Fränkischen Charme und Heimeligkeit strahlt das Häuschen mit dem roten Fachwerk im Giebel aus. Kaum vorstellbar, dass das ehemalige Tagelöhnerhaus in Mailes noch vor wenigen Jahren in einem erbärmlichen Zustand war und kurz vor dem Abriss stand. Aber der Mut und die Tatkraft der heutigen Bewohner rettete das Gebäude, das als Ideengeber für die Innenentwicklung mit dem neuen Gestaltungspreis „punctum“ des Landkreises Schweinfurt ausgezeichnet wurde.
Es ist ein gelungenes Beispiel für die Sanierung eines Kleinhauses, wie sie vielerorts abgerissen und nicht wertgeschätzt werden, hatte Kreisheimatpfleger Guido Spahn in seiner Laudatio bei der Preisverleihung angemerkt. Dabei waren und sind solche Häuschen Teil der Geschichte und des Ortsbildes in den Dörfern.
Die Jahreszahl 1809, eingekerbt in einen Holzbalken am Hauseingang, steht wohl für das Baujahr, mutmaßt William Hübler. Er hat mit seiner Lebensgefährtin Erika Beck das baufällige Haus aus deren Familienbesitz 2014 übernommen und saniert. „Obwohl viele gesagt haben, wir spinnen“, ergänzt seine Partnerin. Denn nach einem Kaminbrand unter den Vorbewohnern sah alles nach Abriss aus.
Zwölf Personen lebten damals auf engstem Raum
200 Jahre lang hatte das Häuschen Erika Becks Vorfahren gedient, heute lebt die siebte Generation wieder darin. „Meine Großeltern hatten neun eigene Kinder und ein angenommenes“, weiß die Bauherrin. Zwölf Personen lebten also damals auf engem Raum. Ihr Zuhause hatten sie damals von der Mutter, der „Tageslöhnerwitwe Lina Geier“, vermacht bekommen, hat Hübler eruiert.
Tagelöhner waren Leute aus ärmlichen Verhältnissen, die ihre Arbeitskraft immer wieder neu den Bauern oder Handwerkern anboten. Sie waren oft nur tageweise beschäftigt und lebten daher häufig „von der Hand in den Mund“.
Heute hat das Haus eine Grundfläche von 85 Quadratmeter, nachdem in den 1950er-Jahren etwa 25 Quadratmeter nach hinten in den Garten hinein angebaut worden waren. Mit dem Dachgeschoss samt Schlafzimmer, Büro und Badezimmer – „das war der ehemalige Taubenschlag“ – stehen dem Besitzerpaar heute etwa 110 Quadratmeter zur Verfügung.
Ein bisschen schief erscheint von außen das Gebäude. „Ja, das Haus hat sich über die Jahre gesenkt“, weiß Hübler, weil das Trinkwasser früher aus dem Grundwasser gezogen wurde. Aber er wollte das Gebäude nicht heben lassen. „Das gehört eben dazu“, meint er, während im Innern Wände und neue Decken geebnet wurden.
Starke Brandschäden bis unters Dach
Entgegen erster Annahme mussten die Bauherren beim Entmüllen und Entkernen des Haus auch die Hauptwand am Kamin bis unters Dach entfernen, zu stark waren die Brandschäden. „Die Eichenstaken in der Lehmwand waren verkohlt, es bestand akute Einsturzgefahr“, erzählt Hübler. Dank des Einsatzes und Sachverstands des Zimmereibetriebs, der viel Erfahrung aus Arbeiten im Freilandmuseum Fladungen mitbrachte, konnte das Haus gerettet werden.
Ein neues Dach wurde mit aufgedoppelten Sparren versehen, um eine Einblasdämmung mit Zellulose zu ermöglichen, wie sie auch in der neuen Wohnzimmerdecke vorgenommen wurde. Auch für die Fachwerkwand an der Straßengiebelseite, die mit neuen Fenstern und Umrahmungen sichtbar gemacht wurde, kam nur diese Innendämmung in Frage. „Ich erinnere mich an bitterkalte Zeiten, wenn ich als Kind oben im Bett lag“, denkt Erika Beck zurück, die mit drei Geschwistern, den Eltern und Großeltern im Haus aufwuchs.
Über 4000 Stunden an Eigenleistung
Die verbliebenen Fachwerk-Innenwände wurden mit Lehm verputzt und mit selbst hergestellter Kalkkaseinfarbe gestrichen. „Wir haben uns halt schlau gemacht, wie das geht“, meint William Hübler. Über 4000 Stunden Eigenleistung stecken in dem sanierten Häuschen, zwei Jahre lang arbeitete das Paar mit Handwerkern und Freunden auf der Baustelle. „Der Vorteil bei so einem Projekt ist, dass man viel selber machen kann.“ Was die Kosten erniedrigt.
Zugute kam den Bauherren die Dorferneuerung am Haßbergtrauf, die innerörtliche Sanierungen unterstützt. Dadurch erhielten sie auf die förderfähigen Kosten rund 25 Prozent Zuschuss, insgesamt 13 000 Euro bei gut 80 000 Euro Baukosten.
Neue Wasser- und Stromleitungen wurden verlegt. Als Heizquelle dient zum einen ein Holzofen, zentral zwischen Küche, Ess- und Wohnzimmer. Er ist Ergänzung zur Elektro-Infrarotheizung, die sich in einem großen Landschaftsbild an der Wand im neuen Wohn- und Esszimmer verbirgt. Im Badezimmer unterm Dach versteckt sie sich in einem Spiegel.
Alte Materialien im Garten verbaut
Neue Sprossenfenster, neue Innentüren, aber altes Fachwerk im Innern empfängt den Besucher und verleiht dem Haus heimeliges Flair. Alte Materialien aus dem Abbruch verbauten die Besitzer bei der Neuanlage des Gartens hinter dem Haus. Auf dem restlichen Bauschutt legten sie eine neue Terrasse an.
Zwar sind noch einige alte Gebäudeanbauten zu sanieren – das ehemalige Backhaus und die Holzhalle vor dem Wohnhaus, die Garage samt Wintergarten daneben. „Aber alles nach und nach“, sagt William Hübler.