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WERNECK
Fit für 100: Ältester Teilnehmer 103 Jahr alt
Ursula Lux
Ursula Lux
 |  aktualisiert: 06.07.2014 16:55 Uhr

„Ich bin heute zwei Stunden mit dem Fahrrad von Würzburg hierher gefahren, das hätte ich mit 40 nicht geschafft.„ Professor Holger Höhn, Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft (DAG), fungiert als lebendes Beispiel dafür, dass es für Bewegung nie zu spät ist. Der heute 71-Jährige hat erst mit seinem Ausscheiden aus dem Amt als Leiter des Instituts für Humangenetik der Universität Würzburg begonnen, Sport zu treiben.

Das Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin lud gemeinsam mit der DAG und der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft Main-Rhön zu einer Fachtagung ein. Dabei ging es nicht nur um „Bewegung im Alter“ sondern vor allem darum, dass diese auch „neue Aktionsräume für Menschen mit Demenz“ erschließen kann.

Frank Nieder, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen Sporthochschule in Köln und Sportlehrer im Programm „Fit für 100“, korrigierte bereits mit seinem ersten Bild die gängigen Vorstellungen vom Alter. Das Foto zeigte eine hochbetagte Frau, die mit Gewichten trainiert. „Die älteste Teilnehmerin in einer unserer Fit für 100-Gruppen ist 103 Jahre alt und trainiert seit sieben Jahren“ erzählte Nieder.

Dass Bewegung bis ins hohe Alter hinein gesund ist und die Lebensqualität steigert, ist inzwischen ja eine Binsenweisheit, dass dies auch für demenziell erkrankte Menschen gilt, zeigte der Referent sehr bild- und abwechslungsreich auf. Immer wieder lud er sein Publikum zu kleinen Bewegungsübungen ein. „Bewegung kann Demenz nicht aufhalten, aber den Alltag lebenswerter machen“, erklärte er. Schließlich bedeute eine kognitive Einschränkung nicht gleichzeitig auch eine körperliche Einschränkung. Außerdem sei es immer einfacher beim Sport auch kognitive Aufgaben zu stellen als beim Kreuzworträtsel-Lösen Sport zu treiben. Alle körperlichen Fähigkeiten, die nicht mehr ausgeübt werden, gehen verloren, das gilt besonders im Alter, wer also lange selbstständig und fit bleiben will, muss trainieren, so das Credo des Referenten.

„Es geht um uns“, machte er seinen Zuhörern klar. Die zwischen 1954 und 1968 Geborenen, also der größte Teil seiner Zuhörerschaft, seien betroffen. Demenz ist eine Krankheit des Alters, bis 2040 wird es laut statistischen Hochrechnungen rund 2,6 Millionen an Demenz erkrankte Menschen in Deutschland geben. „Wenn ich einmal ins Pflegeheim komme, dann will ich, dass dort ein Sportprogramm angeboten wird und nicht nur Sitztanz“, forderte der 48-jährige Referent. Die leichten Gebrechen des Alters, vor denen niemand verschont bleibe, kämen bei sportlichen Menschen rund sechs Jahre später als bei denen ohne Bewegung, größere Gebrechen sogar um zwölf Jahre später, erklärte Nieder. Auch litten sportlich Aktive seltener an Demenz, „Gehirntraining alleine genügt nicht“, schärfte der Referent seinen Zuhörern ein. Sport vermindere weiterhin das Risiko der typischen Alterskrankheiten und verbessere die geistige Leistungsfähigkeit. Das gilt auch für Demente, allerdings kommt es auch auf die Art der sportlichen Betätigung an. Nicht die Quantität, sondern die Intensität ist entscheidend, „Bewegung muss fordernd sein“, erklärt Nieder.

Am Institut für Bewegungs- und Sportgerontologie der Sporthochschule wurde das Projekt NADiA (Neue Aktionsräume für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen) entwickelt. Es konzentriert sich auf demenziell erkrankte Menschen, die noch zuhause leben und von ihren Angehörigen gepflegt werden.

„Auch demente Menschen können noch Neues lernen und Leistung bringen“, erklärte Nieder. Außerdem haben Demente und Pflegende beim gemeinsamen Sport Spaß miteinander und erleben eine Gemeinschaft außerhalb von Pflege und Betreuung. Die Kräftigungs- und Koordinationsübungen erhalten auch den Dementen eine gewisse Alltagskompetenz. Sie verzögern nicht nur den körperlichen Abbau sondern stabilisieren auch die geistige Leistungsfähigkeit. Sogar die Angehörigen gewinnen im gemeinsamen Sport, sie steigern sowohl ihre physische als auch ihre psychische Leistungsfähigkeit.

Mit einer bildhaften Sprache, buntem, ansprechendem Material und in einer wertschätzenden und angstfreien Atmosphäre bewegen sich auch an Demenz erkrankte Menschen gerne. Rituale wie gleiche Zeit, gleicher Ort, Sportkleidung und feste Anfangs- und Schlussbräuche erleichtern die Teilnahme zusätzlich. „Dementen kann man keinen Wettkampfcharakter erklären, betont Nieder, aber den Spaß an Bewegung kann man ihnen ebenso vermitteln wie andere Menschen.“

 
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