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Gerolzhofen
Firmengruppe Wolf: 125 Jahre Wachstum und Expansion
Ein Blick in die Erfolgsgeschichte der Wolf-Firmengruppen
So hat einmal alles bei der heutigen Firmengruppe Wolf in Gerolzhofen angefangen: Das erste Geschäft von Joseph Sickenberg in der Marktstraße 4 anno 1894.
Foto: Stadtarchiv Gerolzhofen | So hat einmal alles bei der heutigen Firmengruppe Wolf in Gerolzhofen angefangen: Das erste Geschäft von Joseph Sickenberg in der Marktstraße 4 anno 1894.
Johannes Vogt
 |  aktualisiert: 03.12.2019 11:23 Uhr

In diesem Jahr feiert die Firmengruppe Wolf ihr 125-jähriges Bestehen. Ein jeder in Gerolzhofen kennt sie. Das große Silo am Spielsee bei Rügshofen, das man aus Schweinfurt kommend bereits von weitem von der Bundesstraße 286 aus sieht, ist zu einem inoffiziellen Wahrzeichen Gerolzhofens geworden und zeigt sinnbildlich, wie die Firma in der Stadt bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Begonnen hat alles im Jahr 1894, als Joseph Sickenberg, ein gebürtiger Wiesentheider, nach seiner Walz als Kaufmann und Konditor beschloss, sich in Gerolzhofen niederzulassen. Er erwarb das Grundstück in der Marktstraße 4, auf dem zuvor bereits das Lebensmittelgeschäft und die Conditorei des Leonhard Schmitt stand, der insolvent geworden war und daher verkaufen musste. Sickenberg heiratete im gleichen Jahr die "Öhrleins Kuni”, eine waschechte Gerolzhöferin, und erhielt dadurch auch das Bürgerrecht der Stadt.

Erste Expansion schon nach vier Jahren

Anders als sein Vorgänger, scheiterte Sickenbergs Geschäft nicht. Bereits vier Jahre später, anno 1898, wurde expandiert – das Nachbargrundstück wurde erworben, zusammen mit zwei weiteren Ladengeschäften und einer großen Scheune, die Lagerplatz für weitere Expansionen bieten sollte. Ebenfalls erweitert wurde das Sortiment: Hinzu kamen Baumaterialien und Holz, aber auch der noch heute vorhandene Agrarbereich wurde etabliert. So handelte Sickenberg neben der Conditorei nun auch mit Saatgut, Kunstdünger und Futtermittel. Bedingt durch die persönliche Vorliebe Joseph Sickenbergs für das Fahrradfahren, führte das Geschäft auch mehrere Fahrradmodelle.

Es dauerte bis ins Jahr 1920, bis das erste Mal der Name Wolf in der Gerolzhöfer Geschäftswelt auftauchte: genauer der Name der Gebrüder Wolf. Karl und Richard Wolf eröffneten mit der "Ein- und Verkaufszentrale für landwirtschaftliche Produkte, Colonial- und Eisenwaren” die erste lokale Konkurrenz für das aufstrebende Unternehmen von Joseph Sickenberg.

Auch die beiden "Wölfe” waren keine Gerolzhöfer – sie kamen aus dem Spessartdorf Hausen bei Kleinwallstadt. Nach dem erfolgreichen Bestehen der schulischen Ausbildung, ließ sich Richard im Lebensmittelgroßhandel ausbilden, sein Bruder Karl beim landwirtschaftlichen Genossenschaftswesen in Regensburg.

Die "Wölfe"

Beide Wolf-Brüder gründeten Familien. Richard Wolf heiratete eine Würzburgerin. Die Auserwählte seines Bruders Karl war für die Firma jedoch von größerer Bedeutung: am 21. Februar 1922 heiratete er die Tochter des Konkurrenten, Antonie Sickenberg. Was im Adel funktioniert, klappte auch in der Gerolzhöfer Geschäftswelt: Die beiden Firmen fusionierten und gründeten die Firma "Gebr. Wolf und Sickenberg”.

