Nach diesem Theater-Abend geht man mit keinem leichten Gepäck nach Hause. "Free Mandela", eine beeindruckende Produktion der American Drama Group Europe, wirkt nach. Nicht nur, weil man sich fragt, wie es sein konnte, dass weiße Südafrikaner glaubten, sie wären die Krone der Schöpfung, sie könnten sich alles erlauben. Und die Menschen, die eine dunklere Hautfarbe haben, seien ihnen Untertan. Erst 1994 endete in Südafrika das System der strikten Rassentrennung, die Apartheid.
Nein, das Stück (in englischer Sprache) geht einem auch nach, weil Rassismus ein aktuelles Thema ist. Und zwar an zu vielen Ecken der Welt. Das gibt "Free Mandela" eine besondere Tragweite.
Die Geschichte zweier Mandelas
Autor und Regisseur Paul Stebbings erzählt die Geschichte zweier Mandelas: Nelson Madiba und seiner Frau Winnie. Es geht nicht um Heldenverehrung, um Verklärung. Es geht um die Frage, welchen Preis jemand bereit ist zu zahlen. Persönlich, moralisch. 27 Jahre saß Nelson (den englischen Namen bekam er in der christlichen Schule verpasst) Mandela in Haft. Einen Großteil der Zeit in Einzelhaft auf Robben Island. Das hat ihn nicht gebrochen. Wahrscheinlich ist das das Unglaublichste an seiner Geschichte. Sobowale Bamgbose nimmt man den Charismatiker, den Ungebrochenen ab. Er schafft es sogar, einen brutalen Aufseher (Alpha Karbo) zurück auf die Basis der Menschlichkeit zu ziehen.
Chipo Kureya spielt die junge, Anne Marie Anang ebenso überzeugend, die reife Winnie. Faszinierend zu sehen, wie sich die junge Frau verwandelt. Sie wird eine Kämpferin, die am Ende auch nicht vor Gewalt zurückschreckt. "Free Mandela", der Titel passt auch auf Winnie. Sie saß im Gefängnis, war verbannt. Und wollte wohl nie einfach nur die Frau an seiner Seite sein. Das zeigt das Stück sehr eindringlich. Nelson scheinen die Ungerechtigkeiten und Hindernisse weiser gemacht zu haben. Ihr ist immer der Zorn anzumerken. Sie scheint nie aus ihrem Gefängnis herausgekommen zu sein.
Rassismus eindringlich deutlich gemacht
"Free Mandela" erzählt die Geschichte eines Mannes, eines Paares und eines Landes. Und auch die Geschichte von Rassismus. Das fällt besonders auf, wenn die Darsteller sich eine weiße Maske vor's Gesicht halten, wenn sie Weiße darstellen sollen. Blackfacing, sich also dunkel anzumalen, um Menschen mit dunkler Hautfarbe zu spielen – hatte eine schöne Tradition, nicht nur in Hollywood, auch in Theatern. "Free Mandela" zeigt durch die Umkehrung, wie absurd, verletzend und herabwürdigend das ist.
Das Stück hat auch heitere Momente, wenn Winnie und Nelson sich kennenlernen, zum Beispiel. Tambo (Edward Muruako) verkuppelt die beiden. Dabei lässt er sich einiges einfallen. "Wenn Du nicht mit ihm tanzt, tret ich Dir auf die Füße", sagt er. Wahrscheinlich das einzige Mal, dass Winnie etwas gemacht hat, was ihr jemand gesagt hat. Kurz wird die Verliebtheit der Mandelas gezeigt. Das macht das, was nachher in ihrer beider Leben passiert, um so brutaler.
Insgesamt eine beindruckende Produktion mit einer großartigen Ensemble-Leistung. Und einer Botschaft: Hautfarbe war und ist kein Kriterium, um einen Menschen zu beurteilen.