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Fliegen ohne abzuheben
Einen Helikopter steuern zu lernen, ist nicht einfach und schon gar nicht billig, wie das Beispiel des Lindachers Mike Endres zeigt.
Ein junger Mann und sein großer Traum: Der 22-jährige Mike Endres aus Lindach erwirbt derzeit bei Fluglehrer Kay Stabenow auf dem Siegerland-Airport die Privatlizenz als Hubschrauberpilot auf einem Helikopter des Typs Bell 206 Jet-Ranger.
Foto: Vanessa Dereser | Ein junger Mann und sein großer Traum: Der 22-jährige Mike Endres aus Lindach erwirbt derzeit bei Fluglehrer Kay Stabenow auf dem Siegerland-Airport die Privatlizenz als Hubschrauberpilot auf einem Helikopter des ...
Norbert Vollmann
Norbert Vollmann
 |  aktualisiert: 22.12.2015 14:54 Uhr

Mike Endres ist 16. Da passiert es eines Tages auf dem Lindacher Sportplatz. Ein 35-jähriger Seniorenspieler, bei denen der Jugendliche ab und zu mittrainiert, zieht sich bei einem unglücklichen Zweikampf einen offenen Beinbruch zu. Kurze Zeit später setzt ein herbeigerufener Rettungshubschrauber den Notarzt ab. Dieser kümmert sich um den Verletzten, bevor er mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht wird. So dramatisch und schockierend der Vorfall im ersten Moment ist: Mike Endres ist danach vor allem von der Flugtechnik des Helikopters beeindruckt und fasziniert. Von diesem Tag an weiß er ganz genau, was er will: Der Traum, Hubschrauberpilot zu werden, lässt ihn fortan nicht mehr los.

Jetzt mit 22 ist der junge Mann dabei, ihn wahr werden zu lassen. Doch der Weg zum Hubschrauberführerschein ist nicht nur schwer, sondern verdammt teuer.

Schon während der Ausbildung zum Werkzeugmechaniker und dem anschließenden Besuch der Berufsoberschule lässt der jetzige Sachbearbeiter für Betriebswirtschaft bei der Firma ZF in Schweinfurt sein Ziel nie aus den Augen.

So informiert er sich nicht nur über verschiedene Quellen, sondern unterhält sich sogar mit einem Hubschrauberpiloten der Bundespolizei-Fliegerstaffel in Fuldatal bei Kassel darüber, wie er an die begehrte Fluglizenz kommen könnte.

Mike bewirbt sich bei der Bundespolizei, wird aber nicht genommen. Von einer Bewerbung bei der Bundeswehr nimmt er Abstand, nachdem er erfährt, dass er sich hierzu zwölf Jahre lang verpflichten müsste.

Um zu sehen, ob die Fliegerei wirklich für ihren Sohn das Richtige ist, schenkt die Mutter ihm schließlich einen Schnupperflug. Den absolviert er bei der Firma Kayfly auf dem Siegerland-Flughafen in Burbach. Danach ist er so fasziniert und sich absolut im Klaren darüber, dass er eigentlich nichts mehr anderes im Berufsleben machen möchte, als einen Helikopter zu fliegen.

Ein Dreivierteljahr geht er mit der Entscheidung schwanger, ob er den Weg wirklich gehen soll. Zusammen mit seiner Bank stellt er einen Kosten- und Finanzierungsplan auf und spricht vor allem mit seinen Eltern. Das Für und Wider will gerade aus finanzieller Sicht gut abgewogen sein. Doch irgendwann ist er sich ganz sicher: „Ich ziehe das durch.“

Während er weiter in Schweinfurt zur Arbeit geht, absolviert er seitdem bei Fluglehrer Kay Stabenow von der Firma Kayfly auf dem rund 20 Kilometer südöstlich von Siegen gelegenen Siegerland-Airport die Ausbildung zum Privatpiloten auf einem Turbinenhubschrauber des Typs Bell 206 Jet-Ranger. Dafür sind mehrere 10 000 Euro fällig. Die anderen Auslagen wie für die Fahrten – einfach sind es 270 Kilometer – sind da gar nicht mit eingerechnet.

