Homeoffice, Videokonferenzen übers Internet, strenge Hygienekonzepte – die Corona-Pandemie hat die Arbeitsbedingungen für viele Unternehmen und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schlagartig verändert. Je nach Branche sind die Auswirkungen bis heute deutlich spürbar. In manchen Firmen wird das Arbeiten wohl nie mehr so wie vor Ausbruch der Pandemie werden – was kein Schaden sein muss, wie das Beispiel von K&K Software in Gerolzhofen zeigt.
Das Aktienunternehmen mit den beiden Vorständen Arnulf Koch und Armin Krauß beschäftigt 27 Frauen und Männer, vor allem Informatiker. Doch wer das Großraumbüro in der Bürgermeister-Weigand-Straße betritt, sieht an diesem Nachmittag von diesen nicht einmal eine Handvoll vor Ort arbeiten. Der Rest sitzt zuhause am Rechner, im Homeoffice. Dies ist der Normalzustand – seit gut zweieinhalb Jahren.
Produktivität leidet nicht unter Homeoffice
Arnulf Koch bereitet die körperliche Abwesenheit seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kein Kopfzerbrechen. "Die Produktivität ist auf jeden Fall nicht gesunken", hat er festgestellt. Es sei eher das Gegenteil der Fall. Für Koch stellen sich aber andere Fragen, die diese neue Form von Arbeitswelt zwangsläufig aufwirft. Und für manche hat er noch keine endgültigen Antworten gefunden. Beispielsweise sei es unklar, ob es weiter ein so großes Büro mit fix eingerichteten Arbeitsplätzen für jeden Mitarbeiter braucht. Womöglich würden auch weniger Schreibtische ausreichen, den sich mehrere Beschäftigte dann teilen, je nachdem, wer da ist.
Das Unternehmen entwickelt für Kunden unter anderem Softwarelösungen für die Digitalisierung von Betriebsprozessen und wartet deren IT-Infrastruktur. K&K setzt dabei auf frei zugängliche Open-Source-Programme, für die keine Linzenzgebühren anfallen. Koch ist klar, dass in diesem Bereich, wie in allen Branchen, in denen es um Service-Dienstleistungen geht, Arbeitsprozesse und Kommunikation nicht an einen bestimmten Ort gebunden sind. Vereinfacht ausgedrückt heißt das: Ein Laptop und ein funktionierender Internetzugang reichen aus, um erfolgreich zu arbeiten, ganz gleich, wo die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter gerade sitzt, und sei es am anderen Ende der Welt.
Wenn nur noch über Fachthemen gesprochen wird
Wo der Arbeitsplatz ist, spielt also keine entscheidende Rolle. Zumindest aus betriebstechnischer Sicht. "Ich sehe eher das Problem der fehlenden sozialen Bindung", sagt Koch. Der persönliche Kontakt der Mitarbeitenden untereinander, der Flurfunk, die entstehenden Freundschaften – dies alles fehle im Homeoffice, wo es wenig Austausch über rein fachliche Themen hinaus gebe. Und noch ein mögliches Problem erkennt der Unternehmer: Die Identifikation der Mitarbeitenden mit dem eigenen Unternehmen schwindet.
Koch denkt gerade darüber nach, zwei Arbeitstage pro Monat festzulegen, an denen alle Beschäftigten verpflichtend ins Büro kommen müssen, schon allein um einander wieder einmal zu sehen, leibhaftig und nicht nur über den Bildschirm in einem der virtuellen Besprechungsräume, die mittlerweile fest zum Arbeitsalltag gehören. Manche Mitarbeiter, die während der Pandemie bei K&K Software begonnen haben, haben bis jetzt ausschließlich nur im Homeoffice gearbeitet.
Homeoffice ist nicht für jeden gleich gut geeignet
Tim Gebauer ist einer der wenigen, der regelmäßig ins Büro kommt und lieber dort als von zuhause aus arbeitet. "Ich trenne Arbeit und Freizeit gerne", sagt der 20-Jährige, der erst im Januar seine Ausbildung zum Softwareentwickler abgeschlossen hat. Für einen jungen Kollegen von ihm, der sich noch in der Ausbildung befindet, stelle das Homeoffice dagegen eine große Chance dar, erzählt Gebauer. Dieser habe noch keinen Führerschein und profitiere davon, nicht jeden Tag nach Gerolzhofen kommen zu müssen.
