SCHWEINFURT
Friedrich Rückert vom Sockel geholt
Was hat er nicht alles mitgemacht, der Schweinfurter Weltpoet Friedrich Rückert während seines 150. Todesjahrs. Er wurde von Ottmar Hörl als Plastikfigur gezeigt, seine Gedichte wurden in Poetry Slams „verrückert“ und selbst in Entenhausen bei der Comic-Familie Duck wurde er zitiert. Nun, da kann dem 1866 gestorbenen Genie, das als Begründer der modernen Orientalistik gilt, 44 Sprachen konnte und über 20 000 Gedichte schrieb, die Kunstaktion im Rahmen der Nacht der Kultur des Schweinfurter KulturPackts auch nicht mehr viel anhaben.
Thermofoliage-Technik
Der Würzburger Künstler Max Gehlofen hatte das seit über hundert Jahren am Marktplatz stehende Rückert-Denkmal – der Dichter auf einem Stuhl sitzend in nachdenklicher Pose gen Rathaus blickend – in mehrstündiger Arbeit mit Haushaltsfolie eingewickelt, mit Heißluft verschweißt und damit eine abnehmbare Kopie der meterhohen Bronzeskulptur geschaffen. Thermofoliage-Technik nennt sich das, etwas, das der Absolvent der Ruhrakademie schon mehrfach angewandt hat. Nachdem er die Hülle abgenommen hatte, verschweißte er sie, malte sie innen gelb aus und ließ sie in der Nacht von innen beleuchten.
Rückert vom Sockel geholt, Rückert zu den Menschen gebracht – als nach der Aktion der Plastik-Rückert durch die Zuschauerreihen getragen wurde, war das nicht nur ein besonderer künstlerischer Moment, man hätte auch kurz glauben wollen, dass der wohl gebildetste Dichter in der Geschichte diese Kunstaktion nicht so schlecht gefunden hätte. Denn eines wollte er nie: hoch oben auf einem Sockel sitzen.
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