Fast 400 Menschen mussten am Mittwoch evakuiert werden. Bei Baggerarbeiten auf einem Grundstück an der Hauptstraße war eine fünf Zentner schwere Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg entdeckt worden. „Wie waren gestern mit dem Bagger zu Gange, als das Ding plötzlich von der Schaufel gefallen ist“, erzählt der Bauherr, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er hätte ein paar Leute gefragt, ob es das sei, wofür er es halte. Dann rief er schließlich die Polizei.
Schnell war klar: Das Ding muss entschärft werden, die ganze Nacht auf Mittwoch sicherten Polizisten die Fundstelle. Ab 14 Uhr mussten alle Bewohner im Umkreis von 250 Metern um das Anwesen evakuiert werden. Betroffen war der Bereich innerhalb der Straßenzüge St.-Bruno-Straße, Hederichsweg, Kaltenhäuser Straße, Hirtengasse, Schloßgasse und Keilgartenweg.
„In ihrer Nachbarschaft wurde eine Bombe gefunden. Verlassen Sie darum bitte ihre Wohnung“, schallte es aus den Lautsprechern von Feuerwehrwagen und Polizeiautos, die im Schritttempo durch die Straßen Bergrheinfelds fuhren. Der Bereich wurde weiträumig abgesperrt. Polizisten und Feuerwehrleute gingen von Haus zu Haus, um zu prüfen, ob sich noch jemand in der gesperrten Zone aufhält.
Neben einem Großaufgebot der Polizei waren die Feuerwehren aus Werneck, Bergrheinfeld, Geldersheim, Ettleben, Schnackenwerth, Garstadt, Stammheim und Grafenrheinfeld mit nahezu 100 Mann im Einsatz. Der Rettungsdienst war mit etwa 60 Mann vor Ort, Landrat Florian Töpper kam ebenfalls vorbei. Auch ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera kam laut Sprengassistent Tom Kohues zum Einsatz.
An den Einschlag der amerikanischen 250-Kilo-Bombe konnte sich der Großvater des Bauherrn sogar noch erinnern. Er erzählte seinem Enkel, wie er damals bei den Luftangriffen 1943 im Keller des Hauses gesessen habe, als es einen Schlag ganz in seiner Nähe tat. Als der Großvater später ans Tageslicht zurück kletterte, sah er einen riesigen Krater in der Küche. Die Bombe war nicht explodiert. Später wurde der Sprengkörper zugeschüttet und vergessen – bis jetzt.
„150 Kilo Sprengstoff sind da drin“, sagte Sprengmeister Josef Beier. Gemeinsam mit Sprengassistent Tom Kohues entfernte er die Zünder von der Bombe, nachdem alle Bewohner im Umkreis in Sicherheit waren. Ziemlich festgerostet seien die Zünder gewesen, so Kohues. Mit viel Kraft und Schmiermittel entschäften die Männer vom Kampfmittelräumdienst die Bombe. Nach etwa einer halben Stunde konnte Entwarnung gegeben werden.
Etwa jeder Zehnte der betroffenen 400 Personen hatte das Angebot angenommen, die Stunden der Evakuierung im örtlichen Pfarrheim zu verbringen. Rettungskräfte brachten vor allem ältere und schwache Personen in die Räume, in denen sie mit Kaffee versorgt wurden.
Mit dabei war auch Hedwig Kimmel, eine gebürtige Bergrheinfelderin. Die heute 83-Jährige hat die Luftangriffe im Jahr 1943 als Jugendliche miterlebt. Bei der Räumung der Bombe am Mittwoch wollte sie erst im Keller bleiben. „Ich habe so viele Luftangriffe im Keller erlebt – aber hier im Pfarrheim bekommt man mehr Informationen“, sagte Kimmel und grinste. Die Stimmung im Pfarrheim war optimistisch, dass schon alles klappen würde. Bei einer Tasse Kaffee nutzten viele die Gelegenheit für einen Plausch. Zur Sicherheit hatte die Rettungsleitstelle jedoch drei Notfallseelsorger entsandt.
Um 16.30 Uhr kam die Entwarnung, die Bewohner durften zurück in ihre Wohnungen. Auch die Hauptstraße, die komplett für den Verkehr gesperrt gewesen war, wurde wieder freigegeben.