Doch gerade zum Start in den Beruf ist Homeoffice auch nicht für alle das Richtige. Koch berichtet von einem Auszubildenden, den sie während der Pandemie entlassen mussten. Der junge Mann hatte zuhause einfach nicht die notwendige Arbeitsdisziplin aufbringen können. "Das wäre im Büro vielleicht anders gelaufen", meint Koch.
Um wenigstens virtuell das Gefühl zu haben, zusammen in einem Büro zu arbeiten, haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Plattform über ein internetbasiertes Programm. Gebauer zeigt am Bildschirm, wie er dort in einem dem realen Büro nachempfundenen Raum die im Homeoffice arbeitenden Kolleginnen und Kollegen nicht nur in Form von Figuren sehen kann. Er kann mit diesen auch in Verbindung treten. Er muss dazu nur mit seiner Figur zum Schreibtisch einer anderen Figur "laufen", um mit dieser beispielsweise ein Videotelefonat oder einen Chat zu starten. Auch Konferenzräume für Besprechungen sind eingerichtet, wo an virtuelle Stellwände virtuelle Zettel gepinnt werden können. Einen Pausenraum gibt's ebenfalls.
Wie lässt sich die Qualität der Kundenberatung sichern?
Doch für das Gerolzhöfer Unternehmen hat sich während der Pandemie nicht nur die Frage gestellt, wie die Mitarbeitenden untereinander möglichst niederschwellig und alltagstauglich in Kontakt bleiben können. Dieselbe Herausforderung stellte sich auf Ebene der Kunden. "In der IT-Beratung waren wir eine hohe Qualität gewohnt", sagt Koch. Diesen Anspruch sollte unbedingt hochgehalten werden. Zugleich galt es, einen Weg zu finden, um weiter Neukunden anzusprechen. "Wir mussten es unbedingt schaffen, das hierfür notwendige Vertrauen zu vermitteln."
Das Ergebnis lässt sich sehen. In einer Ecke des Büros ist ein schon als professionell zu bezeichnendes Studio entstanden, das nach und nach technisch immer weiter verfeinert wurde. Eine Kamera mit Festbrennweite filmt in Richtung einer großen weißen Leinwand. Wer davor steht – und das möchte – wird über ein Computerprogramm automatisch in eine laufende Präsentation eingespielt. Es sieht dann am Bildschirm so aus, als würde jemand direkt neben einer großen Leinwand stehen, auf der die Präsentation abläuft. Im Hintergrund können aber auch beliebige andere Bilder oder Sequenzen eingespielt werde.
Im Büro steht jetzt ein Filmstudio mit allen Finessen
Über einen in die Kamera integrierten Teleprompter ist die Präsentation mitzuverfolgen und Text abzulesen, der Sprecher blickt dabei immer in Richtung des Zuschauers, wie ein Nachrichtensprecher im Fernsehen. Mehrere, unterschiedlich platzierte Lampen leuchten alles perfekt aus. Störende Umgebungsgeräusche werden auch noch herausgefiltert und es gibt etliche weitere technische Finessen.
In diesem Studio entstehen nicht nur drei bis vier Videos pro Woche zu allen möglichen Themen, mit denen das Unternehmen laut Koch vor allem im sozialen Businessnetzwerk "LinkedIn" mögliche Kunden anspricht. Beide Vorstände, die Teamleiter und Vertriebsmitarbeiter nutzen das Studio auch für Videokonferenzen mit Kunden, was laut Koch sehr professionell wirkt und den Aufwand auf jeden Fall lohnt. Denn mit der verstärkten virtuellen Präsenz des Unternehmens in den Netzwerken im Internet wuchs die Zahl der Neukunden. Diese kommen, anders als vor der Pandemie, aus dem gesamten deutschsprachigen Raum, aber auch englischsprachige Interessenten haben angeklopft, "obwohl wir gar keine englischsprachigen Videos produziert haben", sagt Koch.
Das Studio werde fast täglich genutzt. Die Technik sei schnell hochgefahren und innerhalb von zwei Minuten einsatzbereit, erläutert Koch, der gerne weiter daran tüftelt, das Studio zu verfeinern. Die eingesetzte Software ist komplett als Open Source ohne Lizenzgebühren frei im Internet verfügbar. "So etwas können wir auch für Kunden umsetzen", sagt Koch. Es gehe auch eine Nummer kleiner, mit weniger Aufwand.