Ob die Geschichte stimmt, die Ehrenvorsitzender German Cramer am Rande der Enthüllungsfeierlichkeiten erzählte? Schön ist sie jedenfalls. Danach soll der Mechaniker Friedrich Fischer in der Küche auf seine bahnbrechende Erfindung der Kugelmühle gekommen sein, als er seine Köchin beim Formen der Klöße beobachtet hatte. Seine Serienfertigung von Präzisionsstahlkugeln hat die Entwicklung Stadt mehr beeinflusst als irgendeine andere Erfindung. Als Hommage an Fischer hat die Gesellschaft Harmonie eine Relieftafel gestiftet, die am Donnerstag enthüllt wurde.
Sie hängt am Gebäude der ehemaligen Spinnmühle, an der Fassade zur viel befahrenen Harmoniekreuzung, also sehr nahe am eigentlichen Geburtsort des Wälzlagers – der modernen Weiterentwicklung von Fischers Präzisionskugeln. Zwei Häuser weiter hatte Friedrich ab 1892 seine Produktion. Oberbürgermeister Sebastian Remelé und Harmonievorsitzender Georg Kreiner enthüllten mit Hilfe eines langen Stocks das Bronzerelief, das Bildhauer Peter Vollert geschaffen hat: Eine Reihe Kugeln teilt einen Kreis. Oberhalb sitzt das Halbporträt von Friedrich Fischer, darunter ein kurzer Text.
Kreiner nannte wichtige Daten aus dem Leben von Friedrich Fischer, die hier noch etwas weiter ausgeführt werden sollen. Friedrich Fischer wurde 1849 als Sohn von Philipp Moritz Fischer geboren, dem Miterfinder der Tretkurbel. Nach seinen Lehrjahren kehrte er 1872 nach Schweinfurt zurück, um in seinem Elternhaus in der Oberen Straße eine Nähmaschinen-Werkstatt einzurichten. Er handelte mit Nähmaschinen und Fahrrädern, bis er sich selbst an die Produktion von Fahrrädern wagte – offenbar inspiriert durch die Experimente seines Vaters. Weil die Kugeln, die er aus England bezog, teuer und von schlechter Qualität waren, machte Friedrich Fischer Versuche, um selbst Präzisionskugeln herzustellen.
1883 entwickelte er seine erste Kugelschleifmaschine, die er immer weiter verbesserte, bis er 1890 sein erstes Patent zum Rundschleifen von Gusskugeln auf der Basis der Kugelmühle anmelden konnte. Inzwischen war er mit der Werkstatt in das Anwesen Markt 24 umgezogen, doch auch diese Produktionsstätte war bald zu klein. 1892 zog Fischer in die Spinnmühle am Mainufer, die den Vorteil hatte, dass er eines der beiden Wasserräder nutzen konnte. Seine Stahlkugeln, die aufgrund der Massenproduktion günstig verkauft werden konnten, fanden im In- und Ausland großen Absatz.
1896 erwarb Friedrich Fischer ein großes Gelände am Zentralbahnhof in Oberndorf. Ein Jahr später wurde sein Unternehmen in die Aktiengesellschaft „Erste Automatische Gußstahlkugelfabrik, vormals Friedrich Fischer“ umgewandelt. Am 2. Oktober 1899 starb Fischer. Der Schlossermeister Georg Schäfer übernahm das Unternehmen 1909 und führte es auf den Weg zum Weltkonzern.
Oberbürgermeister Sebastian Remelé betonte bei der Feierstunde, dass es vor allem kleine Handwerker mit einer soliden Ausbildung gewesen seien, die den Grundstein für den Wohlstand der Stadt gelegt hatten. Der Gesellschaft Harmonie dankte er für ihr Engagement für eine bürgernahe Geschichtsschreibung. Dies sei in Zeiten eines drohenden „historischen Analphabetismus“ – wie er die FAZ zitierte – besonders lobenswert.
Mit besten Grüßen,
Simon Metzger
(Multimedia-Redaktion)