Und das ist finanziell noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Denn damit das Fliegen nicht nur Hobby bleibt, sondern zum Beruf werden kann, gilt es mit der Privatlizenz in der Tasche erst einmal Flugerfahrung zu sammeln.

Exakt 155 Flugstunden sind Voraussetzung, damit Mike danach die Ausbildung zur Berufspiloten-Lizenz als Helikopterführer anhängen kann. Dazu müssen noch verschiedene Sonderberechtigungen zusätzlich erworben werden, um etwa in der Nacht fliegen oder schwere Lasten mit dem Hubschrauber transportieren zu können. Auch wenn sich Mike Endres einen Block von 30 bis 40 Flugstunden in den USA aufbauen will, weil dort die Steuern deutlich niedriger liegen und vor allem das Flugbenzin billiger ist, so dürften sich die gesamten Ausbildungskosten am Ende im sechsstelligen Bereich einpendeln.

Ohne die Unterstützung der Eltern Elke und Dietmar Endres sowie der Banken geht das trotz aktuell günstiger Kreditzinsen natürlich nicht. Doch da hat der junge Mann zuhause gute Karten und die nötige Rückendeckung. Mutter Elke: „Wenn ein Kind einen Traum hat, sollte man das nach Möglichkeit unterstützen. Wir tun deshalb, was wir tun können, ohne jedoch seine zwei Brüder zu benachteiligen.“

Genauso steht Freundin Vanessa Dereser hinter Mike Endres und seinem großen Ziel. Denn nachdem sich der 22-Jährige entschieden hatte, ganz normal weiterzuarbeiten und die Ausbildung nebenbei zu absolvieren, geht inklusive Hin- und Rückfahrt das komplette Wochenende dafür drauf.

Ein Job als Lebensretter in der Luft beim ADAC oder der unter der Bezeichnung DFR-Luftrettung bekannten Deutschen Rettungsflugwacht, das wäre für den angehenden Hubschrauberpiloten die Erfüllung. Mike Endres: „Wenn es klappen würde, dass ich da mit 35 bis 40 Jahren reinkomme, hätte ich mein Traumziel erreicht.“

Bis dahin dürfte er erst einmal alles annehmen, was sich für ihn auftut, wenn er mit der Ausbildung fertig ist, um seinen Lebensunterhalt als Hubschrauberpilot bestreiten und den Kredit bei seiner Bank zurückzahlen zu können. So hätte es Mike Endres geschafft, seine große Leidenschaft mit dem Beruf zu verbinden.

Die Sprechfunkprüfung im Rahmen der Ausbildung zum Privathubschrauberpiloten hat der junge Mann inzwischen bestanden. Derzeit steckt er mitten in der theoretischen Prüfung, bevor dann nach ersten Soloflügen auf dem Pilotensitz die praktische Prüfung auf dem Programm steht.

Eines hat der Lindacher inzwischen gelernt: „Fliegen macht unheimlich viel Spaß, strengt aber auch enorm an.“ Da die Hände und Füße (für die Pedale) zur Steuerung benötigt werden, sei man „ständig am Hantieren“, erzählt der 22-Jährige.

Über dem Boden zu Schweben ist dabei neben der Landung eine der schwierigsten Übungen überhaupt, hat Mike Endres festgestellt. Denn der Helikopter ist an sich ein unruhiges, weil ständig dem Wind ausgesetztes Fluggerät.

Doch das kann und wird den jungen Lindacher nicht von seinem eingeschlagenen Weg abhalten, wenn man ihn so erzählen hört. Denn auch wenn er inzwischen immer wieder mal abhebt, ist er erst einmal mit beiden Füßen auf dem Boden geblieben.

Technik satt: Das Instrumentenbrett im Bell 206 Jet-Ranger-Helikopter.
Foto: Vanessa Dereser | Technik satt: Das Instrumentenbrett im Bell 206 Jet-Ranger-Helikopter.
 
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