Filiale der nun geeinten Firma "Gebr. Wolf und Sickenberg" am Marktplatz in Gerolzhofen.
Foto: Stadtarchiv Gerolzhofen | Filiale der nun geeinten Firma "Gebr. Wolf und Sickenberg" am Marktplatz in Gerolzhofen.

In den Folgejahren bestimmen die "Wölfe” das geschäftliche Treiben in Gerolzhofen maßgeblich mit. Im Jahr 1926 sind sie Mitgründer des neuen "Vereins für Handel und Gewerbe” in Gerolzhofen, welchen Richard Wolf ab dem 31. Juli 1926 als erster Vorsitzender führt. Auch der Ansporn zur Expansion blieb erhalten: Im Jahr 1927 wurde eine Lagerhausfiliale in Donnersdorf eröffnet, die dann 1937 in ein größeres und vor allem moderneres Lagerhaus umzog.

Der Standort in der Bürgermeister-Weigand-Straße

In Gerolzhofen wurde ebenfalls vergrößert und umgezogen. 1928 erwarb die Firma das Grundstück in der Bürgermeister-Weigand-Straße. Auf den 2000 Quadratmetern, die nun für eine neue Lagerhalle mit anschließendem Bürotrakt zur Verfügung standen, konnte die Firma ungehindert weiter wachsen.

Obwohl inzwischen nur noch "Wölfe” die Geschicke der Firma leiteten, wurde der Name "Gebr. Wolf und Sickenberg” beibehalten. Kontinuierlich wuchs dabei neben den Sortimentsteilen und den Dienstleistungen für Landwirte und Lebensmittelgeschäfte auch die Zahl der Mitarbeiter.

In den 1930er-Jahren erschloss man mit dem Kauf der ersten Zigarettenautomaten eine weitere, bis heute gebliebene Branche. Mit über 25 Angestellten und einem eigens angeschafften Fuhrpark florierte das Geschäft. 1939 musste das bereits vorhandene Lagerhaus daher vergrößert werden.

Der Wiederbeginn nach dem Zweiten Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg wuchs die Bedeutung der Firma als Lieferant von lebensnotwendigen Dingen weiter an. In Folge dessen musste Logistik und Lieferradius deutlich erweitert werden. Die Nachkriegszeit indess stellte die Firma vor neue Herausforderungen. Die Entnazifizierung verlangsamte die Weiterentwicklung und durch zahlreiche neue Mitbewerber auf dem Markt verschärfte sich das Geschäft. Mit Ernst Wolf, Sohn von Richard Wolf, betritt 1950 die nächste Generation die Firma im Bereich Lebensmittelgroßhandel.

Die Zeit des Wirtschaftswunders und auch die soziale Marktwirtschaft sorgen in der Landwirtschaft für erhebliche Veränderungen in Technik und Landbau – das Unternehmen musste sich anpassen. 1952 beteiligte sich daher die Abteilung Agrarhandel Wolf mit 50 Prozent an der Malzfabrik Wörtmann in Haßfurt und sicherte dadurch den Absatz für die steigende Menge an angebauter Braugerste.

Ebenfalls musste das Lagerhaus erweitert und auf den neuesten Stand gebracht werden. In Donnersdorf entsteht mit einem modernen Silogebäude die erste Annahme für loses Getreide im Landkreis.

Dr. Ottmar Wolf tritt in die Firma ein

Am 1. Januar 1953 tritt mit Dr. Ottmar Wolf, der Sohn von Karl Wolf, der in der Stadt wohl Bekannteste der "Wölfe” nach absolviertem Studium und Promotion in das Unternehmen ein.

Da sich der Großhandel mit Lebensmittel angesichts der immer leistungsfähigeren Lebensmittelketten nicht mehr lohnt, kommt es im Jahr 1965 zur Zusammenarbeit mit der "VIVO”-Großhandlung Georg Reisenweber in Bad Neustadt.

