Den richtigen Zeitpunkt für ihre erste Aprikosen-Ernte will Petra Sandjohann unbedingt erwischen. Dann, wenn ihre Bio-Früchte ganz kurz vor der Vollreife stehen. Damit sie süß, aromatisch und frisch vom fränkischen Baum schmecken, wenn sie beim Käufer in der Region ankommen. Von den bislang 630 jungen Bäumchen des Schlossguts Obbach kann die Agrar-Ingenieurin heuer zum ersten Mal ernten. Damit hat sie die größte und noch dazu biologische Erwerbs-Aprikosenanlage Unterfrankens geschaffen.
Als Pionierin versteht sich die landwirtschaftliche Fachfrau, die mit ihrem Mann Bernhard Schreyer das Schlossgut bewirtschaftet, ein Demonstrationsbetrieb für den ökologischen Landbau, der den Naturland-Richtlinien unterliegt. Sie hat mit dem großflächigen Anbau der Bio-Aprikose Neuland betreten, „einer interessanten Frucht mit hohem Anbaurisiko“, erklärt sie.
Das bekam sie schon im vergangenen Jahr zu spüren, als prächtige Blüten im März eine gute erste Ernte der damals zweieinhalbjährigen Pflanzen versprachen. Doch eine starke Frostnacht machte ihre Hoffnung zunichte.
„Das war vom 15. auf 16. April“, erinnert sich Petra Sandjohann. Sie weiß das Datum deshalb so genau, weil ihr ganzes Herzblut in dem Projekt steckt, weil sie täglich ihre Obstplantage betreut und pflegt. „Viele Leute schütteln den Kopf: Wie kann man nur?“, gibt sie die Skepsis wider. Aprikosen – in der „Vorrhön“?
Von der samtigen gelb-orange-roten Steinfrucht war die Landwirtin schon immer fasziniert. Auf der Suche nach einer Erweiterung des Angebots für ihre Direktvermarktung intensivierte sie ihre Kenntnisse. „Aprikosen wollen geringe Niederschläge, eine mittlere Jahrestemperatur über acht Grad und vor allem einen besonderen Standort.“ Einen, der sich im Frühjahr schwer erwärmt, also eine leichte Nordlage hat, damit die Blüte nach hinten verzögert wird. Und eine Hanglage, dass die kalte Luft abfließen kann. Ein etwa ein Hektar großes Schlossgut-Feld zwischen Obbach und Sulzthal hatte alle diese Eigenschaften.
„Bis minus 20 Grad im Winter erträgt die Aprikose“, erklärt die Agrar-Ingenieurin. Problematisch sei aber, wenn bei einem frühen Austrieb starker Frost im Frühling in die Knospen oder Blüten einfalle.
In diesem Frühjahr passte es mit dem Wetter. So dass jetzt an den 630 Bäumchen viele Früchte hängen, schätzungsweise zwei Tonnen. „Den Behang nach der Blüte habe ich ausgedünnt, etwa ein Drittel abgepflückt“, denkt Petra Sandjohann zurück. Denn Ziel seien große, aromatische Früchte und eine Schonung des Baumes.
Dieser könne aber auch durch das ungelöste Phänomen des „Aprikosensterbens“ getroffen werden. Jährlich gehen „etwa fünf bis zehn Prozent der Bäumchen in zwei Tagen einfach ein“, so die Obbacherin. Auch auf ihrer Obstplantage gab es Ausfälle. Dazu kamen jüngste Sturm- und Hagelschäden.
Aus der österreichischen Wachau besorgte sie ihre ersten 450 Setzlinge. Dort werden die Aprikosen Marillen genannt, eine geschützte Bezeichnung, die nicht auf hiesige Früchte übertragbar ist. Dann kaufte sie auf Empfehlung der Veitshöchheimer Landesanstalt für Wein- und Gartenbau 180 weitere Pflanzen. Insgesamt neun verschiedene Sorten wachsen in Reihen auf dem Acker.
„Sylred, Harogem, große Pincot für Kuchen“, zählt sie auf. Oder die alte, gegen die Scharkakrankheit resistente Sorte Kuresia, und Tardicot, die erst spät reift. Auffällig auch eine ganz rote Aprikose, die Big Red.
Vor wenigen Tagen begann Petra Sandjohann mit dem Pflücken, bis Mitte September wird sie Aprikosen ernten können. ,„Mein Tag beginnt jetzt um 5 Uhr“, lächelt sie. Mit maximal einem Helfer bewältigt sie übers ganze Jahr die Arbeit alleine.
Verkauft werden die heimischen Aprikosen im Hofladen am Schlossgut Obbach, auf dem Schweinfurter Wochenmarkt bei Isolde Tietze und im Supermarkt Tegut am Hainig. Denn kurze Wege zum Kunden sind das Credo, die Bio-Früchte werden ausgereift und frisch angeboten. Geeignet sind sie nicht zur zum Essen, sondern für Kuchen, Marmelade oder gar Schnaps, den Petra Sandjohann brennen lassen will.
Zwar gibt sich Petra Sandjohann noch vorsichtig, was die Zukunft anbelangt. Aber sie wird im November weitere 200 Bio-Aprikosenbäumchen setzen, 100 Bio-Mirabellen und 100 Bio-Aprimira, eine Mischung aus Mirabellen und Zwetschgen. Nicht zu vergessen die 60 Bio-Tafelpflaumen.
Für die neu ernannte bayerische Öko-Modellregion Oberes Werntal ist der Bio-Steinfrucht-Anbau ein Vorzeige-Projekt. Eines, das beweist, was in Sachen Lebensmittel in der Region für die Region möglich ist.