Es ist ein Thema, über das man trefflich streiten kann. Und ein Thema, über das man sicherlich noch intensiv diskutieren wird: Soll der schon länger trocken liegende "Bachlauf" in der Bleichstraße eingeebnet werden oder soll hier wieder das Wasser plätschern? Unstrittig ist, dass fließendes Wasser für einen Wohlfühlfaktor sorgt und sich gerade in der warmen Jahreszeit positiv auf das Mikroklima in einer Straße auswirkt. Auf der anderen Seite ist der Reinigungsbedarf der Rinne hoch
Am Montagabend trafen sich die Mitglieder des Bauausschusses des Gerolzhöfer Stadtrats am trockenen "Frösch-Brunnen" vor der Fachwerkfassade der historischen Steinmühle. Zahlreiche Anwohner waren ebenfalls gekommen und wollten sich mit eigenen Redebeiträgen an der Diskussion der öffentlichen Sitzung beteiligen, was aber Bürgermeister Thorsten Wozniak mit einiger Mühe und mit Verweis auf die einschlägige Gemeindeordnung zumeist verhindern konnte. Von Beginn an zeigte sich, dass es noch erheblichen Diskussionsbedarf gibt und dass es folglich auch zu keiner kurzfristigen Beschlussfassung kommen konnte.
Drei historische Mühlbäche
Zunächst eine kurze historische Einführung: Das Ganze in der Bleichstraße dreht sich um den so genannten "Mühlbach". Dabei handelt es sich genau genommen um drei verschiedene, künstlich angelegte Wasserrinnen, die jeweils vom Volkachbach gespeist wurden und deren Wasser über das natürliche Gefälle die Mühlräder von sieben Gerolzhöfer Mühlen antrieb. Die Gräben wurden spätestens im 13. Jahrhundert, vielleicht sogar noch früher, mühsam per Hand gegraben.
Der östliche Mühlbach zweigte - wie heutzutage in der Landschaft noch zu sehen - an einem Wehr kurz unterhalb von Dingolshausen von der Volkach ab und versorgte die beiden Mühlen im später untergegangenen Dorf Lindelach mit Wasser. Zwischen Kartbahn und Schnellstraßenbrücke mündet diese Wasserrinne heute wie damals wieder in die Volkach.
Der mittlere Mühlbach begann an einem Stauwehr, dessen Überreste an der Fußgängerbrücke neben dem Großparkplatz der Berliner Straße noch heute zu sehen sind. Von dort führte die Wasserrinne entlang der Dingolshäuser Straße stadteinwärts bis zur Steinmühle in der Bleichstraße und von dort außerhalb der äußeren Stadtmauer durch den Schießwasen bis hinunter zur heutigen Dreimühlenstraße, wo die dortigen drei Mühlen angetrieben wurde, ehe der Wassergraben wieder in die Volkach mündete.
Zurück in den Volkachbach
Der westliche Mühlbach schließlich war ein künstlich angelegter Wassergraben, der die Lohmühle - etwa im Bereich der heutigen Antoniuskapelle an der Frankenwinheimer Straße - mit Wasser aus der Volkach versorgte. In der dortigen Mühle wurde Rinde gemahlen, die zur Lederherstellung benötigt wurde. Auch diese Wasserrinne mündete wieder in den Volkachbach.
Ende der 70-er Jahre beschloss der damalige Stadtrat, bei der anstehenden Sanierung der Bleichstraße den mittleren Mühlbach wieder zum Leben zu erwecken. Zugleich wollte man etwas gegen die Hochwassergefahr unternehmen, denn die Bleichstraße und alle Keller der dortigen Häuser wurde in der Vergangenheit regelmäßig vom über die Ufer getretenen Volkachbach geflutet.
Wasser aus dem Geomaris
Die "Rekonstruktion" des Mühlbachs galt aber nicht unbedingt als optisch gelungen, denn der gepflasterten Steinrinne fehlt jegliches ökologische Beiwerk. Das Wasser, das der Froschkönig mit seiner (später gestohlenen) Messingkrone vor der Steinmühle spuckte, stammte allerdings nicht mehr aus dem zugeschütteten Mühlbach, sondern aus dem Geomaris. Die gleiche Menge Frischwasser, die aus der Lindenbrunnen-Quelle dem Geomaris zulief, wurde damals als Schwallwasser abgegeben und in die Steinrinne in der Bleichstraße geleitet. Von dort lief es in einem unterirdischen Rohr durch die Weth bis zum Biotop an der Stadtmauer und von dort neben dem Hartplatz in den Volkachbach.
