Streng genommen ist es kein Wirtshaussingen, was da an jedem "letztn Freidich" im Monat im Madenhäusle zelebriert wird. Zum 150. Mal hat Sabine Böhm zu "Sabines Wirtshausmusikanten" eingeladen, ins Mundartwirtshaus, das sie mit Ehemann Ernst betreibt. Das spontane Musizieren in der Gaststube steht eindeutig im Vordergrund: "Wenn jemand mitsingen will, darf er das natürlich gerne", sagt die Chefin des Hauses, die gerne selbst zum Akkordeon greift. Fragt man die Besucher, ob sie auch wegen der "Livemusik" da sind, hört man ein: "Ja, logisch!" Die sangesfreudigen Feinschmecker am Nebentisch sind extra aus Volkach und Untereuerheim in den Schweinfurter Norden gefahren.
Dank eigenem Liedheft fällt das Mitsingen leicht. Es geht um die Pflege der heimischen Wirtshauskultur, nicht nur mit Bratwürstli und Kartoffelsalat oder einem Franken-Dinner wie zu Omis Zeiten. Das Madenhäusle zählt ganz offiziell zu Bayerns "100 besten Heimatwirtschaften" und hat den "Stammtischbruder 2015" erhalten, eine Art Oscar der Brauchtums-Gastronomie. Ganz nebenbei ist "Äs Madenhäusle" noch Unterfrankens erstes "musikantenfreundliches Wirtshaus", ein Ehrenschild des gleichnamigen Arbeitskreises, dem unter anderem der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband angehört.
Nur heißt Tradition bekanntlich nicht das Bewahren von Asche, sondern das Schüren der Glut. Als Einheizer spielt an diesem Abend das bekannte Schweinfurter Trio Silberdistel, mit "Friends". Während es draußen ein bisschen neblig ist und frisch, wärmt drinnen der Kachelofen. Dabei haben vor ein paar Tagen noch sommerliche Temperaturen geherrscht. Schorsch Kraus, Klarinettist der Silberdisteln, schlägt entsprechend einen Song über den Klimawandel vor. Über "Brauner Bär" und "Weiße Taube", die durch ein wildes Wasser voneinander getrennt waren: "Aber dann kam das Hitze und das Wasser, das verschwand."
In den Liedern geht es ums Zuprosten und um die Gemütlichkeit, aber auch die Liebe im Mondschein. Um die fränkische Heimat oder einfach nur den Mordsverkehr, von Üchtelhausen, Schonungen, Niederwerrn, Sennfeld, Galderschum, nach Schweinfurt nei und wieder zurück. F-Dur? A-Dur? "Egal, wir spielen nach Gefühl". Zu den Liedli gibt es Gedichtli und Geschichtli, etwa übers Badewasser, das sich früher nicht nur die ganze Familie teilen musste. Sondern manchmal auch noch zum Abspülen oder für die Wäsche diente. Später kommen die "Urlesbacher Musikanten" von einer Musikprobe. Erst schauen die Trompeter beim Stammtisch vorbei, dann weitere Blasmusiker aus Aidhausen: mit einem Geburtstagsständchen für 150 Freitage voller Geselligkeit, Atmosphäre und Franken-Folk.