Ein riesiges Güllefass, Fassungsvermögen 16 000 Liter, darauf ein Aufkleber: „Ihre Biotonne auf meinem Feld spart Ihnen bares Geld“. Was plakativ dem Beobachter verdeutlichen soll: Hier funktioniert der Kreislauf, hier wird aus den Resten von vergorenem Biomüll aus dem Abfallwirtschaftszentrum Rothmühle ein wertvoller organischer Dünger. Was die Müllgebühren niedrig hält, Landwirten in der Region, aber auch dem Landkreis dient.
Gärreste sind ein Abfallprodukt bei der Vergärung von Biomüll, wie sie beispielhaft in der Anlage des Landkreises auf der Rothmühle bei Geldersheim praktiziert wird. Neben Strom für etwa 2000 Haushalte fallen dabei Kompost und eben jener flüssige Gärrest an, jeweils etwa 12 000 Kubikmeter pro Jahr, verdeutlicht Landrat Florian Töpper. Er trifft sich bei Ettleben mit Vertretern des Bauernverbandes sowie den Landwirten, die dem Landkreis mit ihren Lagerkapazitäten aushelfen.
Zertifiziertes Gärsubstrat
Als hochwertiger NPK-Dünger dient dieses Gärsubstrat, was für Stickstoff, Phosphor, Kalium steht und den Ackerfrüchten die nötigen Nährstoffe bietet. Das Gärsubstrat ist zertifiziert, extern gütegesichert, unterstreicht Thomas Fackelmann, Leiter der Abfallwirtschaft im Landratsamt. Es liege von den Werten her „über den gesetzlichen Erfordernissen“.
Mit der neuen Düngeverordnung seit Juni 2017 verschärften sich allerdings die Bedingungen unter anderem für das Ausbringen des organischen Düngers. Für den flüssigen Gärrest sowie für Gülle bedeutet das im Wesentlichen, dass sie nur noch auf die Frühjahrsdüngung begrenzt sind und im Herbst nur eingeschränkt auf die Felder dürfen. Was wiederum heißt, dass Lagerkapazitäten vorhanden sein müssen.
Zusammenarbeit Landkreis und Landwirte
Neun Monate Lagerung der Jahreskapazität sind in der Düngeverordnung vorgeschrieben, erläutert Heinz-Dieter Hofmann vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Schweinfurt. Für den Landkreis hätte dies den Bau von weiteren eigenen Lagern oder einer Trocknungsanlage bedeutet. Oder aber die Zusammenarbeit mit den Landwirten Jürgen und Michael Müller in Hirschfeld sowie Harald Schleichert in Poppenhausen. Sie haben neue Gärrestlager errichtet.
Im Verhältnis zu seiner Ackerfläche habe er nur eine geringe Tierhaltung, erzählt Schleichert. Wie überhaupt im ganzen Landkreis Schweinfurt die Tierhaltung relativ schwach ausgeprägt ist, ergänzt Kreisobmann Michael Reck. Liegt die Großvieheinheit (GV) je Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche – ein Umrechnungsschlüssel – beispielsweise in ganz Bayern bei 0,95, so beträgt sie in Unterfranken nur 0,41 und im Kreis Schweinfurt lediglich 0,34.
Bauer Schleichert hat also Bedarf für organischen Dünger. Etwa 15 Prozent rekrutiert er aus der eigenen Gülle, 30 bis 40 Prozent aus dem Gärsubstrat der Rothmühle, den Rest aus Mineraldünger. Übrigens muss jeder Landwirt laut Verordnung den Düngebedarf für jedes einzelne Feld schriftlich ermitteln und im folgenden Jahr bilanzieren, sprich: mit der Ernteproduktion verrechnen. Maximal 170 Kilo Stickstoff pro Hektar und Jahr dürfen über organische Düngemittel ausgebracht werden.
Neueste Technik im Einsatz
Über die gesetzlichen Anforderungen hinaus setzen Schleichert und seine Kollegen bereits neueste Technik beim Gülle- und Gärrestverteilen ein: Güllefässer mit sogenanntem Schleppschuh, bei dem die Flüssigkeit bodennah und geruchsarm direkt auf den Ackerboden fließt und nicht wie früher breit verstreut wird. „Ab 2020 ist das Pflicht auf bewachsenen Beständen“, erläutert der AELF-Berater Hofmann. Der Nachteil: Diese Technik ist teuer, „etwa 100 000 Euro kostet das Güllefass mit 16 Meter Arbeitsbreite“, erklärte Schleichert.
Auch Berufskollegin Franziska Klenkert aus Ettleben benutzt so eine große Maschine. „Der Landwirt will die Emissionen so niedrig wie möglich halten“, betont die stellvertretende Kreisbäuerin. „Sonst gehen beim Ausbringen ja Nährstoffe verloren“. Durch den Schleppschuh kann die Gülle unempfindlich gegen Wind genau an den Fuß der Pflanze verteilt werden. Und es wird kaum Geruch, kaum Ammoniak mehr freigesetzt, zumal die Auslaufrohre im Pflanzenbestand beziehungsweise im noch unbestellten Ackerboden liegen, dessen Decke sich nach dem Ausbringen wieder schließt.
Die junge Landwirtschaftsmeisterin fährt zum Teil die Gülle – also Urin und Kot – ihrer Rinder als Dünger auf ihre Äcker. Zum großen Teil nutzt sie das Fahrzeug, um die Gülle als Substrat zur nahen gemeinschaftlichen Biogasanlage zu transportieren. Und auch deren flüssigen Gärrest bringt sie wieder als Dünger auf die Felder aus. Auch wenn es zuweilen dabei dennoch etwas riecht: „Wir sind ein ländlicher Raum, da darf das möglich sein“, sagt Landrat Töpper.