Stadtrat Burkhard Wächter (CSU) erinnerte vor Ort an diese ehemalige Wasserführung. Stadtbaumeisterin Maria Hoffmann stritt dies aber ab. Wasser, dem Chlor beigegeben sei, dürfe - zumindest heutzutage - nicht einfach in die Umwelt abgegeben werden. Deshalb sei die Bachrinne zuletzt per Pumpe mit Wasser direkt aus dem Volkachbach versorgt worden. Doch weil die Volkach oft Niedrigwasser habe, laufe auch in der Rinne in der Bleichstraße keine Wasser mehr. Stirnrunzeln bei Burkhard Wächter.
Den Graben zuschütten?
Stadtbaumeisterin Hoffmann war es auch, die - unterstützt von Bürgermeister Thorsten Wozniak - den Vorschlag der Verwaltung erläuterte und begründete, den Froschbrunnen stillzulegen und den Wassergraben zuzuschütten, um dort Parkplätze und einige Pflanzbeete anzulegen. Die Wasserversorgung aus der Volkach sei nicht dauerhaft gewährleistet. Gerade in einem trockenen Sommer könne die Wasserentnahme von der Fachbehörde sogar verboten werden.
Anwohner würden zudem regelmäßig an die Verwaltung herantreten und auf die stetige Verschmutzung der Rinne durch Müll und auf den Unkrautwuchs aus den Fugen aufmerksam machen, sagte Hoffmann. Der Bauhof sei wöchentlich gefordert, Unrat aus dem Bachbett zu beseitigen. Je nach Aufkommen werde auch der windvertragene Pflanzenbewuchs aus den undicht gewordenen Fugen entfernt. Auch die Instandhaltung der vier Holzbrücken stelle einen hohen finanziellen Aufwand dar.
Kopfschütteln bei den Zuhörern
Bürgermeister Wozniak ergänzte, der jetzige Zustand sei "nicht befriedigend". Man könne dem Parkplatzmangel abhelfen, wenn man die Rinne verfülle und die Brücken abbaue, um Platz für Stellflächen zu bekommen. Eine entsprechende Bepflanzung könnte den Verlauf des alten Mühlbachs aber noch "als Gedanke stehen lassen". Die meisten Anwohner verfolgten die Ausführung von Hoffmann und Wozniak mit Kopfschütteln. "Wir wollen, dass wieder Wasser fließt", sagte eine Frau.
Thomas Vizl (Geo-net) sprach sich gegen die Verfüllung aus. "Wir sollten es so lassen." Sinn der damaligen Umgestaltung der Bleichstraße sei es ja gewesen, Altes aufzugreifen und zugleich den Hochwasserschutz zu erhöhen. Dadurch sei eine durchaus idyllische Situation mit fließendem Wasser entstanden. Vizl regte an, wieder Wasser in die Rinne zu geben. Dem Volkachbach gehe dadurch kaum Wasser verloren, weil es am Ende wieder in den Bach geleitet werde. Burkhard Wächter ergänzte, der Abzweig und das Wiederzuführen von Wasser aus und in die Volkach sei schon seit Jahrhunderten erfolgt und man sollte prüfen, ob dazu deshalb überhaupt eine Genehmigung erforderlich sei.
Es soll wieder Wasser fließen
Auch Rainer Krapf (Freie Wähler) will wieder Wasser in der Bleichstraße sehen. Die Kosten für die Pumpleistung aus dem Volkachbach seien sicherlich überschaubar, zumal wenn man eine moderne Pumpe mit Strom aus Photovoltaik zum Einsatz bringe. 2. Bürgermeister Erich Servatius (SPD) pflichtete ihm bei. Auch er sprach sich dafür aus, den Bachlauf zu belassen und wieder Wasser fließen zu lassen.
Teilweise Unterstützung für den Vorschlag der Stadtverwaltung kam nur vom 3. Bürgermeister Markus Reuß (CSU). Er könne sich gut eine Zwischenlösung vorstellen: den Brunnen laufen lassen, den Bach nur im Bereich der Brücken und bei neu zu schaffenden Parkplätzen verrohren.
Keine Abstimmung
Am Ende der Diskussion verzichtete Bürgermeister Wozniak auf die eigentlich geplante Abstimmung. Er habe erkannt, dass das Thema noch großen Diskussionsbedarf habe. Eine Entscheidungshilfe soll auch eine Vorplanung bringen mit Kostenabwägung aller möglichen Alternativen seitens des Bauamts und der Stadtgärtnerei, die vom Gremium in Auftrag gegeben wurde.
Danke an die Anwohner, die die Gelegenheit genutzt haben, ihre Wünsche zu äußern und Danke an die Stadträte, die diese aufgegriffen haben.