Die daraus hervorgehende Firma Reisenweber & Wolf Handels GmbH & Co KG eröffnet 1965 in Salz bei Bad Neustadt einen Cash und Carry (C+C) Betrieb. Im nächsten Jahr folgten in Schweinfurt ein weiteres C+C-Lager und eine Auslieferungshalle am Schweinfurter Hafen.

Durch die positive Bilanz des Unternehmens beginnen bereits zwei Jahre später Gespräche mit der in Schweinfurt ansässigen Rewe-Genossenschaft zwecks Zusammenarbeit. Diese münden im Mai 1968 in der Fusion mit der je 50-prozentigen Beteiligung am Großhandelsunternehmen Rewe-Reisenweber & Wolf Handels GmbH & Co KG.

Doch auch in Gerolzhofen bleibt Wolf aktiv. Im Jahr 1970 entstanden am Bahnhof ein Getreidesilo und Lagerhallen. Am 1. Januar 1979 wird der Agrarbereich aus der Firma Gebr. Wolf & Sickenberg ausgelagert und läuft seitdem unter dem Namen Wolf Agrarhandel KG.

Der Tabakwarenhandel

In den 1970er- und 1980er Jahren wächst auch der Tabakwaren-Zweig stetig weiter. Durch den Ankauf von Zigaretten-Automaten im Gastronomie-Bereich und durch Übernahme kleinerer Fachhändler mit Automaten, besonders in der Region Würzburg-Schweinfurt, steigt das Volumen dermaßen an, dass im Jahr 1984 erneut kräftig investiert wurde. Neben einem neuen Bürogebäude wurde auch eine neue Werkstatt mit Lagerhalle am damaligen Standort in der Bürgermeister-Weigand-Straße errichtet.

1981 stirbt Mitinhaber Karl Wolf, Dr. Ottmar Wolf wird alleiniger Gesellschafter. 1984 kauft Wolf die Firma Lagerhausbetrieb Gerolzhofen Willy Beer GmbH und verkauft die dabei erworbenen Gebäude gewinnbringend an die Stadt weiter.

Aussiedlung an den Spielsee

Mit dem daraus erwirtschafteten Geld tritt die Firma in Verhandlungen mit der Stadt Gerolzhofen und dem Grundstücksbesitzer Vetter in Rügshofen am Spielsee. Der Ausgang dieser Verhandlungen lässt sich noch heute erkennen: Am neuen Standort im Gewerbegebiet Rügshofen (Spielsee 6) entstehen 1987 ein modernes Hochsilo und eine Getreidehalle mit insgesamt 8500 Tonnen Lagerkapazität.

Durch die Aufrüstung gewinnt die Firma stetig neue Kunden hinzu und bleibt ihrem Motto der stetigen Investition treu. 1990 baut sie das Spezial Saatgutcenter mit Halle für Sackwaren, 1994 ein Verwaltungsgebäude mit Pflanzenschutzlager. Im gleichen Jahr feiert die Firma ihr 100-jähriges Bestehen. Die damals vorgestellte Bilanz ist beeindruckend: 260 Millionen DM Umsatz, sechs Niederlassungen in drei Bundesländern, 130 Mitarbeiter.

Am 7. Juni 1999 veränderte sich der Name der Firma zum letzten Mal: aus der Gebr. Wolf & Sickenberg wird die Wolf Tabakwaren e.K. 2002 wurde erneut investiert: Am Standort in Rügshofen wurde ein Neubau für den Tabakwarengroßhandel errichtet.

Die fünfte Generation steht schon bereit

Im Jahr  2017 stirbt Ottmar Wolf. Mit dem Ehepaar Sabine Wolf und Klaus Müller-Wolf hat nun die vierte Generation das Sagen – und die fünfte Generation steht schon bereit und übernimmt bereits Verantwortung.

Bau der neuen Lagerhalle mit Getreidesilo am Bahnhof in Gerolzhofen anno 1970.
Foto: Stadtarchiv Gerolzhofen | Bau der neuen Lagerhalle mit Getreidesilo am Bahnhof in Gerolzhofen anno 1970.
 
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