Pferde–Lasagne. Sowas bringe die Landwirtschaft in Generalverdacht. Beifall.
Zum Standardrepertoire gehört der Länderfinanzausgleich, gegen den der Freistaat klagt. Weil er der einzige Einzahler sei und es einen einzigen Profiteur gebe: Das Land, das sich mit einem Flughafenbau hervortue, ätzt Söder gegen Berlin. „Es kann nicht sein, dass die Bayern schaffen und die andern geben's Geld aus.“ Die Grenze von der Gutmütigkeit „zur Doofheit“ sei erreicht. Auch das kommt im Auditorium gut an.
Die gleiche Argumentationskette beim Euro: Nicht die Währung sei in der Krise, sondern die Staaten, die Schulden anhäufen und somit zum Spielball von Finanzspekulanten mutierten. Deshalb erteilt er der Vergemeinschaftung der europäischen Schulden eine Absage: „Die sollen's selber zahlen.“ Söders Rezept: Es so machen wie Bayern, das seine Verbindlichkeiten derzeit abbaue. Um „keine Nussschale auf dem Ozean der internationalen Spekulanten zu sein, sondern ein starker Tanker“, populisiert Söder.
Dann zieht er seine Franken-Karte: die Schlüsselzuweisungen, von denen bislang vor allem die Landeshauptstadt profitiert habe. Doch er und seine Mitstreiter wie etwa Staatssekretär Gerhard Eck haben das geändert. München bekommt nun 71 Prozent weniger, der Landkreis Schweinfurt 294 Prozent mehr. Treffer. Und ganz nebenbei noch ein Schuss vor den Bug des München-OB und Ministerpräsidenten-Herausforderers Christian Ude.
Bei den Fleißigen und der Mitte der Gesellschaft ist Söder wieder bei der Landwirtschaft angekommen. Deswegen dürfe es keine Steuererhöhungen geben. Schon gar nicht bei der Erbschaftssteuer, die manches Familienunternehmen in den Ruin treibe.
Allerdings geben die Bauern in Holzhausen Söder noch eine Aufgabe mit auf dem Weg. In einem Rollenspiel zeigen sie dem Minister auf der Bühne, wie ein Landwirt eine Woche lang mit der Bürokratie zwischen Erosionsschutzkataster, Humusbilanz und Arzneimittelaufzeichnung kämpft. Die Feldarbeit bleibt auf der Strecke: „Wenn wir bei der Prüfung kee Sanktionen kriegen, ham'mer mehr Geld als die Bauern, die aufm Acker säen“, witzelt Bauer Eugen Drescher. Symbolisch drücken sie Söder einen leeren Aktenordner in die Hand mit dem Wunsch, dass er sich nie füllen möge.
Lobbyarbeit betreibt der Bauernverband auch mit einer Unterschriftenaktion für die Einführung der Unterrichtsfachs Alltags- und Lebensökonomie, und einer Plakataktion im Freien, die das wahre Bauernleben ohne Romantizierung zeigen soll. Söder ist guter Laune. Er lässt den Wagen halten und sich mit den Verbandsvertretern vor den bunten Postern ablichten. „Bleibt anständig“, ruft er lässig im Gehen.
Die Frühjahrsmesse in Holzhausen läuft noch an diesem Samstag und Sonntag mit Informationen und Unterhaltung. Das Firmengelände ist jeweils von 9 bis 18 Uhr geöffnet.