Trotz der tragischen Umstände musste ich etwas schmunzeln als ich folgendes las:
Damals wurde recht sorglos mit dem gefährlichen Gut umgegangen - die Leute hatten letztlich wohl andere Sorgen... Heute wird ein Großaufgebot an Personal aufgefahren (Polizei, 3 Notfallseelsorger, 1 Landrat, 60 Rettungsdienstler, 100 Feuerwehrleute)...
Mir kommt als erstes in den Sinn das das Ganze vor 70 Jahren "zu leichtsinnig" gehandhabt wurde und heutzutage zu viele Vorsichtsmaßnahmen bzw. Personalaufwand betrieben wird! Ein gesundes Mittelmaß wäre wirklich toll!
mir persönlich ist dieses große Aufgebot und diese Sicherheit wirklich lieber. Der Kampfmittelräumdienst warnt ja nicht ohne Grund vor diesen hochgefährlichen WK-2 Relikten.
Denn nich alle Bomben hatten mechanische Aufschlagzünder. Denk mal an die Bomben mit diesen perfiden Säurezündern (also diesen Langzeit-Zündern), die noch mehr als 50 Jahre nach Kriegsende im Boden schlummern und jederzeit von selbst explodieren und dabei ganze Häuser in die Luft jagen können.
Und außerdem: denk mal daran, was passiert, wenn so eine Entschärfung total schief geht wie in Göttingen geschehen oder wenn sie partiell schief geht wie in München-Schwabing.
Von daher wäre es wirklich besser, man würde auch hier bei uns in Bayern endlich anfangen, systemisch nach diesen Biestern zu suchen, um sie unschädlich machen zu können und so die Gefahr endlich einzudämmen, die von diesen Wumsen immer noch ausgeht!!
Sicherlich ist dieses große Sicherheitsaufgebot besser wie gar keines! - nur wird hier ein Aufheben um die Sache gemacht (auch in überregionalen Medien) die m.M. nach nicht gerechtfertigt ist - es gibt wahrlich dringlichere Themen denen sich die Medien annehmen sollten!
Was die systematische Suche nach Blindgängern betrifft - diese wird in betroffenen Gebieten durchaus im Vorfeld durchgeführt soweit möglich... Nur gibt es eben kein Kataster wo genau Blindgänger liegen. Oftmals werden alte, ungenaue Bilder der alliierten Luftaufklärung hergenommen... evtl. betroffene Gebiete werden vorher abgesucht (Maintal) - aber man kann nun mal nicht jeden cm² absuchen... Vor Überraschungen ist niemand gefeit...
Weder war damals ein großer Krater in der Küche, noch wurde die Bombe einfach zugeschüttet und vergessen! Auch fiel diese Bombe nicht "aus der Baggerschaufel" wie anderswo zu lesen war.
Egal, Gott sei Dank ist dieses aufregende Ereignis Dank der Männer des
Kampfmittelbeseitigungsdienstes noch so gut ausgegangen!
Diesen MÄNNERN gehört das Bundesverdienstkreuz und nicht Männern wie BUSHIDO !!!
stimmt da hast du absolut recht. Der Respekt gebührt dem Kampfmittelräumdienst.
Ganz besonders vor dem Hinblick, dass damals in Göttingen bei einer ähnlichen Entschärfung drei Kampfmittelräumer ums Leben kamen!! Oder auch wenn man sich diesen schweren Fall in München-Schwabing in Erinnerung ruft, bei dem die Bombe gesprengt werden musste und dann einen erheblichen Schaden und schwere Brände ausgelöst hat.
Nur gut, dass hier alles gut gegangen ist.
Daher wirklich: Danke an den Kampfmittelräumdienst für diese gute Arbeit!!
Grüße
Frankenpatriot
In Deutschland gibt es relativ wenig Todesfälle im Vergleich zur Vielzahl der Einsätze - die Personen wissen genau was sie machen!
Es ist jedenfalls kein Job den ich ausüben möchte - er ist definitiv gefährlicher als ein Bürojob... aber gleich das Bundesverdienstkreuz für jeden Experten zu fordern ist doch mehr als übertrieben! Sie leisten etwas für die Sicherheit der Mitmenschen - genauso wie Rettungsdienstler, Feuerwehrleute etc.