„Das war berührend.“ „Danke für diesen Reichtum an Lebenserfahrung.“ Mit dem Thema „Lebensträume“ beschäftigte sich das Grüne Frauenfrühstück. Das war nicht zuletzt den beiden Frauen zu verdanken, die Kreisrätin Birgid Röder zu diesem Thema begrüßte. Christine Scheel war von 1994 bis 2012 Mitglied des Bundestages für Bündnis 90/Die Grünen und von 1998 bis 2005 Vorsitzende des Finanzausschusses. Sie hat ihr Mandat aufgegeben für einen Job in der freien Wirtschaft, den sie aber nach kürzester Zeit aufgrund innerparteilicher Querelen auch wieder verlor.
„Meine Überzeugungen so zu leben, dass ich davon leben kann“, das war der Traum von Scheel, als sie vor rund 26 Jahren in der Politik ging. Aber „Ich wollte auch noch etwas anderes machen als Politik.“ Ihr Traum, politische Inhalte wie alternative Energien, Nachhaltigkeit, Compliance (Regeltreue) in der freien Wirtschaft durchzusetzen, zerplatzte. Jetzt muss neu geträumt werden, aber Scheel bereut nichts. „Ich bin gerade da rein und auch gerade wieder raus.“ Sie weiß jeder Neuanfang ist Risiko und Wagnis.
Brigitte Klinkel, aufgewachsen in der Kriegs- und Nachkriegszeit in Hamburg, träumte früh von Selbstständigkeit und wollte eigentlich eine Schauspielkarriere machen. Nach Aufenthalten in London und Paris wurde sie Krankenschwester und trat in den Orden der Benediktinerinnen ein. Nach fünf Jahren: Aus der Traum vom Klosterleben, sie tritt aus, heiratet und wird durch ihren Sohn zur Märchenerzählerin.
Im Unterschied zu Scheel hat die 79-Jährige ihr Leben selten so bewusst verändert. „Ins Kloster zu gehen war eine sehr bewusste Entscheidung, rauszugehen eher Fügung“, erinnert sie sich. Das Leben hat ihr Herausforderungen gestellt und sie hat sie angenommen. Dazu gehörte auch ihr Sohn der ein „Downkind“ ist. Klinkel wurde von der Atheistin zur Katholikin, Scheel ist berufenes Mitglied der evangelischen Landessynode. Zu ihren Kirchen haben beide sehr unterschiedliche Einstellungen. Die Institution Kirche sei ein Konstrukt das Menschen brauchen, um sich Sinn zu geben in der Welt, und könne durchaus Stütze sein, meint Klinkel. In Bezug auf ihre Person aber sagt sie: „Wer ganz bei sich selbst angekommen ist, braucht diese Institutionen nicht mehr.“
Scheel erzählt wie ihr ihr Glaube durch schwierige Lebenssituationen hindurch geholfen hat. Diese Erfahrung habe sie bewegt auch innerhalb der Institution ihre Rolle zu übernehmen. Wobei sie sich dafür einsetzt, dass sich die Kirche nicht von weltlichen Fragen distanziert sondern sich einmischt.
„Was, wenn man sich das Träumen abgewöhnt hat?“, fragt eine der gut 60 Besucherinnen. Solche Durststrecken kennt Klinkel sehr wohl aus ihrem Leben. „Man bekommt nicht immer, was man sich erträumt hat“, weiß sie und erzählt von ihrer Kindheit im Krieg und der Geburt ihres behinderten Sohnes. Anna Mebs beschwört die Kraft der Gemeinschaft für „traumlose“ Zeiten. Und dann kommen immer mehr Fragen und Anregungen von einer Generation, die aufgewachsen auf dem Land mit klaren Rollenklischees, gar nicht träumen durfte.