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Schweinfurt
Frauenwoche: Bilder aus den Tiefen der Seele
Wenn Kunst und Therapie eins werden, kann dies Menschen mit psychischer Erkrankung helfen, damit besser umzugehen. Wie dies im Borderline-Kompetenzzentrum umgesetzt wurde.
Man sieht sich im Spiegel und erkennt sich doch nicht. Für die kleine Ausstellung hat Olga Artamonova eine Collage zusammengestellt. Skizzen mit Szenen unterschiedlichster Gefühlslagen umrahmen einen kleinen Spiegel, in den man schon ganz genau schauen muss um sich selbst zu erkennen. Für sie ein Ausdruck dafür, wie es vielen Menschen geht, die sich zwar wahrnehmen, aber nicht immer genau wahrnehmen, was mit ihnen geschieht. 
Foto: Helmut Glauch | Man sieht sich im Spiegel und erkennt sich doch nicht. Für die kleine Ausstellung hat Olga Artamonova eine Collage zusammengestellt.
Helmut Glauch
Helmut Glauch
 |  aktualisiert: 10.05.2023 10:19 Uhr

Die Frauenwoche findet heuer, wenn überhaupt, nur digital statt. Auch Plan B e.V., der im November 2019 in der Neutorstraße ein Borderline Kompetenzzentrum – das einzige in Unterfranken – eröffnet hat, beteiligt sich mit einer Ausstellung an der Frauenwoche. Plan B ist ein gemeinnütziger Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, die Lebenssituation von Menschen mit psychischer Erkrankung, insbesondere einer Persönlichkeitsstörung, zu verbessern. Seit zehn Jahren ist Plan B in Schweinfurt aktiv. Die Eröffnung der Ausstellung unter dem Motto "#Störung – Inneres Erleben in Bild und Wort" wurde auch ins Internet verlegt, nach Voranmeldung können sich aber einzelne Personen selbst vor Ort im wahrsten des Wortes "ein Bild machen" und sich im Rahmen der geltenden Abstands- und Hygieneregeln durch die kleine Ausstellung führen lassen.     

Zu sehen sind teils sehr intime Bilder von betroffenen Frauen, für die ihre Kunst auch Therapie ist, die über das Malen oder Schreiben Wege gefunden haben, mit Borderline oder Lebenskrisen umzugehen. Da wäre zum Beispiel Olga Artamonova. Die 29-Jährige macht kein Geheimnis aus ihrer Persönlichkeitsstörung im Zusammenhang mit der Borderline-Erkrankung. Sie nutzt in der eigenen Wohnung die Möglichkeit des betreuten Wohnens, die das Borderline Kompetenzzentrum bietet.      

Sie hat sich mit den vielen Facetten internationaler Frauenbewegungen und dem Feminismus auseinandergesetzt. Frauen, meist als Selbstbildnis, sind schon immer das beherrschende Thema ihrer Bilder und Texte – Häufig selbstreflektierend, voller Leid, Schmerz und als Ausdruck innerer Zerstörung, dennoch nicht ohne Hoffnung und Schönheit. Zum Weltfrauentag hat sie sich Gedanken gemacht. Er sollte nach ihrem Dafürhalten doch mehr sein als ein Tag der Blumen und Anerkennung: Eine Erinnerung an all das, was Frauen in den vergangenen 100 Jahren erreicht haben und gleichzeitig ein Tag des Aufbruchs hin zu dem, was eben noch nicht erreicht ist.   

Am Weltfrauentag auf das Erreichte schauen und den Blick nach vorne richten

Genauso zwiespältig wie in weiten Teilen dieser Welt auch heute noch das Frauenbild ist, sind auch ihre Bilder. Frauen in passiver und destruktiver Form, meistens mit dem Bleistift gemalt, stehen bunte und zumindest verhalten positive Frauenbilder gegenüber. Sich selbst in seinen Bildern erkennen – dafür hat sie sich eine Collage zusammengestellt, in deren Mitte ein kleiner Spiegel mit einem schwarzen Balken in Höhe der Augen ist. Für sie ein Ausdruck dafür, wie es ihr, aber auch vielen Menschen geht, die sich zwar sehen, aber nicht "emotional erkennen" können. "Für mich sind meine Bilder eine positive Art Schmerz zu verarbeiten", fasst sie zusammen.  Gerne würde sie anderen Menschen in ähnlichen Situationen, zum Beispiel bei Workshops, Hilfestellung anbieten.      

Jennifer Goller greift meist spontan zu ihrem Malzeug. So entstehen aus dem Augenblick heraus Skizzen aus den Tiefen der eigenen Seelenlage. Für die 23-Jährige ist die Malerei vor allem Therapie und Selbstreflektion.
Foto: Helmut Glauch | Jennifer Goller greift meist spontan zu ihrem Malzeug. So entstehen aus dem Augenblick heraus Skizzen aus den Tiefen der eigenen Seelenlage. Für die 23-Jährige ist die Malerei vor allem Therapie und Selbstreflektion.

Bilder des Augenblicks, tief aus dem Raum der Gefühle und Emotionen, malt Jennifer Goller, die ebenfalls seit knapp drei Jahren im betreuten Wohnen lebt. "Borderline und Trauma" ist ihr roter Faden bei ihren Bildern, die sie, wie sie betont, nie plant, die plötzlich da sind und zu Papier gebracht werden wollen. Die Skizzen von meist unbekleideten Frauen, die die 23-Jährige zu Papier bringt, sind Momentaufnahmen, Reflektionen des eigenen Befindens. Und sie sind schonungslos in ihrer Offenheit, denn  sie scheut sich nicht, Frauen mit all ihren innerlichen und äußerlichen Deformationen sichtbar zu machen.

"Momentaufnahme" hat sie eine Sammlung von vier kleinen Bildern genannt, die sie selbst und ihre Gefühlswelt zu unterschiedlichen Zeitpunkten eines Tages skizzieren. "Da ist nichts gesteuert, ich habe mich einfach mit meinen Malsachen und Farben hingesetzt und diese Bilder kamen heraus", erklärt sie ihre Entstehung.

Borderline, das heißt Körperwahrnehmung und Gefühlslage können enorm variieren. Auch dies bringt sie zu Papier. "Nach außen ruhig und gelassen wirken, doch innerlich möchte man schreien." Dieses Gefühls-Dilemma einer Persönlichkeitsstörung, das sie als Betroffene selbst durchlebt hat, ist Thema vieler ihrer Bilder.

'Däumelinchen' nennt Olga Artamonova dieses Bild in Anlehnung an das gleichnamige Märchen.
Foto: Helmut Glauch | "Däumelinchen" nennt Olga Artamonova dieses Bild in Anlehnung an das gleichnamige Märchen.

Angst überwinden und aus Krisen lernen

Stärke zeigen, Scham und Angst überwinden, fähig werden, Hilfe anzunehmen. Für solche Dinge kann die therapierende Kunst brücken bauen. "Viele meiner Bilder sind vom Überleben ins Leben gezeichnet", fasst Jennifer Goller ihre Mal-Motivation zusammen und ist überzeugt, dass der Mensch aus jeder persönlichen Krise etwas lernen kann.    

Wer sich für die Ausstellung interessiert, kann bei Plan B anrufen ,Tel. (09721) 605 4121 oder eine Mail schreiben an info@planbev.de  

 
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