„Rotarier, Zonta, Lions, Round Table - worin besteht der Unterschied zur Freimaurerei?“, wollte eine Besucherin am Ende der vhs-Veranstaltung „Freimaurerei ist auch Frauensache“ wissen. Ute Domeyers Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: „Wir machen nicht von uns reden. Sie werden uns nicht bei einer Scheckübergabe in der Zeitung abgebildet sehen und wir tun etwas für unseren Geist“, sagte die Bayreutherin, Mitglied der Loge „Aurora“ in Nürnberg. Diese Aussage blieb in der großen, fast ausschließlich weiblichen Zuhörerschaft unwidersprochen, musste aber erstaunen, war an diesem Abend doch oft von Respekt und Toleranz die Rede.
Die Referentin Elly Keinholz kommt aus Schweinfurt, ist Mitglied der Loge „Vier Elemente im Licht“ Darmstadt und blickte zunächst auf die komplexe Geschichte der Freimaurerei zurück. Ihren Ursprung hat die Freimaurerei in den Gildenbruderschaften der mittelalterlichen Dombauhütten. „Freemasons“ wurden die Steinmetzkünstler in England genannt, die ihre Kunst als Berufsgeheimnis wahrten und auf geheime Zeichen hin in „Lodges“ weitergaben. Hieraus leiten sich die Begriffe „Freimaurer“ und „Loge“ ab. Infolge gesellschaftlicher Veränderungen wandelte sich die Mitgliederstruktur im Laufe der Zeit, es fanden sich Menschen unterschiedlichster Herkunft und Niveaus zusammen. Die Pflege von Werten wie Toleranz, Humanität, Kosmopolitismus, gegenseitige Achtung rückten in den Mittelpunkt.
Die Geschichte der weiblichen Freimaurerei geht auf die Damen der französischen Salons des 17. und 18. sowie die Frauenrechtsbewegung des 19. Jahrhunderts zurück. Als Plattform für Gleichgesinnte entstanden an deutschen Fürstenhöfen Mitte des 18. Jahrhunderts erste Frauenlogen. Namen wie Markgräfin Wilhelmine von Bayreuth oder Herzogin Anna Amalia von Weimar sind zu nennen. Im Nachkriegsdeutschland bildete sich 1949 in Berlin der erste Freimaurerinnenbund. Frauen waren mobiler und selbstbewusster geworden. Heute gibt es 21 weibliche Logen, weitere sind in Planung.
Feminismus weisen die Freimaurerinnen von sich. Im Mittelpunkt stehen: Begegnung auf gleicher Ebene, Entwicklung geistiger Kraft, Gedankenfreiheit, Toleranz, ein neuer Blick auf die Welt und deren Verbesserung. Für Freimaurerinnen, sagt Elly Keinholz, gebe es weder nationale, rassistische, religiöse noch politische Abgrenzungen. Was zählt, sei die Menschlichkeit. Jede geistig und materiell unabhängige Frau ab 21 Jahren kann Freimaurerin werden.
Interessenten, „Suchende“ genannt, müssen Kontakt zu einer Loge aufnehmen. In dieser Loge besucht man etwa ein Jahr lang Gästeabende, kann dann einen Aufnahmeantrag stellen. Voraussetzung sind eigene Ziel- und Wertvorstellungen, ein sittlicher Lebenswandel, der Glaube an ein höheres Wesen (egal welcher Art), Respekt vor anderen, das Streben nach Wissen und Weiterbildung.
Über den Aufnahmeantrag entscheiden die Logenmitglieder per „Kugelung“. In geheimer Abstimmung werden weiße und schwarze Kugeln geworfen. Zwei schwarze bedeuten Ablehnung, drei gar weltweite Sperrung. Wird dem Antrag stattgegeben, bekommt „der Lehrling“ ein Jahr lang tiefergehende Einführungen in Symbolik und Bildersprache. Es folgt ein weiteres Jahr als Gesellin und schließlich die Erhebung zur Meisterin. Eine Verpflichtung auf Lebenszeit, es sei denn, „man deckt das Dach auf und geht hinaus“, was mit Austritt gleichzusetzen ist.
Ein besonderer Stellenwert komme dem Initiationserlebnis zu, das sehr individuell sei, so Keinholz, und deshalb im Geheimen bleibe. Ansonsten prägen Abende bei ritueller Tempelarbeit in festlicher schwarzer Kleidung (längerer Rock oder Hose), umrahmt von Musik, Vorträgen, Gäste- und „Schwestern“-Abende das Leben der Freimaurerin. Sie persönlich, beschrieb Elly Keinholz ihre Entwicklung, sei neugieriger, kritischer, gelassener, toleranter geworden und habe sich viele ungeahnte Bereiche erschlossen. Im privaten Bereich helfe die Schwesterngemeinschaft dabei, Probleme zu bewältigen. „Wir reden nicht, wir helfen“, direkt von Schwester zu Schwester, beispielsweise beim Projekt „Menschen für Menschen“ des Freimaurers Karlheinz Böhm.
Viele Freimaurerinnen haben Migrationshintergrund, weibliche Logen gibt es in zahlreichen Ländern, allein in Istanbul arbeiten sieben, allerdings verdeckt. Freimaurer bilden eine große, weltumspannende Gemeinschaft. In Schweinfurt käme wohl in naher Zukunft keine weibliche Loge zustande, so Ute Domeyer und Elly Keinholz, da es eine gewisse Zahl an „Eingeweihten“ braucht, die die Geheimnisse des Bundes weitertragen können.
Interessierte Frauen aus der Region können sich an die Logen in Nürnberg, Aschaffenburg, Darmstadt, Weimar und demnächst in Meiningen wenden.
Mehr Informationen unter www.freimaurerinnen.de im Internet.