„Die Corona-Zeit ist doof“, meint Lukas Martin, 19 Jahre alt und wohnhaft in Hambach. Er arbeitet in der Werkstatt für behinderte Menschen Sennfeld der Lebenshilfe Schweinfurt und lernt in seiner Freizeit gern neue Leute kennen. Hierfür nutzt er unter anderem den familienentlastenden Dienst (FED) der Offenen Hilfen der Lebenshilfe Schweinfurt und fiebert dabei den Samstagstreffs entgegen. Coronabedingt dürfen diese derzeit allerdings nicht stattfinden, worunter Martin sehr leidet. „Ich denke immer an die Samstage und wann es endlich wieder losgeht“, meint er. Die von den Offenen Hilfen organisierten Treffs und Ausflüge bedeuten für ihn gesellschaftliche Teilhabe und Lebensfreude.
Einzelbetreuungen dank freiwilliger Mitarbeiter möglich
Obwohl Gruppenangebote für Menschen mit Behinderung im Moment ausgesetzt sind, bietet der FED der Offenen Hilfen nach wie vor Einzelbetreuung für Kinder und Erwachsene mit Behinderung an, heißt es in einer Pressemitteilung der Lebenshilfe Schweinfurt. Erbracht wird diese von freiwilligen und ehrenamtlichen Mitarbeitern. Für die Nutzer des Angebots und deren Angehörige eine wichtige Leistung: Gerade in der aktuellen Zeit fehlen coronabedingt besonders Menschen mit Behinderung soziale Kontakte, zum Beispiel der Austausch mit Mitschülern, Kollegen und Freunden. Zudem benötigen Eltern und pflegende Angehörige von Menschen mit Behinderung besonders jetzt mehr denn je Zeitfenster, um wieder Kraft für sich schöpfen.
Freiräume schaffen, miteinander sprechen, spielen, spazieren gehen, zuhören, da sein: Hier kommen die freiwilligen und ehrenamtlichen Mitarbeiter der Offenen Hilfen ins Spiel. Zugrunde liegen dabei die Einhaltung aller staatlichen Vorgaben und das Hygienekonzept. In Absprache mit den hauptamtlichen Mitarbeitern der Offenen Hilfen, den Betreuten und ihren Familien werden Vorgehensweisen, Aktivitäts- und Betreuungsmöglichkeiten zu Hause oder außer Haus erarbeitet.
„Einfach toll, diese Motivation unserer Freiwilligen während dieser besonderen Zeit“, freut sich Rita Weber, Leiterin der Offenen Hilfen. Bemerkenswert seien vor allem die Ideen und neuen Wege, die von den freiwilligen Mitarbeitern beschritten würden, um trotz Corona eine abwechslungsreiche Freizeitgestaltung zu bieten.
Neue Lebenswelten entdecken
„Die Betreuungszeit in der Coronazeit erlebnisreich zu gestalten, ist relativ einfach, wenn man auf dem Dorf lebt“, meint die angehende Erzieherin Alina Ebert aus Unterspiesheim. Sie betreut regelmäßig sonntags für sechs Stunden die fünfjährige körperbehinderte Samantha. Die Betreuung findet zu Hause bei Ebert statt, „weil der Ortswechsel spannende Abwechslung bietet“. Samantha sei ein Stadtkind und freue sich immer riesig, die Ziegen, Hühner, Rehe und Wildschweine, die es im oder in der Nähe des Dorfs gebe, zu besuchen. Nach den Tierbesuchen seien der Spielplatz oder Brettspiele bei Ebert zu Hause beliebte Programmpunkte.
Auch Samanthas Mutter ist von dieser Betreuungssituation begeistert. „Es ist schön zu sehen, dass Samantha sich auf Alina freut und gerne mit ihr nach Unterspiesheim fährt. Das tut auch mir gut, da ich als Alleinerziehende nicht so oft Zeit für mich habe“, erklärt sie. Mit dem FED der Offenen Hilfen sei sie sehr zufrieden, da sie trotz der Coronazeit sogar die Möglichkeit der für sie nötigen Kinderbetreuung bekommen habe.
Corona-Hürden überwinden
Große Verunsicherung brachte der Ausbruch des Coronavirus für die 66-jährige Karin Hauer. Sie betreut seit November 2018 jeweils einmal pro Woche für drei Stunden einen bettlägerigen, schwerbehinderten 54-Jährigen, der von seiner Frau zu Hause gepflegt wird. „Wir waren am Anfang der Pandemie völlig verunsichert und haben die Betreuung pausiert, da mein Betreuter zu den Hochrisikopersonen zählt“, berichtet Hauer. Nach dem ersten Schock habe man die Betreuung aber unter Berücksichtigung der Hygieneregeln wieder aufgenommen. „Ich habe gemerkt, dass ich die drei Stunden Freiheit unbedingt brauche“, so die Ehefrau des Betreuten, „und war heilfroh, als Frau Hauer ihre Besuche bei uns fortgesetzt hat.“
Individuelle Unterstützung und Rat hätten beide Parteien von Anfang an optimal über den FED erhalten, meint Hauer. Zu Beginn hätte sie Bedenken gehabt, die anspruchsvolle Betreuung zu stemmen. Dank der guten Unterstützung durch die hauptamtlichen Mitarbeiter der Offenen Hilfen, die ihr Mut zugesprochen hätten, habe sie sich jedoch schnell in die Betreuungssituation eingelebt. „Wir kennen uns inzwischen schon gut, sind auf einer Wellenlänge und mit der Zeit sogar Freunde geworden“, meint Hauer.
Fit durch Online-Schulungen
Neben Gruppenangeboten liegen aufgrund der Coronasituation auch die klassischen Schulungs- und Begegnungsangebote der Offenen Hilfen auf Eis. Mittels Online-Schulungen und -Treffs gehen die Offenen Hilfen hier aber neue Wege. Dies kommt auch der freiwilligen Mitarbeiterin Analena Veitz gelegen, die coronabedingt weniger Einsätze leistet. Sie will sich mit den Online-Schulungen noch mehr in das Thema einarbeiten.
Zwei Module der Grundschulung „Menschen mit Behinderung begegnen“ hat sie bereits absolviert, für weitere hat sie sich schon angemeldet. Da sie einen Ausgleich zu ihrer Arbeit als Kauffrau für Bürokommunikation sucht und ihre Freizeit sinnvoll verbringen will, freut sie sich auf die nächsten Einsätze für die Offenen Hilfen. Nach ihrem ersten Schnupper-Einsatz im Januar 2020 folgten weitere Betreuungen als Freizeitbegleiterin für Erwachsene mit Behinderung.
Wer an einer Mitarbeit interessiert ist, findet bei den Offenen Hilfen unter www.lebenshilfe-schweinfurt.de weitere Informationen.